Knochenhaus (German Edition)
Hund anscheinend sehr viel geselliger ist als sie. Ein echtes Partytier.
«Dann nehme ich sie aber besser an die Leine», sagt Max. «Bei so vielen Leuten flippt sie sonst völlig aus.»
«Wie heißt sie denn?»
«Klaudia.» Max grinst. «Das ist ein schöner altrömischer Name, und Klauen hat sie auch, wie ich bereits feststellen durfte.»
Ruth streichelt dem freudig hüpfenden Hund über den Kopf. «Hast du in Brighton denn genug Platz für sie?»
«Ja. Ich habe einen Garten, und ich freue mich schon auf die langen Spaziergänge am Strand. Das wird mich fit halten.»
Eigentlich sieht er auch so schon recht fit aus, doch den Gedanken behält Ruth für sich. Zu ihrem Entsetzen drückt Max ihr jetzt die Leine mit Klaudia daran in die Hand, um im Kofferraum seines Range Rover zu kramen.
«Ich habe noch etwas für dich.»
Er fördert eine Plastiktüte zutage und reicht sie Ruth.
«Was ist denn das …?»
«Schau rein.»
Ruth schaut in die Tüte und sieht einen weiteren Hund. Einen Stoffhund, der zwar schon einige Jahre auf dem Buckel hat, aber immer noch lächelt.
«Elizabeths Hund», sagt Max mit belegter Stimme. «Sie hat ihn Wolfie genannt. Ich finde, den soll dein Baby bekommen. Es ist doch albern, dass ich ihn immer noch mit mir herumschleppe.»
Ruth schaut von dem Plüschhund zu Max, der Klaudia jetzt wieder selbst an der Leine hält, und ihre Augen füllen sich ganz plötzlich mit Tränen.
«Danke», sagt sie. «Ich fühle mich sehr geehrt.»
«Nelson findet sicher, dass er ein Gesundheitsrisiko darstellt.» Max klingt schon wieder fröhlicher. «Aber du brauchst ja nicht auf ihn zu hören.»
«Wieso sollte ich liebgewordene Gewohnheiten ändern?»
Sie kehren zur Party zurück, und Ruth geht weit genug aus sich heraus, um sich auf einen Tanz mit Ted dem Iren einzulassen. In einiger Entfernung sieht sie Cathbad, der damit beschäftigt ist, das unvermeidliche Feuer aufzuschichten.
«Sie tanzen ziemlich gut für eine Schwangere», sagt Ted zu ihr.
«Vielen Dank.»
Er grinst sie an, sein Goldzahn glitzert, und Ruth fällt wieder ein, was sie ihn schon die ganze Zeit fragen will. Sie beugt sich vor und flüstert ihm ins Ohr: «Warum nennt man Sie eigentlich Ted den Iren?»
«Verraten Sie’s auch niemandem?», flüstert Ted zurück. «Ich bin Ire, aber eigentlich heiße ich gar nicht Ted.»
Es ist schon weit nach Mitternacht, doch die letzten Reste des Feuers glimmen immer noch. Ruth geht langsam den Hang hinunter. Sie ist erschöpft, doch es war ein wirklich schönes Fest. Cathbad hat zu Ehren des Sonnengottes getanzt. Max hat seine Ausgrabung beendet und eine Gefährtin gefunden, und auch sie geht nicht allein nach Hause. Sie dreht sich zu der Frau um, die neben ihr geht, und lächelt ihr zu. Der Vorschlag, ihre Mutter einzuladen, stammte ursprünglich von Cathbad («Gaia, die Göttin der Erde, die ewige Mutter. Das hängt doch alles zusammen»), und Ruth war ganz überrascht, dass ihre Mutter die Einladung bereitwillig angenommen hat. Den Abend über hat sie sich mit Max über Mosaike unterhalten, mit den Druiden Madrigale gesungen und sowohl mit Clough als auch mit Ted getanzt. Jetzt legt sie Ruth den Arm um die Schultern.
«Müde?»
«Schon ein bisschen.»
«Wenn wir zu Hause sind, machen wir uns erst mal eine schöne Tasse Tee. Und dann gehst du ins Bett. Als Schwangere braucht man seinen Schlaf.»
Wahrscheinlich, denkt Ruth, haben schon die altrömischen Mütter vor zweitausend Jahren hier an diesem Ort dasselbe zu ihren Töchtern gesagt. Komm, setz dich ans Feuer, trink einen Kräutertee und bete zu Hekate, dass sie dir eine gesunde Entbindung gewährt.
Alles verändert sich, doch nichts vergeht.
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Danksagung
Ein besonderer Dank gilt meiner Tante Marjorie Scott-Robinson, die ein unschätzbarer Quell an Informationen über Norfolk, Gespenster und Gezeiten ist und auch den besten Weg wusste, ein großes Boot unter einer niedrigen Brücke hindurchzubefördern. Dafür sowie für all das Lachen und die Ermutigungen danke ich dir, liebe Marge!
Soweit ich informiert bin, gibt es in Swaffham keine römischen Siedlungen, dafür aber eine ganz wunderbare römische Ausgrabungsstätte in der Nähe, in Caistor St. Edmund. Entsprechend besteht in Norwich zwar kein Mangel an wunderschönen alten Häusern, die Woolmarket Street ist aber meine Erfindung. Und Norwich Castle beherbergt zwar tatsächlich ein wunderbares Museum, die von mir erwähnten Ausstellungsstücke sind
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