Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
hinterließ. Er wusste, dass sie in ihn verknallt war, und fragte sich, wie er sie davon abbringen könnte. »Vielleicht einen Löwen?«
Carter lächelte und machte sich auf den Weg zu der Stelle, wo Miranda arbeitete, wobei er über Rosalies Eimer hinwegsteigen musste. Inzwischen war sein Unterarm so schlammverkrustet, dass er sich dreimal so schwer anfühlte wie normal.
»Du solltest dich mit Sonnencreme eincremen«, sagte er zu Miranda und zeigte auf die leicht gerötete Haut an ihrem Nacken und den Schultern. Sie wurde noch röter, und er begriff, dass er besser den Mund gehalten hätte. Jedes Mal, wenn er ihr gegenüber eine persönliche Bemerkung machte, insbesondere über so etwas Intimes wie den Teint ihrer Haut, verstärkte er nur ihre Hoffnung. »Und besorg dir ein billiges T-Shirt, so wie meins«, sagte er und deutete auf sein heutiges Hemd mit dem Navy-Logo. »Der beste Freund des Paläontologen.«
Miranda murmelte, dass sie sich darum kümmern würde, rührte sich jedoch kaum von der Stelle, als Carter sich neben sie kniete. Er hatte erwartet, dass sie ein Stück zur Seite rutschen würde, doch dann gab er sich im Stillen einen Tritt, weil er das geglaubt hatte. »Wo genau hast du es gefunden?«, fragte er.
»In der Mitte des Felds«, sagte sie. »Ziemlich tief.«
»Es ist einfacher, wenn du die Pampe von der Seite rausholst«, riet er ihr, »und genauso effektiv.«
Dann beugte er sich vor und griff ein weiteres Mal nach unten in den Teer. Er spürte Mirandas Blick auf sich, und als sie anbot, ihn festzuhalten und seinen Gürtel von hinten packte, musste er ihr sagen, dass alles in Ordnung war und er nicht Gefahr lief, in den Teer zu fallen. Er konnte sich ausmalen, was für Blicke Claude und Rosalie sich aus ihren jeweiligen Ecken zuwarfen.
Verlegen schaute er hinauf zur Beobachtungsplattform, einer Art kleinen, durch Plexiglas abgeschirmten Terrasse, von wo aus ein breites Publikum die Paläontologen in Aktion erleben konnten. Heute hatten sie nur einen Zuschauer. Der Native American, der ständig eine Wildlederjacke trug, egal, wie warm es war, war so etwas wie ein Stammgast an der Pit 91.
Zunächst schien sich der Teer Carter noch stärker als üblich widersetzen zu wollen. Hier in dieser Ecke war er extrem zäh und klebrig. Doch dann verschwanden seine Hände unvermittelt im Morast, als wäre er auf eine Tasche aus Gas oder lockerem Material gestoßen. Noch immer konnte er nichts Festes ertasten. Er suchte noch tiefer. Je weiter nach unten er kam, desto wärmer wurde der Teer, und als das Methan sich daraus löste, besprenkelten verpestete Blasen die Oberfläche und ließen kleine Mengen Gas frei. Miranda kicherte und sagte: »Was hast du denn zum Mittag gegessen, Carter?«
»Sehr lustig.«
Und dann fühlte er es. Oder, um genau zu sein, es griff nach ihm. Ihm stockte der Atem, und er hörte auf, seinen Arm zu bewegen. Er hatte seine eigenen Finger weit auseinandergespreizt, und er könnte schwören, dass sich eine andere Hand, die Finger von jemand anders, gerade um seine eigenen gelegt hatten, so wie ein Ertrinkender die Hand seines Retters packen würde. Carter konnte die einzelnen Knochen ertasten, die Mittelhand, die Fingerknochen. Und obwohl er sich so etwas niemals hätte vorstellen können, fühlten sie sich nicht unbeweglich an. Die Hand kam ihm nicht tot und verloren vor, als läge sie leblos dort und warte darauf, der Vergessenheit entrissen zu werden. Für Carter war es, als habe die Hand, die zu groß war, um einer Frau zu gehören, seine eigene gefunden, sie ausgewählt, um, nach einer stillen Ewigkeit im Teer, von den Toten aufzuerstehen.
4. Kapitel
Im Wohnzimmer dröhnte eine Talkshow mit Conan O’Brien aus dem Fernseher, während Greer zum letzten Mal seine Ausrüstung überprüfte. Er hatte seine Taschenlampe mit nagelneuen Batterien eingesteckt, die Brieftasche mit der komplett falschen Identität (nur für den Fall, dass er von der Polizei angehalten wurde oder in irgendwelche Schwierigkeiten geriet), das schwere Schweizer Armeemesser an einer Kordel, ein paar sterile Handschuhe, Glasschneider und schließlich seine geladene Beretta.
Er trug schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd, darüber eine dunkelblaue Windjacke mit jeder Menge Taschen für seine Ausrüstung. Er warf einen letzten Blick in den Spiegel auf der Rückseite seiner Schlafzimmertür. Fehlt nur noch die Maske, dann sehe ich aus wie Zorro .
Er hatte gehofft, seine Mutter würde vielleicht schlafen,
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