Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
wir die Nachricht nicht einfach noch ein Weilchen zurückhalten? Alles, was ich brauche, sind ein paar mehr Leute in meinem Team, erfahrene Leute, und ein paar Überstunden. Einen zweiten automatischen Flaschenzug, um die Eimer rauszubringen, und vielleicht sogar Nachtlichter. Nachts ist es kühler, und wir könnten einen Teil des Schlamms dann rausholen.«
»Da sind wir ganz einer Meinung«, sagte Gunderson. »Aber alles, worum Sie mich bitten, kostet Geld. Und im Moment ist das Museum knapp an Spendengeldern.«
Vielleicht sollten Sie Ihre Fenster nur zweimal die Woche putzen lassen, dachte Carter.
»Und wir haben diverse Anträge auf Zuschüsse gestellt, die zur Zeit geprüft werden. Eine Entdeckung von dieser Größenordnung kann eine Menge zusätzliche Gelder einbringen, vorausgesetzt, alles geht seinen geordneten Gang. Können Sie sich die Massen an Leuten vorstellen, die zur Beobachtungsplattform strömen werden, um zuzusehen, wenn dieses Drama enthüllt wird?«
O ja, das konnte Carter sich gut vorstellen, und es war einer der Hauptgründe, warum diese Presseerklärung ihm so im Magen lag. Es war eine Sache, wenn ein paar Gesichter bei einer Gruppenführung von der Beobachtungsplattform herunterspähten, doch es war etwas ganz anderes, wenn eine lärmende Menge gegen die Plexiglasscheiben hämmerte oder versuchte, Fragen in die Grube hinunterzubrüllen. Er war es gewöhnt, an abgelegenen Orten zu arbeiten, den Hügeln Siziliens, der Wüste von Utah, den ländlichen Provinzen im Nordosten Chinas, begleitet nur von seinen Wissenschaftlerkollegen und vielleicht ein paar Arbeitern aus der Gegend. Er war nicht daran gewöhnt, seine Grabungen mit einer Amateurmannschaft mitten in einer Stadt zu machen, während ihm Schaulustige mit iPods und Nikes über die Schulter blickten.
»Wird der Name Miranda Adams in der Presseerklärung erwähnt?«
»Nein«, sagte Gunderson. »Wer ist Miranda Adams?«
»Sie ist die junge Absolventin von der Uni, die das Fossil zuerst gefunden hat.«
»Ich dachte, Sie hätten es entdeckt.«
»Nicht ohne ihre Hilfe.«
Carter sah förmlich, wie es in Gundersons Hirn ratterte. Was für einen Effekt könnte das möglicherweise auf die Story haben? Wurde sie dadurch nur unnötig verkompliziert? Würde die Rolle des Museums dadurch irgendwie herabgesetzt?
»Den Medien wird es gefallen«, warf Carter ein. »Eine junge Frau, die eine Karriere in der Paläontologie plant, macht zufällig eine so erstaunliche Entdeckung.«
Gunderson schürzte die Lippen und nickte. »Arbeitet sie immer noch in der Grube?«
»Ja.«
»Ist sie attraktiv?«
Das hätte Carter sich denken können. »Ja.«
»Ich werde mit den PR-Leuten darüber reden. Sie könnten recht haben.« Gundersons Telefon klingelte, und er warf einen kurzen Blick auf das blinkende Licht. »Ich erwarte einen Anruf; das dürfte er sein.«
Carter stand auf, die Presseerklärung noch in der Hand. »Können Sie mir zumindest ein paar Tage geben, um es zu beweisen, ehe Sie es rausschicken?«
Aber Gunderson hatte bereits den Hörer abgenommen und schwenkte mit seinem Sessel um, hin zu den funkelnden Fenstern. Er sagte etwas über eine zukünftige Ausstellung. Bitte, dachte Carter, als er die Erklärung zusammenfaltete und in die Tasche steckte, lass ihn noch nicht die Ausstellung über den »La-Brea-Mann« planen.
An diesem Nachmittag hatte er etwas ganz Besonderes mit Miranda Adams vor.
Da sie als Erste auf das gestoßen war, was immer sich noch im Schlamm der Pit 91 verbarg, wollte Carter ihr ein Privatseminar über den weiteren Ablauf angedeihen lassen. Wenn sie darüber nachdachte, physische Anthropologin zu werden, gab es keine bessere Einführung.
Er hatte sich mit ihr im Atriumgarten des Museums verabredet, einem umbauten Bereich, in dem die Besucher durch eine üppig wuchernde Grünanlage schlendern konnten, die sich nicht allzu sehr von der Landschaft in prähistorischer Zeit unterschied. Heute war der Garten fast menschenleer, bis auf ein älteres, Deutsch sprechendes Paar und diesen Native American, den Carter schon oft auf der Beobachtungsplattform über der Pit 91 gesehen hatte. Er war behängt mit Silber- und Türkisschmuck, und sein langer schwarzer Zopf hing über der Wildlederjacke. Sobald man ihn einmal gesehen hatte, vergaß man ihn nicht mehr. Bei mindestens einer Gelegenheit war er, wie Carter sich erinnerte, aufmüpfig gegen einen Dozenten des Museums geworden und vom Wachdienst vom Grundstück eskortiert
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