Knochenjagd (German Edition)
2008 erschossen. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass er mit dem Drogenhandel zu tun hatte.«
Ryan wollte etwas sagen. Ich fiel ihm ins Wort.
»Ein Drogenkrieg kann einen hohen Blutzoll kosten. Das weiß ich. Aber vielleicht machen alle den Fehler, sämtliche Indizien in ein vorgefasstes Konzept zu pressen. Ein Konzept, das falsch ist. Mehr will ich nicht sagen.«
»Darf ich dir einen Rat geben für dein Treffen mit Tyne?«
»Was für einen?«, fragte ich argwöhnisch.
»Hütte dich vor den Glocken.«
»Hrrrr!« Ich rammte das Handy in meine Handtasche.
»Was?«, fragte King.
»Ryan hält sich für den größten Witzbold auf der Welt.«
»Das tun die meisten Männer.«
Tyne brauchte einige Zeit, bis er an die Tür kam. An diesem Tag trug er einen Poncho mit einer Art Logo und Jeans. Und eine Miene, die hieß, dass er sich über unseren Besuch nicht gerade freute.
»Erinnern Sie sich an mich, Mr. Tyne? Wir haben uns am Freitag über Annaliese Ruben unterhalten«, sagte ich.
»Ich muss jetzt zur Arbeit.«
»Freut mich sehr, dass Sie wieder eine Anstellung gefunden haben.«
»Sicherheitsdienst am Wochenende. Die Bezahlung ist beschissen.«
»Das ist Maureen King. Deputy Chief Coroner.«
Tynes Blick wurde leer wie Glas. »Hat jemand den Löffel abgegeben?«
»Annaliese Ruben.«
Tyne steckte zwei Finger in den Ausschnitt seines Ponchos und massierte sich die Brust.
»Irgendjemand hat sie erschossen«, sagte King.
»Das scheint ja in letzter Zeit ziemlich häufig zu passieren.«
»Wissen Sie irgendwas darüber, Sir?«
»Annaliese war ein nettes, kleines Mädchen, trotz ihrer Probleme.«
»Das war nicht meine Frage.« King lächelte wohlwollend.
»Nein, Ma’am. Ich weiß nichts darüber. Aber ich weiß, dass die ganze Welt vor die Hunde gehen wird.«
Zeit, das Thema zu wechseln.
»Kennen Sie einen Mann namens Eric Skipper?«, fragte ich.
»Nein, Ma’am.«
»Das finde ich merkwürdig, Mr. Tyne. Ms. King und ich haben einen Polizeibericht entdeckt, in dem steht, dass Sie und Skipper 2008 auf einem Parkplatz aufeinander losgegangen sind.«
Tynes Finger erstarrten. Seine Lippen bewegten sich, als würde er sich den Namen bewusst machen. »Meinen Sie das Arschloch, das nach Yellowknife gekommen ist, um Ö-kologie zu predigen?« Mit sehr deutlicher Betonung auf dem Ö.
»Ja.«
»Dieser Trottel hatte eine Tonne Theorie und kein Gramm gesunden Menschenverstand. Sein Plan? Einen Artikel schreiben, sich einen Namen machen, eine Stelle an einer Uni bekommen. Alles auf dem Rücken einer Spezies, die den Bach runtergeht.«
»Sie hatten eine philosophische Meinungsverschiedenheit?«
»Darauf können Sie Gift nehmen.«
»Hatte Skipper denn nicht dasselbe Ziel wie Sie? Das Karibu zu retten?«
»Dieser Minderbemittelte hat gemeint, wir sollten diese neue Mine bekämpfen, die die Regierung uns in den Rachen stopft. Das ist, als wollte man einen Zug mit bloßen Händen aufhalten. Ich habe ihm gesagt, das Einzige, was dem Karibu helfen wird, ist ein sicherer Zufluchtsort.«
»Sie haben sich über den Kerl aufgeregt?«
»Nur gut, dass er die Stadt verlassen hat.«
35
Auf dem Rückweg nach Yellowknife erhielt King einen Anruf. Nach der Schneeschmelze des Frühlings hatte ein See eine Dame ausgespuckt.
»Brauchen Sie Hilfe?«, bot ich, nicht wirklich enthusiastisch, an.
»Nee. Sie und ihr Freund sind vor dem harten Frost im letzten Herbst durch eine weiche Stelle im Eis gebrochen. Hier oben überwintern Wasserleichen ziemlich gut. Die Familie wird auf jeden Fall noch einen offenen Sarg bestellen können.«
Ich bekam ebenfalls einen Anruf.
»Bergeron hat die Skipper-Identifikation bestätigt«, sagte ich, als ich mein Telefon wieder einsteckte.
»Klingt nach Fortschritten.«
»Was halten Sie von Tyne?«
»Scheint ziemlich aufbrausend zu sein. Aber der alte Knacker ist wahrscheinlich harmlos.«
»Glauben Sie, er kommt für Skipper und Beck infrage?«
»Weil sie sich wegen ein paar Huftieren geprügelt haben?« Sie blies Luft durch die Lippen. »Nein.«
»Was halten Sie davon, dass Tyne ein geistig behindertes siebzehnjähriges Mädchen in seinem Haus aufnimmt?«
»Das müssen Sie verstehen. Verwandtschaft wird hier oben anders betrachtet.«
Vielleicht wurde sie das.
Ich schaute auf die Uhr. Viertel nach eins. Wie aufs Stichwort knurrte mein Magen.
»Hunger?«
»Hm.«
»Im Handschuhfach dürfte ein Müsliriegel liegen.«
»Geht schon.« Ich war am Verhungern. Bedauerte, Binny den Muffin
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