Knochenjagd (German Edition)
gegeben zu haben.
Ich lehnte mich im Sitz zurück und betrachtete dieselbe Palette aus Kiefern, Tamarackbäumen und Birken, die ich schon an mir hatte vorüberziehen lassen, als ich mit Ryan diese Fahrt gemacht hatte. Irgendetwas quälte mich, machte mich ruhelos. Als würde irgendetwas hinter einer Ecke in meinem Hirn lauern.
Den Daumennagel kauend, versuchte ich, die Quelle meines Unbehagens zu finden. Hatte ich irgendeinen Hinweis direkt vor Augen gehabt und ihn einfach nicht gesehen? Was für einen?
Das Gefühl hatte sich schon tags zuvor bemerkbar gemacht, sich in meine Träume geschlichen. Hatte ich am Samstag etwas gesehen oder gehört, mit dem mein Unterbewusstsein mich jetzt pisacken wollte?
Ich ging den Tag noch einmal detailliert durch. Die Exhumierung? Der Mord an Scar? Die Skipper-Identifikation?
Keine Reaktion vom alten Es.
Kings Stimme holte mich zurück.
»Tut mir leid, dass ich Sie allein lassen muss, aber ich muss mir eine Leiche anschauen, die schnell taut.«
»Ist schon okay. Setzen Sie mich einfach am Explorer ab.«
Das tat sie auch.
Okay war allerdings nichts.
Nachdem ich mir im Restaurant einen Lachs-Burger und Pommes geholt hatte, ging ich auf mein Zimmer. Minuten, nachdem ich das Essen verdrückt hatte, fühlte ich mich noch zappeliger als zuvor.
Ich ging in den Wald hinaus. Rief nach Tank.
Nichts. Natürlich nicht. Der Hund war tot. Warum diese Besessenheit? Versuchte ich, Rubens Hund zu retten, weil ich es nicht geschafft hatte, sie zu retten?
Verärgert über mein armseliges Psychogebastel kehrte ich in mein Zimmer zurück und schlug das Buch über Bergbau auf. Weil ich zum Lesen zu erregt war, schaute ich mir die Bilder an. Eine schematische Darstellung einer Kimberlit-Pipe. Ein Foto eines Querschnitts davon. Eine Nahaufnahme von Diamant-Indikatormineralien. Eine Luftaufnahme der Diavik-Mine.
Mein Unterbewusstsein quälte mich wie eine Wimper im Auge.
Was war gestern sonst noch passiert?
Katy hatte angerufen.
Machte ich mir einfach nur Sorgen um meine Tochter?
Nein. Es musste diese Sache hier sein. Etwas, das ich übersehen hatte.
Ich hatte außerdem mit Nellie Snook gesprochen.
In meinem Es reckte sich ein Zellhaufen.
Ach so?
Ich schloss die Augen und ging den Besuch in Gedanken noch einmal durch, rief mir jedes Detail, an das ich mich erinnern konnte, noch einmal ins Bewusstsein.
Die Tierfotos, die Umweltaufkleber und -kalender. Daryl Beck. Ronnie Scarborough. Die Fotos von Rubens toten Babys. Murray, der Kater. Die zwei nicht zusammenpassenden Goldfische.
Wie zwei nicht zusammenpassende Schwestern, dachte ich niedergeschlagen.
Ich stellte mir die Fische vor, wie sie mit riesigen, vorquellenden Augen durch das Glas starrten, die Bäuche durch das vom Kies reflektierte Sonnenlicht erhellt.
Ich erstarrte.
Adrenalin schoss durch meinen Körper.
Mit pochendem Herzen zog ich eine Akte aus meiner Laptoptasche, holte einen Umschlag hervor und schüttelte die Fotos heraus, die ich während meiner Untersuchung des Babys aus der Fensterbank geschossen hatte.
Mit zitternden Fingern suchte ich ein Foto aus und legte es neben eine Seite im Bergbaubuch.
Ich dachte an Regenbogenlicht, das auf Schuppen reflektiert.
Mein Gott.
Diamant-Indikatormineralien. DIM s. Beide Schwestern hatten eine kleine Sammlung davon. Snook bewahrte ihre in einem Aquarium auf. Ruben hatte sie in einem kleinen, schwarzen Samtsäckchen.
Plötzlich sprang mein Hirn in alle Richtungen gleichzeitig. Ein neuronaler Stromkreis landete bei etwas, das Snook gesagt hatte.
Eine Idee nahm Gestalt an.
Ich googelte einen Namen, eine Adresse.
Ich rannte zum Waschbecken, spülte das kleine Ketchupbehältnis vom Hotelrestaurant aus und drückte den Deckel wieder drauf. Ich steckte die Akte in die Tasche, schob das Behältnis in meine Handtasche und rannte los.
Snook knallte mir zwar nicht gerade die Tür vor der Nase zu, riss sie aber auch nicht für ein herzliches Willkommen auf.
»Darf ich reinkommen?«, fragte ich.
»Ich erwarte Besuch.«
»Es dauert nicht lange.«
Seufzend trat Snook einen Schritt zurück. Ich ging geradewegs in die Küche.
Die Fische schwammen noch in ihrem Glas. Murray war nirgendwo zu sehen.
Weil Snook entweder mein Besuch nicht behagte oder weil sie es wirklich eilig hatte, bot sie mir weder Tee noch einen Platz am Tisch an.
Okay. Dann Plan B.
»Hat Ms. King Ihnen die Ergebnisse der Exhumierung erklärt?«
»Ich hätte das Daryl nicht antun dürfen.«
Dieser
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