Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
jeden Fall mit ihm reden.«
»Ich bin sicher, die Critchleys hätten nichts dagegen, wenn Sie es sofort täten«, sagte Mrs Cabot. »Ich glaube, der Herr erwähnte, dass er anschließend noch zu einer Veranstaltung ins Los Angeles County Museum of Art wollte.«
Beth wusste, wann sie vom Platz geschickt wurde, und zog los, um sich der roten Fliege vorzustellen. Das war der Teil ihres Jobs, der ihr am wenigsten gefiel. Sie liebte es, Nachforschungen anzustellen, liebte es, die Werke der Alten Meister zu begutachten, die alten Handschriften, die kostbaren Inkunabeln, die das Museum in solchem Überfluss besaß. Sie liebte es, mit erfahrenen Restauratoren zusammenzuarbeiten, um die unschätzbaren Werke zu erhalten und zu schützen, an denen der Zahn der Zeit begonnen hatte zu nagen.
Aber die Öffentlichkeitsarbeit liebte sie ganz und gar nicht.
Der Journalist der Art News hatte noch den Mund voll Blätterteig, als er seinen Namen nannte. Alexander van Nostrand war tatsächlich gerade im Begriff, zu einem zweiten Termin zu eilen, doch als Beth zu ihm kam, hellte sich sein Miene auf, und er entschied, dass er unbedingt noch mehr über die Entstehung der Ausstellung erfahren musste.
»Wie Sie wissen, besitzt das Getty-Museum eine der weltweit umfangreichsten Sammlungen von Bilderhandschriften«, erklärte Beth. »Diese kirchlichen Texte, von denen die meisten zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert entstanden sind, wurden für englische Abteien und Klosterbibliotheken hergestellt.« Sie gab ihr Standardgeschwafel zum Besten, von dem sie auch Teile für die Audio-Führung aufgenommen hatte, doch van Nostrand schien es nicht das Geringste auszumachen. »Diese Handschriften waren hochgeschätzte Besitztümer, und viele Klöster, einschließlich Abingdon, Waltham, Worcester und Christ Church in Canterbury, führten genaue Listen von den Werken, die sie in ihren Bibliotheken hatten. Außerdem haben sie ihre Bücher in Ketten gelegt, im wahrsten Sinne des Wortes, an Pulte und Katheder.«
»Ja«, sagte van Nostrand, »die Ausstellung zeigt das alles sehr deutlich. Aber ich frage mich«, fügte er hinzu, während ein Blätterteigkrümel immer noch an seiner Lippe klebte, »was Sie so daran fasziniert? Was bringt eine hübsche junge Frau, wenn ich das so sagen darf, …«
Er wartete auf eine Reaktion von ihr, doch Beth lächelte nur, sagte aber nichts.
»… dazu, sich so einem unzugänglichen und, man könnte sagen, staubtrockenen Thema zu widmen?«
Sollte sie ihn auf den Krümel an der Lippe hinweisen? Beth beschloss, es bleibenzulassen. »Es ist ihre Schönheit, denke ich, die mich anfangs am meisten an den Bilderhandschriften gereizt hat.«
»Der Glanz, das ganze Gold?«
»In manchen Fällen«, sagte sie und erwärmte sich zu ihrer eigenen Überraschung für das Thema. »Einige dieser mittelalterlichen Arbeiten sind ziemlich spektakulär, besonders diejenigen, die für Kaiser und Könige gemacht wurden. Aber die meisten sind wesentlich bescheidener. Wir nennen sie ebenfalls illuminierte Handschriften, wobei wir den Begriff weiter fassen, denn technisch gesehen gehören sie nicht dazu. Sie haben keine Verzierungen aus Gold oder Silber, von denen sich der Begriff ›illuminiert‹ ableitet. Gleichwohl sind sie wunderschön gearbeitet und wunderschön geschrieben.«
»Und wie haben Sie die Auswahl für die aktuelle Ausstellung getroffen?«
Beth hatte das unbehagliche Gefühl, dass er kein Wort von dem verstanden hatte, was sie erzählt hatte, und dass er die Fragen nur stellte, um sie festzuhalten und zu beschäftigen. Doch solange die Alternative darin bestand, zu Mrs Cabot und den Critchleys zurückkehren zu müssen, würde sie bleiben.
»An diesen speziellen Handschriften sind mir ein paar interessante Dinge aufgefallen. Obwohl sie sich im Besitz verschiedener Klöster befanden, die manchmal in ganz unterschiedlichen Landesteilen lagen, haben alle einen charakteristischen Stil, sowohl bei der Schrift als auch bei den Verzierungen. Ihnen ist gewiss bekannt, dass diese Bücher« – es schadete nie, seinem Gesprächspartner zu schmeicheln – »im Allgemeinen unsigniert waren, anonym von Mönchen in offenen Bogengängen und zugigen Skriptorien verfasst. Aber die Bücher, die in dieser Ausstellung gezeigt werden, haben meiner Ansicht nach alle einen einzigen Urheber.«
»Ach ja? Aber die Texte waren doch immer mehr oder weniger dieselben, oder nicht? Bibeln, Kommentare der Kirchenväter, die Evangelien?«
Er
Weitere Kostenlose Bücher