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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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»Mach die Augen zu.«
    »Warum? Was versuchst du vor mir zu verbergen?«
    Alles.
    Sie schließt die Augen, und ich küsse sie, fahre mit der Zunge die Narbe an ihrer Unterlippe entlang, bis ich ihre Zunge finde.
    Beängstigend, wie sehr ich das brauche. Ash brauche. Sie schenkt mir Vergessen. Das Gefühl, dass ich nirgendwo anders bin als hier.
    Jeden Tag muss ich schauspielern. Allen vormachen, dass ich innerlich nicht zerstört bin. Als würde ich versuchen, eine Granate wieder zusammenzuflicken, nachdem sie explodiert ist. Da sind viel zu viele scharfkantige, verbogene kleine Splitter. Nichts wird je wieder so sein wie vorher.
    Aber wenn ich mit Ash zusammen bin, kann mir nichts etwas anhaben.
    »Hör auf, so viel zu denken«, murmelt sie zwischen zwei Küssen, als hätte sie meine Gedanken gelesen.
    Ganz recht. Weniger denken. Mehr schmecken.

dreizehn
    Der Heizkessel ist heute Nacht ausgetickt. Dad ist gerade im Keller und versucht, die totale Kernschmelze zu verhindern.
    Ein Schweißtropfen rinnt mir die Schläfe hinab. Ich wische ihn mit meinem T-Shirt-Ärmel weg. Ich sitze in meinem Zimmer am Schreibtisch, das Fenster weit offen. Eine Einladung an den Winter, die Hitze zu besiegen.
    Seit ich es aufgegeben habe, Frankenstein lesen zu wollen, versuche ich, mein Gehirn so zu verbiegen, dass es die Gedichte eines Typen namens Keats verstehen kann. Ich hab einen Aufsatz auf, der in drei Tagen fällig ist, noch vor den Weihnachtsferien - Keats, Leben und Werk. Aber... Mann, ich bräuchte dringend einen Übersetzer. Dieses Zitat, zum Beispiel... »Hier liegt einer, dessen Name ward in Wasser geschrieben.«
    Hä? Hey Mann, wenn du was zu sagen hast, dann sag’s einfach und gib mir keine Rätsel auf! Keats hat sich den Spruch für seinen Grabstein ausgedacht. Wahrscheinlich haben sie ihn deswegen umgelegt.
    Mein Aufsatz lautet bisher: Keats war... noch tausend Wörter von der Vollendung entfernt.
    Von unten hallt Geklopfe herauf. Dad hämmert schon die ganze Zeit auf die Rohre ein, also ignoriere ich es.

    »Danny!«, ruft eine Stimme. »Hey, Danny!«
    Das kommt von draußen. Ich lehne mich aus dem Fenster, der eisigen Nacht entgegen. In der Dunkelheit unter mir kann ich Pike gerade so erkennen.
    »Hey, kannst du mal aufhören, an dir rumzuspielen, und die Tür aufmachen?«
    »Was willst du?«
    Pike hält seine Thermoskanne hoch. »Leer. Ich brauch Nachschub. Hast du Kaffee da?«
    »Wir sind hier kein Starbucks.«
    »Na komm schon, wir frieren uns da draußen die Eier ab.« Pike deutet zur Hütte auf dem See, wohin er und Howie sich zum Nachtfischen verzogen haben.
    »Meinetwegen«, gebe ich nach. »Die Tür ist nicht abgeschlossen, komm hoch.« Ich gehe ihm auf dem Treppenabsatz entgegen. »Wo ist Howie?«
    »Passt auf die Angeln auf. Außerdem läuft gerade das Leafs -Spiel im Radio, das wollte er nicht verpassen. Und von seinem batteriebetriebenen Heizkissen wollte er auch nicht aufstehen.«
    Pike trägt wie üblich Army-Klamotten. Seine Lieblingsfarbe ist Tarnmuster.
    »Zieh die Stiefel aus«, sage ich. »Du machst mir sonst das ganze Haus dreckig.«
    »Ist ja die totale Sauna hier.« Pike kickt sich auf der Matte neben der Treppe die Stiefel von den Füßen.
    »Der Heizkessel ist durchgedreht. Dad arbeitet dran.« Wie aufs Stichwort dringen Dads Flüche über die Hintertreppe zu uns herauf, dicht gefolgt von weiterem Gehämmer.

    Die Küchenfenster stehen weit offen, um die Hitze rauszulassen.
    »Die Kaffeemaschine steht da drüben, Kaffee ist im Küchenschrank.«
    Pike stellt seine Thermoskanne auf den Tisch und späht dann in den Kühlschrank. »Howie braucht Zucker. Wie alt sind die Teile da eigentlich?« Er holt eine Donut-Schachtel raus.
    »So alt, dass ich schon gar nicht mehr wusste, dass wir sie haben.«
    »Schimmel ist jedenfalls noch keiner drauf. Wird schon gehen.«
    »Und, beißen die Fische da draußen?«
    »Hab ein paar Schwarze Crappies erwischt und einen passablen Barsch.« Pike lässt die Kaffeekanne voll Wasser laufen. »Das Licht der Laterne scheint die Viecher an die Oberfläche zu locken. Howie hat sich einen Köder aus verdorbenem Fleisch gebaut und hofft, damit einen Wels zu fangen. Sein ganz persönliches Rezept.«
    Er schaufelt Kaffeepulver in den Filter. »Schaust du dir gerade das Spiel an?«
    »Nein, ich hänge an dem Aufsatz fest.«
    »Meinen hat Howie gemacht. Ich musste ihm nur klarmachen, dass er ein paar Fehler einbauen soll und so. Mir würde doch kein Schwein glauben, dass ich

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