Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
immer wieder, ihren Mann zu betrachten. Zu sehen, wie ihm das braune Haar in die Stirn fiel, die dunklen Augen, aus denen er den Blick intensiv auf was oder wen auch immer konzentrieren konnte, die Art und Weise, wie er sich in seinem hochgewachsenen, feingliedrigen Körper bewegte. Ihrer Meinung nach war er die perfekte Kombination aus Cowboy und Professor.
»Da bin ich mir sicher«, sagte van Nostrand. »Denn sie ist ebenso klug wie hübsch.« Mit einer gespielt höfischen Geste ergriff er Beth’ Hand und sagte: »Das County-Museum ruft, leider. Aber ich würde mich gerne ausführlicher mit Ihnen über Ihre Ausstellung unterhalten. Wenn es Ihnen recht ist, rufe ich Sie gegen Ende der Woche an.«
Beth versicherte ihm, dass sie sich auf seinen Anruf freue, hakte sich bei Carter unter und wandte sich den anderen Partygästen zu. Die goldenen Damasttischdecken flatterten sanft in der abendlichen Brise.
»Wo ist das Monster?«, fragte Carter.
»Pass auf, was du sagst«, flüsterte Beth. »Sie steht gleich dort drüben, unter dem Rankgitter, mit ein paar Mäzenen des Museums.«
Kaum hatte Mrs Cabot Beth erblickt, begann sie hektisch zu winken und stapfte über den Rasen auf sie und Carter zu.
»Hast du irgendetwas falsch gemacht?«, fragte Carter leise. »Stehe ich nicht auf der Gästeliste?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Den Stier bei den Hörnern packend, machte Carter den ersten Schritt und sagte: »Guten Abend, Mrs Cabot. Ich freue mich, Sie zu sehen.«
»Lassen Sie das«, sagte sie und wischte seine Begrüßung mit einer Handbewegung beiseite. »Ich brauche Beth.«
»Ich habe bis eben mit dem Journalisten von Art News gesprochen, und …«
»Mr al-Kalli kommt hierher, er müsste jede Minute eintreffen.«
»Mr al-Kalli?«, fragte Beth. »Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne.«
» Edens wilde Tiere «, erklärte Mrs Cabot bestimmt. »Das Bestiarium, von dem ich Ihnen die Fotos geschickt habe.«
»Ich kann Ihnen immer noch nicht folgen.«
»Mr al-Kalli ist der Eigentümer des Buchs! Er ist der Mann, der uns gebeten hat, es zu analysieren und zu restaurieren.«
»Oh«, machte Beth, als sie endlich die Verbindung begriff. In dem Begleitschreiben hatte Mrs Cabot den Eigentümer von Edens wilde Tiere nirgends namentlich erwähnt, und sie überlegte, ob sie das jetzt zu ihrer Verteidigung erwähnen sollte.
Doch Carter nahm ihr die Entscheidung ab. »Ach ja, Schatz, erinnerst du dich nicht mehr, dass du mir von dem aufregenden neuen Projekt erzählt hast, bei dem der Eigentümer vorerst noch anonym bleiben wollte?« Er wandte sich an Mrs Cabot. »Beth ist ganz angetan davon.« Er war jedoch klug genug, Mrs Cabot nicht den Eindruck zu vermitteln, dass seine Frau ihm gegenüber irgendwelche Einzelheiten ausgeplaudert haben könnte. »Ich dachte, sie würde mir den Namen des Eigentümers absichtlich verschweigen. Aber anscheinend kannte sie ihn selbst gar nicht.«
Mrs Cabot steckte kurzzeitig in der Klemme. »O ja, das stimmt«, räumte sie schließlich ein, »er hatte tatsächlich darum gebeten, anonym zu bleiben.« Doch sie fing sich rasch wieder »Aber ich habe gerade erfahren, dass er beschlossen hat, hierherzukommen, vollkommen unerwartet, heute Abend noch. Er möchte ausdrücklich Sie kennenlernen, Beth, da Sie für das Projekt verantwortlich sein werden.«
Beth wünschte, sie hätte der Sache mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Es wäre schön gewesen, wenn sie sich schon ein paar Gedanken gemacht hätte und die eine oder andere Bemerkung darüber machen könnte, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellte. Aber sie freute sich natürlich trotzdem. Die wenigen Fotos, die sie von den in der Handschrift abgebildeten mythischen Kreaturen gesehen hatte, waren beeindruckend und wunderschön gewesen, auf gewisse Weise sogar unheimlich. Die Informationen, die sie bisher darüber erhalten hatten, waren ziemlich lückenhaft, aber die Tatsache, dass das Buch aus dem Nahen Osten stammte, machte es nur noch spannender. Aus dieser Region hatten nicht viele Handschriften so lange in so gutem Zustand überdauert.
»Siehe da«, sagte Mrs Cabot und blickte zur Treppe hinauf, die in den Garten führte. »Da ist Mr al-Kalli ja schon.«
Beth und Carter folgten ihrem Blick. Ein kahlköpfiger Mann zwischen fünfzig und sechzig mit tadellos sitzendem schwarzem Anzug, stand militärisch gerade auf der obersten Stufe und überschaute die Party, wie ein General ein Schlachtfeld überblickte. Auf der einen Seite wurde
Weitere Kostenlose Bücher