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Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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überall sonst zweimal überlegen müsste, ob er nachts mit einem Baby und einer Zigarre spazieren gehen könnte, war das in Summit View kein Problem. Wer würde ihn hier schon sehen? Selbst tagsüber war hier selten jemand auf den Straßen. Um diese Uhrzeit, in einer heißen Nacht, konnte er damit rechnen, überhaupt niemandem zu begegnen.
    Die Straße, in der sie wohnten, die Via Vista, war die letzte in der Siedlung. Die Sackgasse endete ein kurzes Stück oberhalb am Berghang. Sie war breit und kurvenreich und nur schwach von den wenigen Laternen beleuchtet, die ziemlich weit auseinanderstanden. Einer ihrer Nachbarn hatte ihnen erzählt, dass die Eigentümerversammlung beschlossen hatte, es dabei zu belassen, damit sie das Gefühl hatten, auf dem Land zu leben. Was sie in gewisser Weise auch taten. Obwohl der Freeway 405 nur ein paar Minuten entfernt war, war es hier oben dunkel und still, und die Luft roch nach dem trockenen Unterholz des Canyons hinter den Häusern.
    Das war noch so eine Sache, die Carter am Leben in L. A. so erstaunlich fand und mit der er nicht gerechnet hatte. Man hörte so viel über den Verkehr und die Zersiedlung und den Smog, aber niemand erzählte einem, wie eng die Natur mit der Stadt verwoben war. In New York gab es den Central Park sowie hier und da ein paar Grünanlagen, aber in L. A. gab es Berge und Canyons, Strände und Schluchten, egal, wohin man ging. Als er nach rechts schaute, fiel sein Blick auf einen Tennisplatz, von denen es mehrere verstreut in der ganzen Siedlung gab, doch direkt hinter dem Zaun fiel das Land ziemlich steil in ein dichtbewaldetes Tal ab. Alles, was Carter im sommerlichen Mondlicht erkennen konnte, war eine tiefe, dunkle Schlucht und die hügelige Flanke der Santa Monica Mountains in der Ferne. Die einzigen Anzeichen der Zivilisation waren die hochaufragenden Masten der Überlandleitungen, die bis weit über die Baumwipfel reichten und an deren Mastspitzen rote Signallichter blinkten.
    Langsam schlenderte Carter durch die Nacht und achtete darauf, den Zigarrenrauch vom Baby wegzublasen. Joey hatte den Kopf an die Schulter seines Vaters gelegt, doch wenn Carter raten müsste, würde er sagen, dass das Kind die Augen immer noch geöffnet hatte. Worüber mochten Babys wohl nachdenken? Worüber konnten sie überhaupt nachdenken? Es war ungewiss, wie viel sie ohne eine hinreichend ausgebildete Großhirnrinde verarbeiten und sich, wenn überhaupt, merken konnten. Wann, überlegte Carter, wäre wohl der richtige Zeitpunkt, seinem Sohn von dem Mann zu erzählen, nach dem er benannt worden war? Giuseppe, oder Joe, Russo, ein enger Freund und Mitarbeiter von Carter. Der italienische Paläontologe, der Carter die großartigste Entdeckung seines Lebens beschert und für diese Entdeckung mit dem Leben bezahlt hatte.
    Carter zog erneut paffend an der Zigarre und warf einen prüfenden Blick auf die Fenster der Nachbarhäuser. Die einzigen Lichter waren die über den Garagen. War hier überhaupt irgendjemand zu Hause?
    Joey rührte sich in seinem Arm.
    Würde sein Sohn jemals begreifen, was für ein Wunder er war? Man hatte Carter gesagt, dass er niemals ein Kind würde zeugen können, da er durch eine Kinderkrankheit steril geworden war. Doch dann war Beth allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch schwanger geworden. Carter konnte sich noch gut an den überraschten Gesichtsausdruck des Fruchtbarkeitsspezialisten erinnern.
    An der Südseite endete die Via Vista dort, wo der mit Unterholz bedeckte Berghang aufragte. Carter machte kehrt, verließ den Gehweg und schlenderte mitten auf der Straße zurück. Schließlich waren hier oben keine Autos unterwegs. Als er die gesamte breite, kurvenreiche Straße vor sich überblickte, sah er trotzdem eine Bewegung, obwohl er es zuerst für einen Schatten hielt.
    Dann bewegte es sich erneut, und er wusste, dass es etwas anderes war.
    Von hier aus sah es aus wie ein mittelgroßer Hund, vielleicht ein Collie. Zuerst dachte er, dass das möglicherweise der Streuner war, von dem Beth ihm erzählt hatte. Er war von der Canyon-Seite gekommen, vielleicht lebte er irgendwo dort im Unterholz.
    Carter ging weiter. Seine Flip-Flops klapperten auf dem Asphalt, und er genoss seine Zigarre, als der Hund stehen blieb und die Straße zu ihm hochschaute.
    Carter erkannte, dass es kein Hund war. Die Schnauze war zu schmal, der buschige Schwanz wies nach unten auf den Boden. Es war ein Kojote, der erste, den Carter seit seiner Ausgrabung in Utah

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