Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
aus der Wanne kam. Sie hoffte, er würde sagen, dass er etwas zum Abendessen mitbrächte. Eines der Dinge, die sie an dem Leben hier merkwürdig fand, vor allem nach so vielen Jahren in New York City, war die Tatsache, wie weit ab vom Schuss sie hier waren. Es gab keine Imbisse, keine Reinigungen, keine Pizzerien, keine Zeitungskioske. Man konnte nicht einfach vor die Tür gehen und irgendetwas holen. Man musste es sich entweder liefern lassen oder runter zum Sepulveda Boulevard und von dort aus wieder zurück nach Brentwood oder zum Valley fahren. Das bedeutete, dass man seine Zeit und Besorgungen gut organisieren musste. Wenn man unterwegs war, musste man an alles denken, von der Post bis zur Apotheke, denn wenn man erst einmal wieder zu Hause war, war es zu spät. Hier oben, im ruhigen Gefängnis von Summit View, war man zu Hause und sonst nichts.
Wie die meisten Dinge im Leben, überlegte Beth, hatte Summit View seine guten und seine schlechten Seiten. Diese Badewanne zum Beispiel war doppelt so groß wie die, die sie in New York gehabt hatten, aber sie vermisste es, Nachbarn zu haben, die sie kannte und mochte.
Sie zog den blauen Seidenmorgenmantel an, ihr erstes Muttertagsgeschenk von Carter, und hörte sich die Nachricht auf dem Handy an. Sie kam tatsächlich von Carter, und er rief, Gott segne ihn, vom Chinesen an, wo er gerade auf das Essen wartete. Womit hatte sie so viel Glück verdient?
Barfuß ging sie wieder nach unten. Eigentlich hatte sie Auslegware immer stillos gefunden, aber jetzt, wo sie welche hatte, musste sie zugeben, dass es sich gut unter den Füßen anfühlte. Carter kam gerade durch die Tür, weiße Plastiktüten in der Hand.
»Hast du meine Nachricht bekommen?«, fragte er.
»Ja.« Sie küsste ihn zur Begrüßung. »Robin ist mit Joey hinten. Ich sag ihr kurz Bescheid, dass sie von ihrer Last befreit ist.«
»Was soll eigentlich die Schale auf dem Rasen?«, fragte er, als er die Tüten in die Küche brachte.
»Ich erkläre es dir später«, rief Beth.
Sie aßen in der Frühstücksnische. Joey saß auf dem Stuhl am Fenster, zwischen zwei Kissen eingeklemmt, um ihn am Herunterfallen zu hindern. Carter hatte ihr Lieblingsessen mitgebracht, Shrimps mit glasierten Walnüssen, und ein paar andere Dinge, die etwas Abwechslung in das Festmahl bringen sollten. Bei einem Glas kühlen Weißweins erzählte sie ihm von dem streunenden Hund, und er berichtete ihr, wie sie die Überreste der La-Brea-Frau aus der Schublade des Museums ausgegraben hatten. Er erzählte ihr auch, dass er bei dieser Gelegenheit Miranda etwas über die Arbeit eines Anthropologen beigebracht hatte.
»Hm«, sagte sie, »war diese Miranda nicht ziemlich hübsch?«
Carter erkannte, dass er gedankenlos tückisches Gewässer angesteuert hatte. »Manche Männer könnten auf so einen Gedanken kommen.«
»Manche Männer?«
»Okay«, gab er zu, »Männer mit Augen im Kopf.«
Sie warf mit der Hälfte ihres Glückskekses nach ihm. Das Glück war immer noch darin.
Carter faltete den Zettel auseinander und las ihn laut vor. »Geduld ist eine Tugend, für die es sich lohnt zu warten.«
»Was steht auf deinem?«
Er wickelte seinen Keks aus, las den Text und hielt inne.
Beth legte einen nackten Fuß auf seinen Schenkel. »Und?« Sie wackelte mit den Zehen. »Was steht da?«
»Angst ist dein Freund – lerne von ihm.«
»Boah«, sagte sie mit einem Lachen, »ziemlich heftig für einen Glückskeks.«
»Wem sagst du das«, erwiderte Carter. Er fühlte sich von dem Spruch seltsam unangenehm berührt. »Vielleicht sollte ich mich beim Geschäftsführer beschweren.« Unwillkürlich musste er an die skelettartige Hand denken, die aus der Grube herausragte. Was sollte er daraus lernen?
Die Sonne war hinter den Bergen untergegangen, und sie machten Licht an, um aufzuräumen und abzuwaschen. Während Carter sich auszog und unter die Dusche ging, trug Beth Joey nach oben ins Kinderzimmer. Er wirkte ganz erledigt und hing wie ein Sack Kartoffeln in ihrem Arm. Als Carter in seinen Boxershorts und einem T. rex -T-Shirt wieder auftauchte, sah er so verwegen aus wie eh und je. Beth hätte nie gedacht, dass ein Mensch, und noch dazu ein erwachsener Mann, so viele Klamotten mit Dinosauriermotiven besitzen könnte. Sie schaltete ihre Nachttischlampe aus.
»Nicht so schnell«, sagte Carter und ließ sich neben ihr aufs Bett plumpsen. »Du willst doch wohl nicht schon so früh schlafen, oder?«
Beth hörte den hoffnungsvollen Klang in
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