Knochenjagd (German Edition)
Meinungswechsel überraschte mich. »Warum nicht?«
»Hat die Leute verärgert.«
»Welche Leute?«
»Unwichtig. Aber die haben recht. Es ist unchristlich. Die Toten sollten in Frieden ruhen.«
»Aber Sie hatten recht, Nellie.«
Sie verzog die Lippen, sagte aber nichts.
»Es tut mir sehr leid wegen Ihres Bruders.«
»Niemand wird auch nur einen Finger rühren.«
»Ich verspreche Ihnen, ich werde alles tun, um Daryls Mörder zu finden.«
Ihre Augen sagten mir, dass sie mir nicht glaubte.
Ich legte den Kopf ein wenig schief, als hätte ich ein Geräusch gehört. »O Gott. Ist das Murray?«
»Was?«
»Klingt wie eine Katze in Schwierigkeiten.«
Snook rannte in die Wäschekammer. Ich hörte die Tür aufgehen, dann rief sie: »Murray? Wo bist du? Murray? Komm her, mein Kätzchen.«
Ich verlor keine Zeit, ging direkt zum Fischglas und schaufelte mit dem Ketchupbehälter eine Probe der glitzernden Steinmischung auf, die den Boden bedeckte. Die Fische schossen, sichtlich verärgert, von meiner Hand weg.
»Hierher, Kätzchen.«
Murray kam von irgendwo im Haus in die Küche.
Ich ging zur Wäschekammer.
»Falscher Alarm«, lächelte ich. »Er ist hier.«
Als wollte er uns beweisen, dass es ihm gut ging, kam Murray zu uns.
Snook hob den Kater auf.
Ich verabschiedete mich.
Das Bellanca Building ist Yellowknifes Vorstellung von einem Wolkenkratzer. Der Burj Khalifa ist es allerdings beileibe nicht. Der elfstöckige Kasten wurde 1969 erbaut, was die blauen Seitenverkleidungen und wie LEGO -Steine aufeinandergeschichteten Fenster an der Frontseite kaum entschuldigt.
Ich betrat das Gebäude von der Fiftieth Street und stellte mich vor den Belegungsplan. Die Mineral Development Division of Indian and Northern Affairs Canada lag im sechsten Stock. Das Bergbauarchiv war im fünften.
Ich lief zum Aufzug und drückte auf Knopf fünf. Als die Tür wieder aufging, lag das Archiv direkt vor mir. Es überraschte mich, dass die Tür nicht verschlossen war.
Auf die Innenausstattung waren keine Steuergelder verschwendet worden. Der Empfangsbereich wirkte spartanisch, die Wände waren geschmückt mit gerahmten Fotos von Steinen, unterirdischen Schächten, großen Maschinen und Luftaufnahmen von Orten, die vermutlich keine Touristenmagneten waren. Hölzerne Stühle standen an einer Wand aufgereiht. Ganz hinten stand ein Schreibtisch. Aber will man in einem Bergbauarchiv wirklich Schnickschnack?
Ich machte mich bemerkbar.
Keine Antwort.
Eine Tür rechts des Empfangstisches öffnete sich auf einen Gang. Während ich ihn entlang in den hinteren Teil des Gebäudes ging, überlegte ich mir, wie ich den Mann, den ich suchte, erkennen würde.
Kein Problem. Jedes Büro hatte ein Namensschild. Jacob Rainwaters lag ganz am Ende. Seine Tür stand offen.
Rainwater sah aus wie ein alter Professor aus einem Disney-Film. Ausgebeulter Pullover, schlechter Haarschnitt, Drahtgestellbrille. Das Einzige, was nicht passte, war der schicke, neue Mac, an dem er arbeitete.
Das Büro war eines Klaustrophobikers schlimmster Alptraum. Ein riesiger Schreibtisch und mächtige Aktenschränke ließen nur schmale Durchgänge frei, dank denen man sich durch den Raum bewegen konnte. Jedes Regalbrett, jede horizontale Fläche war mit Stapeln von Papieren und Magazinen, zusammengerollten Karten, Gesteinsbrocken und versteinerten Holztrümmern sowie Glasbehältern mit Kies und Sand bedeckt. Falls irgendetwas an einer Wand hing, war es nicht zu sehen.
Ich räusperte mich.
Rainwater hob den Kopf. »Ja?«
»Mein Name ist Temperance Brennan. Ich habe ein paar Fragen, und man sagte mir, dass Sie sich in dem Bereich sehr gut auskennen.«
»Was für Fragen?«
»Über geologisches Erkunden.« Ein vorsichtiger Einstieg.
»Eine Erkundungslizenz kostet zwei Dollar für eine Einzelperson und fünfzig für eine Firma. Das Mädchen am Empfang kann Ihnen am Montag dabei helfen.«
Rainwater wandte sich wieder dem Bildschirm zu. Seine Finger ruckten über die Tastatur.
»Wenn Sie eine Schürfgenehmigung brauchen, haben Sie Pech. Anträge werden nur im Dezember angenommen. Geprüfte Genehmigungen werden im Februar des folgenden Jahres ausgegeben. Die Genehmigungen gelten unterhalb des achtundsechzigsten Breitengrads drei Jahre, darüber fünf. Die Kosten betragen fünfundzwanzig Dollar plus zehn Cent pro Acre.« Rainwater spulte den Text herunter, was darauf hindeutete, dass er diese Informationen schon Tausende Male wiederholt hatte. »Eine Schürfgenehmigung
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