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Knochenhaus (German Edition)

Knochenhaus (German Edition)

Titel: Knochenhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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übertrieben.»
    «Ich hätte ihn jedenfalls gern kennengelernt», sagt Max leichthin.
    «Wir haben Alkohol mitgebracht», verkündet Ruth, um das Gespräch von den Themen Leben und Tod abzulenken.
    «Bestens!» ruft Cathbad. «Den Göttern muss schließlich ein Trankopfer dargebracht werden. Freya da drüben kümmert sich um die Getränke.»
    Freya, eine zierliche blonde Frau im blauen Gewand, nimmt ihnen die Flaschen ab, verstaut sie sorgfältig und schenkt ihnen dann aus einem Kupferkessel Punsch ein. Im Weggehen schnuppert Ruth misstrauisch an ihrem Plastikbecher.
    «Was ist denn dadrin?», fragt sie. «Batteriesäure?»
    «Hattest du nicht gesagt, er arbeitet im Chemielabor?»
    «Früher war er mal Archäologe.»
    «Und daher kennt er auch Erik Anderssen?»
    «Ja. Erik war sein Betreuer an der Universität, dann haben sie sich bei der Henge-Grabung wiedergetroffen. Davon hatte ich dir erzählt, weißt du noch? Cathbad war einer der Druiden, die versucht haben, uns daran zu hindern, die Pfähle von hier fortzubringen.»
    «Das kann man irgendwie verstehen», sagt Max, und sein Blick wandert über den weiten Sand. Vielleicht versucht er ja, sich den Henge dort vorzustellen, den Kreis aus kahlen Holzpfählen, die vor dem Horizont aufragen. Ruth hat dieses Bild selbst noch so klar vor Augen, dass sie sich wundert, weshalb es nicht gleich vor ihr Gestalt annimmt, inklusive Erik, der in der Mitte des Kreises kniet und sich über Holzkonservierungsmethoden auslässt.
    «Erik war durchaus auf ihrer Seite», erzählt sie, «aber das Meer kam immer näher. Es hätte den Henge irgendwann zerstört.»
    Max lächelt. «Zerstört oder einfach nur verändert?»
    Einen Augenblick lang denkt Ruth an die lateinische Inschrift auf dem Torbogen an der Woolmarket Street: Omnia mutantur, nihil interit. Alles verändert sich, nichts vergeht. Ein Schauer läuft ihr über den Rücken, als hätte sich eine kalte Hand auf ihre Schulter gesenkt.
    Doch dann sagt sie nur: «Du bist ja wirklich ein großer Fan von Erik.» Erik glaubte an einen Kreislauf aus ständigem Wandel, Verfall und Wiedergeburt. Ob er selbst wiedergeboren wurde? Manchmal scheint es ihr ganz undenkbar, dass Eriks wacher Geist tatsächlich zusammen mit seinem Körper gestorben sein soll. Bestimmt unternimmt er bereits irgendwo als blauäugiges Baby einen zweiten Anlauf ins Leben. Oder aber als Wassergeist oder als Tier – als Seehund vielleicht oder als wendiger Wüstenfuchs.
    Das Feuerholz ist offenbar fertig aufgeschichtet. Im schwindenden Licht fassen sich Cathbad und die anderen Druiden an den Händen und bilden singend und deklamierend einen Kreis um den Scheiterhaufen. Auch die Kinder beteiligen sich und flitzen aufgeregt kichernd zwischen den Erwachsenen herum. Max, Ruth und die übrigen Nicht-Druiden halten sich abseits und schwanken zwischen Verlegenheit und Faszination. Irgendwie, denkt Ruth, ist es schon auch ein großartiges Schauspiel: die kleinen Gestalten, dunkel vor dem Horizont, der gewaltige Holzstoß und im Hintergrund das leise Rauschen der Wellen.
    Cathbad hat Probleme, sein symbolisches Holzscheit in Brand zu stecken: Der Wind bläst die Flamme immer wieder aus, bis Freya ihn mit ihrem Umhang abschirmt. Schließlich hält er das brennende Scheit in die Höhe: «Göttin Brigid, nimm dies Opfer von uns entgegen!»
    Die Flammen züngeln um den Fuß des Holzstoßes. Die Kinder tanzen um sie herum und kreischen vor Aufregung, und die Erwachsenen stimmen wieder ihren kultischen Singsang an, doch dann setzt eine Gitarre ein, und es wird eine sanftere Melodie daraus, eine Art Volkslied. Es ist inzwischen recht voll geworden. Ruth entdeckt einige Mitarbeiter von der Universität und das Feldarchäologenteam, darunter auch Ted und Trace. Sie ist ein wenig irritiert darüber, wie herzlich Max Trace begrüßt. «Sie hat uns bei den Grabungen in Swaffham geholfen. Eine hervorragende Archäologin. Sie weiß unglaublich viel über die Römer.»
    «Hm.» Ruths Begeisterung für Traces archäologische Fähigkeiten wird ein wenig durch die Tatsache gedämpft, dass sie in ihrem schwarzen T-Shirt und der schwarzen Lederhose absolut atemberaubend aussieht. «Setzen wir uns doch irgendwohin», sagt sie. Sie hat schon wieder schreckliche Rückenschmerzen.
    Sie setzen sich in den Schatten einer Düne und essen vegetarische Hotdogs. Max hat eine ganz gute Flasche Wein erbeutet, und Ruth trinkt Orangensaft. Max äußert sich nicht zu ihrer Enthaltsamkeit. Sie reden über

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