Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
worden. Im Moment sprach er nur murmelnd mit sich selbst und starrte hinunter in den kleinen Bach, der durch den Garten floss.
Das Sicherheitspersonal hatte ihm den Spitznamen Geronimo verpasst.
Miranda kam zwanzig Minuten zu spät, und als sie endlich heranrauschte, führte Carter sie rasch in den Keller des Museums, wohin sich nur wenige Menschen verirrten. Hier unten gab es lange Korridore mit Linoleumfußböden und endlosen Reihen nummerierter Metallschränke, jeder davon unterteilt in ein Dutzend Schubladen, in denen die unterschiedlichsten Fossilien von Tieren und Pflanzen aus der Gegend aufbewahrt wurden. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts machte man hier Ausgrabungen, und zwar mit einem solchen Erfolg, dass die Gegend einem ganzen Zeitalter seinen Namen verliehen hatte. Die Periode im späten Pleistozän in Amerika, in dem zum ersten Mal Menschen in der Neuen Welt auftauchten, wurde offiziell als das Rancholabrean Land Mammal Age bezeichnet.
Miranda war für diese Exkursion nicht gerade passend gekleidet. Die Luft hier unten wurde künstlich kühl und trocken gehalten, und sie trug nur eine leichte Baumwollbluse und einen Hosenrock. Carter hätte sie vorwarnen sollen, dass sie sich ein langärmliges Hemd oder sogar einen Sweater anziehen sollte.
»Unheimlich hier unten, was?«, sagte sie, als ihre Schritte im leeren Gang widerhallten.
»Wie kommst du denn darauf?«, erwiderte Carter im Scherz. »Du bist hier unter der Erde, fast allein, umgeben von Tausenden, Millionen Knochen uralter Tiere, die einst Menschen zum Mittag gejagt haben.« Eine Leuchtstoffröhre sirrte und flackerte über ihren Köpfen. »Und vergiss nicht die modernste Technik.«
Am Ende des Ganges blieb Carter vor einem Schrank stehen, der genauso aussah wie alle anderen. Er beugte sich vor und zog eine große, flache Schublade heraus. Darin konnte Miranda eine Sammlung von Artefakten erkennen, die, selbst für ihr ungeübtes Auge, aussahen, als seien sie von Menschenhand geschaffen.
Carter zog die Schublade ganz heraus und trug sie zu einem stahlgrauen Untersuchungstisch. Dort standen mehrere Hocker, und Miranda kauerte sich auf einen davon.
»Wer hat die gemacht?«, fragte sie, nur um zu beweisen, dass sie das bereits wusste.
»Die La-Brea-Frau«, sagte Carter. »Der einzige Mensch, der bisher in den La-Brea-Teergruben gefunden und im Jahr 1915 ausgegraben wurde. Jetzt bist du möglicherweise auf den zweiten gestoßen.«
»Das stimmt doch eigentlich gar nicht«, sagte Miranda, obwohl sie ein verschämtes Lächeln nicht unterdrücken konnte. »Ich habe nur gesagt, dass da was ist. Du bist derjenige, der ihn gefunden und sofort gewusst hat, was es ist.«
»Wir werden uns die Entdeckerehre teilen«, sagte Carter, »und das auch nur, wenn wir wissen, was wir da haben.«
Er hob einen der Gegenstände aus der Lade, einen grob behauenen Stein. »Hast du so etwas schon einmal gesehen?«
Miranda hatte, aber nur als Dia bei einer Vorlesung an der Uni. »Es sieht aus wie eine Art Mahlstein.«
»Sehr gut«, sagte Carter. »Man nennt ihn Mano. Aber fällt dir noch etwas daran auf?«
Er reichte ihr den Stein, und Miranda untersuchte ihn eingehender. Der Stein war abgeschlagen und zerkratzt. »Er ist in einem ziemlich schlechten Zustand?«, riet sie.
»Du hast soeben eine Waschmaschine gewonnen«, sagte Carter. »Er wurde absichtlich verschandelt.«
»Ich hoffe, nicht von einem Museumsmitarbeiter.«
Carter lächelte. »Nein, der Schaden wurde vor Tausenden von Jahren von einem der Ureinwohner verursacht. Wir glauben, dass es Teil der Beerdigungsriten war.«
Er legte den Reibestein zurück und reichte ihr einen zerbrochenen Basaltstein von der Größe eines Ziegels. »Siehst du die Einkerbung hier?«
Sie nickte.
»Das nennt man einen gezahnten Stein. Möglicherweise wurde er verwendet, um Fischernetze zu beschweren, oder man hat ihn zusammen mit Stöcken zum Graben benutzt. Wir wissen es nicht.«
»Auf mich wirkt es wie eine Verzierung.«
»Sag mal, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du glatt als Anthropologin durchgehen könntest? Es gibt tatsächlich die Theorie, dass gezahnten Steine für zeremonielle oder symbolische Zwecke benutzt wurden.«
Miranda war sehr zufrieden mit sich und sah zu Carter hoch.
»Eins noch, ehe wir zur Hauptattraktion kommen.«
Er hielt eine Abalone, auch Seeohr genannt, in die Höhe. »Das hier könnte zum Überleben der La-Brea-Frau beigetragen haben.«
»Sie hat Seemuscheln verkauft?«
»Nicht
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