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Knochenkälte

Titel: Knochenkälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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essen. »Mmmm. Überfahrener Waschbär.«
    »Also, wie lange musst du hier drin bleiben?«, fragt Ash.
    Howie bricht eine Rippe vom Schokoriegel ab und schiebt sie sich wie eine teure Zigarre unter der Nase hin und her. Dann beißt er aufseufzend rein.
    »Nur bis morgen. Sie wollen mich noch eine Nacht zur Beobachtung dabehalten. Sichergehen, dass ich nicht wieder in den Schockzustand zurückdrifte.«
    »Was ist letzte Nacht eigentlich passiert?«, fragt Ash. »Wolltest du mit den Eisbären schwimmen gehen oder was?«
    Howie sieht mich Hilfe suchend an.
    »Soll ich anfangen?«, frage ich.
    Er nickt und bricht behutsam eine zweite Schokorippe ab.
    »Womit anfangen?« Pike schaut zwischen mir und seinem Bruder hin und her. »Was ist hier eigentlich los?«
    »Was ziemlich Irres. Das nur zur Warnung vorneweg. Ash, dir hab ich einen Teil der Geschichte ja neulich schon erzählt. Das war aber die zensierte Version.« Ich hole einmal tief Luft. »Okay, dann hört mal zu. Wisst ihr noch, die Nacht, als Pike seinen Pyromanen-Drang an Fat Bills Haus ausgelassen hat?«
    Ich erzähle ihnen alles, angefangen mit Fat Bill und meinem Heimweg, nachdem Ash und ich uns damals verabschiedet hatten. Ich schreite das Zimmer auf und ab, sehe keinem in die
Augen. Ich beschreibe die Bestie, wohl wissend, wie irre das klingt. Aber ich rede weiter wie ein Wasserfall, um bloß nicht den Schwanz einzukneifen. Als ich am Schluss ankomme, wie ich nach dem Angriff im Graben zu Hause reinstürme, hab ich fast keinen Atem mehr.
    »Ich komm da nicht mit«, sagt Pike. »Wo ist die Pointe?«
    »Es gibt keine Pointe. Das war kein Witz.«
    Er stellt das Tablett auf den Beistelltisch. »Was zum Teufel hast du in der Nacht geraucht? Kann ich auch was davon abhaben?«
    Ich schaue zu Ash hin, aber ihr Blick verrät nichts. »Was hat das damit zu tun, dass Howie ins Eis eingebrochen ist?«
    Ich reiche das Wort mit einer Handbewegung an Howie weiter.
    »Ich...« Howie kratzt sich an dem Punkt an seinem Hals. »Ich hab’s auch gesehen. Ich meine, das Ding, das Danny angegriffen hat. Es hat auch mich da auf dem Eis angegriffen.«
    Er windet sich unter den Blicken, die auf ihn gerichtet sind. Mir hat er vorhin alles in Kurzform erzählt, als wir unsere Geschichten verglichen haben, aber jetzt hat er mächtig daran zu kauen.
    »Fang ganz vorne an«, sage ich. »Als Pike dich in der Hütte zurückgelassen hat, um sich bei uns frischen Kaffee zu holen.«
    »Ja. Also. Ich bin dageblieben, um auf die Angeln aufzupassen. Wir waren gut dabei, die Fische bissen ganz ordentlich.«
    Er erzählt seine Geschichte langsam, als wollte er die unangenehmen Teile möglichst lange hinausschieben. Selbst hier in Sicherheit, bei helllichtem Tag und in Gegenwart von uns
dreien, wird er ganz zittrig, als er in Gedanken alles noch mal durchlebt.
    Als Pike weg war, setzte sich Howie auf die kleine Holzbank, die in der Hütte stand, und hörte im Radio die Liveübertragung der kanadischen Hockeymeisterschaften. Er starrte in das schwarze Loch, das neben seinen Füßen in den Eisboden geschnitten war, als er den Schlag spürte.
    »Ich dachte, da wäre einer mit einem Schneemobil in die Hütte gekracht. Das ganze Ding hat gewackelt. Und dann dachte ich, Pike spielt mir vielleicht einen Streich.«
    Also stand Howie auf, um durch die Tür rauszuschauen. Und sah aus dem Augenwinkel, wie etwas aus dem Angelloch herausschoss. Er dachte erst, es wäre ein Fisch. Aber dann sah er, wie groß es war, und es war eindeutig kein Fisch. In dem schwachen Licht der Lampe, die von der Decke hing, konnte er es erst erkennen, als es anfing, sich zu bewegen. Da sah er die Krallen, die sich ins Eis bohrten. Und ihm wurde klar, dass das Ding zu irgendwas unter dem Eis gehörte. Es war eine riesige Pranke.
    »Größer als die von einem Eisbären. Viel größer.« Er hält die Hände fast einen Meter auseinander. »Und kein Fell dran. Nur so eine blasse Lederhaut.«
    Howie wich den riesigen Krallen aus, die übers Eis schürften und dabei tiefe Rillen hinterließen. Wie vom Donner gerührt, starrte er darauf, entsetzt und fasziniert zugleich. Er wusste, dass der Körper, zu dem die Pranke gehörte, nicht durch das Loch im Eis passen würde. Aber er bemerkte viel zu spät, was die Bestie vorhatte. Nämlich das Loch größer zu machen.
    Plötzlich gab das Eis nach. Ein Stück, so groß wie die Tür der Hütte, fiel ins Wasser und ließ im restlichen Boden lange
Risse entstehen. Howie sprang auf die Bank und sah

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