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Knochenjagd (German Edition)

Knochenjagd (German Edition)

Titel: Knochenjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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beide aus dem Bereich nahe den Kiefergelenken. An den sechs Röhrenknochen, die das Feuer überstanden hatten, fehlten die Enden. Das Becken bestand aus zwei verkohlten Klumpen, die früher die Gelenkpfannen der Hüfte gewesen waren, und einem Stück Kreuzbein.
    Ich fing an, die Knochen anatomisch korrekt anzuordnen. Schädel. Rechter Arm. Linker Arm. Rechtes Bein. Linkes Bein. Alles ganz normal. Bis ich zum Becken kam.
    Ich hielt inne.
    Schaute verdutzt.
    Ich schnappte mir die Lupe von der Arbeitsfläche und untersuchte jedes Darmbein noch einmal unter Vergrößerung.
    Unmöglich.
    Ich hielt sie nebeneinander. Wechselte die Seiten. Tat es noch einmal. Und noch einmal.
    Das ist unmöglich.
    »Was?« King hatte meine Aufregung gespürt.
    Die Unterkieferfragmente hatte ich mir für den Schluss aufgehoben. Ohne auf ihre Frage einzugehen, untersuchte ich erst das eine, dann das andere. Den Kieferwinkelpunkt. Das Kinnloch. Die Kieferzungenbeinfurche. Die gestutzten Teile des aufsteigenden Asts und des Zahnbogens.
    Das ist doch verdammt noch mal unmöglich.
    Aber es bestand kein Zweifel.
    Die Hände schweißfeucht vom Latex legte ich ein Beckenfragment und ein Unterkieferfragment beiseite und fügte ihre Gegenstücke in meine Rekonstruktion ein.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte King.
    Ich deutete auf die beiseitegelegten Fragmente. »Das sind Teile von Unterkiefer und Becken. Beide von der rechten Körperseite.« Ich deutete auf die entsprechenden Teile in der Rekonstruktion des Skeletts. »Diese Fragmente haben die gleiche Position. Sie stammen von der rechten Körperseite.«
    »Heißt?« Ihr Ausdruck zeigte mir, dass sie die Antwort bereits wusste.
    »Das hier sind zwei Personen.«
    »Sie machen Witze.«
    »Wie wurde Daryl identifiziert?«
    »Größtenteils anhand von Indizien. Es war sein Haus. Sein Motorrad stand vor der Tür. Ein Nachbar hörte ihn in dieser Nacht nach Hause kommen, aber nicht mehr wegfahren. Sagte, er hätte es gehört, weil die Maschine verdammt laut war.«
    »Das war alles? Keine zahnärztlichen Unterlagen?«
    »Daryl hatte es nicht so mit Zahnpflege. Hätte sich einen Zahnarzt auch gar nicht leisten können.«
    Die Neonröhren summten. Die Uhr tickte.
    »Und welcher ist jetzt Daryl?« King starrte die Knochen an.
    »Beide sind männlich«, sagte ich.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Es sind genug Details vorhanden.« Ich nahm die beiden Darmbeine zur Hand. »Beide Ischiaskerben sind tief und schmal.« Ich deutete auf die Teile der Bogenstruktur, die auf beiden Fragmenten noch vorhanden waren. »Das ist der Bereich, wo das Darmbein mit dem Kreuzbein verbunden ist. Die Oberflächen sind nicht erhöht, sie gehen bündig in den sie umgebenden Knochen über. Und kein Fragment ist am Rand gefurcht.«
    »Männliche Merkmale.«
    »Ja.«
    Ich sah, dass Courtney näher gekommen war. »Würden Sie es gern sehen?«, fragte ich sie. Sie nickte. Ich zeigte ihr die Merkmale, die ich beschrieben hatte.
    »Auf jedem Fragment ist noch etwas vom Acetabulum erhalten. Der Hüftgelenkpfanne. Anhand der Durchmesser würde ich sagen, dass der eine Mann größer war als der andere.«
    Ich holte mir den Greifzirkel von der Arbeitsfläche. Die anderen sahen zu, wie ich maß, um meine Vermutung zu bestätigen.
    »Können Sie was über das Alter sagen?«, fragte King.
    »Ein bisschen was.« Ich hob die beiden Fragmente an. »Sie sehen hier, dass die Gelenkfläche des größeren Manns aufgebauscht ist und der Knochen körnig wirkt. Die des kleineren wirkt glatter und dichter.« Sehr vereinfacht ausgedrückt.
    Ich sah auf. Sowohl King wie Courtney schauten verblüfft.
    Ich legte die Fragmente auf den Tisch, holte die Taschenlampe und schaltete die Deckenbeleuchtung aus. »Sehen Sie sich das an.«
    Ich beleuchtete die Oberflächen horizontal. Winzige Vertiefungen warfen auf der des größeren Mannes schräge Schatten.
    Courtney bemerkte den Unterschied als Erste. »Der größere hat Furchen. Der kleinere nicht.«
    Mir war nicht klar, ob King es auch gesehen hatte. »Was heißt das?«, fragte sie.
    »Der größere war jünger, wahrscheinlich in den Zwanzigern. Der kleinere war eher Mitte vierzig. Das sind aber nur grobe Schätzungen. Diese Technik der Altersbestimmung erlaubt nur ungefähre Angaben, und untersuchen können wir ja nur einen Teil der Oberfläche.«
    »Daryl war vierundzwanzig«, sagte King. »Und ungefähr eins achtzig groß.«
    Der Minutenzeiger ruckte.
    »Wer ist dann der andere Kerl?« King sagte es laut, aber

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