Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
was hier vor sich ging. »Schatz«, sagte Carter, als der Hund zögernd über die Türschwelle trat, eindeutig verunsichert, ob er das durfte, »darf ich vorstellen? Das ist Champ.«
10. Kapitel
Lieber Mr al-Kalli.
Nein, das sah völlig falsch aus.
Mein lieber Mr al-Kalli.
Nee, wie sollte er dann verstehen, dass Greer das sarkastisch meinte?
Sehr geehrter Herr.
Himmel, das hörte sich an wie ein Mahnschreiben.
Greer starrte auf den Computermonitor. An seiner Unterlippe hing eine Zigarette. Wenn er schon an der Anrede scheiterte, wie sollte er dann je herausfinden, was für eine Art Brief er schreiben wollte? Oder auch nur, was er sagen wollte?
Seit Sadowski ihm erzählt hatte, dass al-Kalli in L. A. wohnte, gingen Greer unablässig Fragen und Pläne durch den Kopf und schmiedete er Ränke. Er wusste, dass er Geld aus dieser Sache schlagen könnte, war sich aber noch nicht sicher, wie.
Er könnte natürlich einfach mit einem eindringlichen Appell anfangen. Schließlich hatte er als Captain Greer eine Patrouille in gefährliches Gebiet geführt, nur um eine Mission zu erfüllen, die allein von al-Kalli in Auftrag gegeben worden war. Und im Verlauf dieser gefährlichen Mission war er, Greer, schwer verwundet worden. Behindert, für den Rest seines Lebens. Ganz sicher hatte er sich dadurch eine besondere Wiedergutmachung verdient, zusätzlich zu den fünfzigtausend Dollar, die Greer zur Deckung seiner Kosten erhalten hatte. Sie hatten vereinbart, dass er zwanzigtausend an die Soldaten verteilte, die er mitgenommen hatte, doch da Lopez nicht zurückgekommen war, hatte Greer dessen Anteil ebenfalls eingesackt.
Doch damit würde er auf al-Kallis Großzügigkeit und Nächstenliebe zählen, und Greer hatte allen Grund zu der Annahme, dass er weder großzügig noch besonders lieb zu seinem Nächsten war. Erstens war er ein Araber, und zweitens hatte Greer den Mann nie getroffen. Den ganzen Deal hatte er mit einem Typen namens Jakob klargemacht, der ihm gerade eben genügend Informationen wie Karten und so was gegeben hatte, um die Sache durchziehen zu können, aber kein bisschen mehr. Greer konnte Leute wie diesen Jakob ziemlich gut einschätzen, und das Auftreten von diesem Kerl schrie eindeutig nach Geheimdienst/Kampfsport/ISI/Savak/Mossad, irgendwas in dieser Richtung. Man hatte Greer damals zurück zum Camp gebracht, und noch ehe er auf dem Luftweg in ein Armeekrankenhaus nach Deutschland transportiert worden war, war Jakob aufgetaucht, um die geheimnisvolle Kiste an sich zu nehmen. Greer hatte keine Chance gehabt, zu versuchen, sie aufzubrechen.
Greer lehnte sich zurück und nahm einen langen Zug von der Zigarette. Seine Mutter hasste es, wenn er in der Wohnung rauchte, und behauptete, sie sei allergisch, aber Greer kaufte ihr das nicht ab. Er überlegte, ob er nicht einfach gleich zur Erpressung übergehen konnte. »Lieber Mr al-Kalli, ich habe, unter dem Deckmantel einer Militärmission, ein Stück von Ihrem privaten Eigentum aus Ihrem Haus im Irak geborgen. Falls Sie mir nicht weitere Zahlungen leisten, und zwar in Höhe von …« Wie viel wäre angemessen? Hunderttausend Dollar? Fünfhunderttausend? Oder gar eine Million? Wenn er nur wüsste, was er da für den Kerl rausgeschmuggelt hatte. »… sehe ich mich gezwungen, Sie der Behörde …« Wem könnte er al-Kalli melden? Der Einwanderungsbehörde? Dem Außenministerium? Der Stadtverwaltung von L. A.?
Verdammte Scheiße. Greer wusste nicht einmal, womit er ihm drohen sollte. Jemand wie al-Kalli hatte wahrscheinlich ohnehin die meisten Leute in der Tasche. Und was, wenn der den Spieß umdrehte? Immerhin war es keine von der US-Armee genehmigte Mission gewesen. Die Sache könnte weitere Untersuchungen nach sich ziehen, über das Verschwinden von Lopez, der zuerst als unerlaubt abwesend geführt worden war, und schließlich, als er nie wieder auftauchte, als verschollen. Greer hatte Druck ausgeübt, damit er als vermisst galt, damit Lopez’ Frau zumindest das Sterbegeld bekam. Er war stolz auf sich, weil er sich für einen seiner Männer so ins Zeug gelegt hatte.
Der Computerbildschirm war immer noch größtenteils leer und schien darauf zu warten, dass ihm irgendetwas einfiel. Stattdessen ging er ins Internet, besuchte ein paar seiner Lieblingspornoseiten und kam schließlich zu dem Schluss, dass er noch gründlicher über die Sache nachdenken musste. Laberten Schriftsteller nicht andauernd so einen Schwachsinn, dass ihnen die besten Ideen aus
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