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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Wörter wie Symbolismus benutze.«
    Er hat die Kaffeemaschine gerade eingeschaltet, da höre ich plötzlich etwas, was wie ein Schrei klingt.
    Wir erstarren beide.
    »Hast du das auch gehört?«, frage ich.

    »Ja. Ist euer Fernseher an?«
    Ich schüttele den Kopf. Vielleicht hat Dad sich am Heizkessel verbrannt. Ich stürze die Treppe runter.
    »Wo...?«, sagt Pike.
    Ein weiterer Schrei lässt ihn verstummen. Mir stockt der Atem.
    Es kommt von draußen.
    Wir hasten zum Fenster, das zum See rausgeht. Durch die offene Tür der Angelhütte ergießt sich ein warmer Lichtschein aufs Eis und gibt den Blick auf etwas frei, was sich in den Schatten bewegt.
    Ein gedämpfter Schrei dringt an unsere Ohren.
    »Howie!«, kreischt Pike.
    Er stürzt die Treppe runter, springt in seine Stiefel und hetzt nach draußen. Ich bin ihm auf den Fersen und versuche, mir die Turnschuhe im Laufen anzuziehen.
    Dann bleibe ich kurz stehen. Soll ich Dad holen? Aber wozu? Ich stürme hinter Pike her in die Dunkelheit. Ich bin schon den halben schneebedeckten Weg zum Anleger runter, als mir klar wird, dass ich nur T-Shirt und Boxershorts trage. Aber wen juckt’s? Hier ist sowieso keiner.
    Pike rennt vor mir den Hauptsteg entlang, der knapp fünfzig Meter auf den See hinausgeht. Von dort sind es noch so an die sechzig Meter bis zu den Hütten.
    Ich rutsche den Hang runter und lande auf den Holzbohlen. Die Steglaternen beleuchten kleine Flecken Boden, der Rest bleibt der Nacht überlassen. Ich rase zu den Booten. Die Winterabdeckungen flattern und knacken im Wind.
    Ein Schrei durchschneidet die Finsternis. Dann bricht er
wie abgeschnitten ab und hinterlässt nur tödliche Stille. Selbst der Wind verstummt, als würde er den Atem anhalten.
    Dann bricht die Nacht plötzlich in einem Gebrüll tierischen Zorns auf, das die Planken unter meinen Füßen erbeben lässt. Ich halte mir die Ohren zu, aber das Brüllen geht mir durch Mark und Bein. Es ist hier!
    Ich will wegrennen. Aber ich kann mich nicht bewegen. Kann nicht atmen. Das Brüllen verklingt und ich sinke auf die Knie. Das Echo hallt im Inneren meiner Schädeldecke von einer Seite zur anderen.
    Pike rappelt sich auf. Die Schockwelle des Brüllens muss auch ihn umgeschmissen haben. Taumelnd schiebt er sich auf das Ende des Stegs zu. Am liebsten würde ich ihm zurufen, dass er umkehren und weglaufen soll, aber ich kann nur stumm zusehen, wie er die Leiter runterklettert und aufs Eis geht. Der Schweißfilm an meinem Rücken hat sich in eine Eisschicht verwandelt.
    »Danny!«, brüllt Pike außer Sicht.
    Zitternd stehe ich da und warte auf den Schrei, den Pike ausstoßen wird, wenn er sieht, was uns hier draußen auflauert.
    »Danny! Komm her!«
    Seine Stimme wird vom Wind zerfetzt. Ich blicke zurück zum Haus, ein warmer Schein strömt durch die offene Tür heraus. Aber zwischen mir und dem Haus klafft ein Ozean aus Dunkelheit. Die Haare an meinen nackten Beinen stehen mir zu Berge, und zwar nicht nur wegen der Kälte. Die Luft ist elektrisch aufgeladen.
    »Danny!«, ruft Pike.

    Ich löse mich aus meiner Starre und renne den Steg entlang, wobei ich die Schatten daraufhin absuche, ob sich darin etwas bewegt. An der Eisenleiter, die zum Eis hinunterführt, bleibe ich stehen. Pike kauert auf den Knien über Howie, der flach auf dem Eis liegt.
    »Er wacht nicht auf!«, schreit Pike. »Er ist total durchnässt und eiskalt. Muss eingebrochen sein. Hilf mir, wir müssen ihn von hier wegkriegen.« Er zerrt Howie zur untersten Leitersprosse. »Ich schiebe ihn hoch und du packst ihn unter den Achseln.«
    Ich gehe in die Hocke und strecke die Arme weit nach unten aus.
    »Hast du ihn?«, fragt Pike. »Okay, los geht’s.«
    Er schiebt, ich ziehe. So bewusstlos und mit den nassen Klamotten ist Howie schwer wie Blei. Ächzend falle ich auf den Hintern, als ich ihn über die Kante hochziehe und er auf mir landet.
    Sein Gesicht sieht in dem Zwielicht ganz grau aus. Atmet er überhaupt noch?
    Pike zerrt Howie von mir runter.
    Ich rappele mich gerade auf, als ich das Knurren wieder höre. Pikes Blick bohrt sich in meine Augen. Er denkt dasselbe wie ich.
    Wir sind nicht allein hier draußen.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragt er.
    Meine Stimme ist weg, ich kann nur den Kopf schütteln. Dann wirbele ich zur Leiter herum, aus Angst, etwas könnte uns nachgeklettert sein.
    Das tiefe Knurren flutet die Dunkelheit, umzingelt uns.

    Pike hat die Augen weit aufgerissen, aber die Panik, die mich erfasst hat, kann ich

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