Knochengrube: Mystery-Thriller (German Edition)
irgendwann ein Haus, oder fahren wir nur so in der Gegend rum?«
Sadowski schnaubte. »Das kommt schon noch.« Dann fügte er leise, ohne besonderen Grund, hinzu: »Scheiß Araber.«
Sie kamen an einem beleuchteten Springbrunnen mit Unmengen geschnitzter Figuren und Wasserfontänen vorbei. Langsam kam Greer sich vor wie in einem Vergnügungspark, aber er war ganz und gar nicht vergnügt. Vielleicht lag es an dem verdammten Pfauenschrei, vielleicht einfach daran, dass sie sich auf al-Kallis Grundstück befanden, aber er hatte bereits ein schlechtes Gefühl wegen der ganzen Sache. Er hatte schon so genug üble Nächte. Nächte, in denen er schweißgebadet aus dem Schlaf hochschreckte und an diesen endlosen Säulengang dachte, an die untergehende Wüstensonne … und an leere Käfige mit verbogenen Gitterstäben. Erst vor ein paar Wochen hatte er sogar im Schlaf geschrien, so laut, dass seine Mutter den Kopf durch die Tür gesteckt und ihn gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei.
Zuerst konnte er gar nicht antworten; sein Mund war viel zu trocken. Ebenso wenig war er in der Lage, dieses Bild abzuschütteln … das Bild eines schwarzen Nebels, nur dass er intensiver und fühlbarer war als ein Nebelschleier, der sich auf ihn zubewegte und begann, ihn einzuhüllen. Er hatte darum gekämpft, freizukommen, zu entkommen, ehe das, was immer sich im Nebel verbarg, ihn entdeckte. Und er wusste, dass etwas darin steckte, etwas Entsetzliches. Er konnte seinen Atem hören, ein tiefes Grollen, und er konnte es riechen, den Geruch von angefaultem Fell und Dung und Blut.
»Ja, ja«, hatte er schließlich zu seiner Mutter gesagt und sich die feuchten Hände am Bettlaken abgewischt, »alles in Ordnung.«
»So siehst du aber gar nicht aus.«
»Ich sagte, es ist alles in Ordnung.«
»Deswegen brauchst du mich nicht gleich anzuschnauzen«, hatte sie gesagt, ehe sie die Tür zugeknallt hatte.
Er hatte ein paar Xanax geschluckt und den Rest der Nacht benommen vor dem Fernseher verbracht.
Die Räder des Wagens rollten vom glatten Asphalt auf ein unebenes Kopfsteinpflaster. Sie bogen noch einmal um die Kurve, und plötzlich ragte das Haus vor ihnen auf. Greer musste sich auf dem Sitz vorbeugen, um bis zu den Spitzen der Türme und Giebel emporblicken zu können, die im Mondlicht silbrig glänzten.
»Sie nennen es das Schloss«, sagte Sadowski.
»Sag bloß.«
Auf Greer wirkte der Ort wie eine Klippe aus Stein und Holz mit vereinzelten Lichtstreifen, die hier und da hinter den zugezogenen Vorhängen der Fenster hindurchschimmerten.
Kurz vor dem Haus hielt Sadowski den Wagen an und drehte sich zu Greer um. »Also, der Pool und der Tennisplatz und das alles sind hinter dem Haus. Links sind die Ställe und eine Art Scheune. Das hintere Tor, an dem ich dich wieder einsammle, liegt direkt dahinter. Du kannst es nicht verfehlen, folge einfach der Lieferantenzufahrt.«
Greer rührte sich nicht, und Sadowski wartete. »Captain?«, sagte er schließlich, vielleicht, weil sie wieder auf Erkundungstour waren.
»Ja«, erwiderte Greer und betrachtete immer noch das ausladende Haus. »Ich hab’s kapiert.«
»Wie lange brauchst du?«
»Gib mir eine Stunde, aber schalte dein Handy ein für den Fall, dass ich dich eher brauche.«
»Jawohl!«
Greer hasste diesen militärischen Scheiß.
Er stieg aus dem Wagen und achtete darauf, die Tür leise zu schließen. Es war unnötig, extra darauf aufmerksam zu machen, dass er hier war. Die Nachtluft war warm, und es wehte eine leichte Brise. Er scheuchte Sadowski mit einem Winken fort. Der Einsatzwagen setzte langsam zurück, wendete, und verschwand in Richtung Torhaus. Weil der Wagen dieses Mal mit der anderen Seite am Pförtnerhaus vorbeifuhr, zählten sie darauf, dass Reggie nicht bemerken würde, dass jetzt nur noch ein Mann darin saß. Falls doch, würde Sadowski ihm erzählen, dass Greer einen defekten Bewegungsmelder reparierte und er später zurückkäme, um ihn wieder abzuholen.
Sobald der Wagen außer Sicht war, inspizierte Greer das Haus. Eine breite Steintreppe führte hinauf zu einer massiven Holztür. Auf beiden Seiten erstreckten sich große, mehrere Stockwerke hohe Flügel, deren Wände größtenteils dicht mit Efeu bewachsen waren. Links befand sich eine Garage mit vielleicht sechs Stellplätzen und einer Wetterfahne in Gestalt eines, wie könnte es anders sein, Pfaus.
Was war das bloß für ein Typ?
Langsam näherte Greer sich dem Haus, achtete jedoch darauf, nicht verstohlen zu
Weitere Kostenlose Bücher