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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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fotografierte. Danach lagen die Elle, zwei Handknochen, ein Fußknochen, drei Rippen und ein Brillengestell auf dem Laken.
    Nachdem ich Mario Anweisungen gegeben hatte, kehrte ich zur südöstlichen Ecke zurück und begann, jeden Millimeter des oben treibenden Schaums abzutasten, so weit ich reichen konnte. Mario machte es mir auf der anderen Seite nach.
    In vierzig Minuten hatten wir die gesamte obere Schicht abgesucht. Nun lagen zusätzlich noch zwei Rippen und eine Kniescheibe auf dem Laken.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als Mario und ich zum Ende kamen. Alle waren sich einig: Das Mittagessen fiel aus. Xicay ging zum Pumpenwagen, und Augenblicke später rollte dieser durch die Öffnung im hinteren Zaun.
    Während der Fahrer seine Geräte vorbereitete, schaute ich über die Schulter zu Díaz. Der Staatsanwalt hielt weiterhin Wacht, seine Brillengläser funkelten im gesprenkelten Sonnenlicht wie rosa Diamanten. Er kam nicht herüber.
    Fünf Minuten später rief Xicay.
    »Fertig?«
    »Los.«
    Wieder sprang ein Motor an. Ich hörte ein Saugen, sah Blasen in der schlammigen, schwarzen Flüssigkeit.
    Galiano stand mit verschränkten Armen neben mir, den Blick starr auf den Tank gerichtet. Hernández bezog einen sicheren Beobachtungsposten neben dem Ausrüstungskoffer. Die Seranos schauten von ihrer Couch aus zu, die Gesichter bleich wie Haferschleim.
    Langsam senkte sich der Flüssigkeitspegel. Drei Zentimeter, acht, achtzehn.
    Ungefähr sechzig Zentimeter vom Tankboden entfernt tauchte eine Schlammschicht auf, deren Oberfläche mit allem möglichen Unrat bestreut war. Die Pumpe stoppte, und der Maschinist sah mich an.
    Ich zeigte Mario, wie er mit einem langstieligen Netz umgehen musste. Mit gleichmäßigen Zügen trug er den Schlamm ab und warf ihn mir in feuchten Klumpen vor die Füße. Ich stocherte darin herum und fischte Beute heraus.
    Ein blumengemustertes Hemd, das Rippen, Wirbel, ein Brustbein enthielt. Fußknochen in Socken in Schuhen. Oberschenkelknochen. Ein Oberarmknochen. Eine Speiche. Ein Becken. Jeder Knochen war mit fauligem Gewebe und organischem Abfall bedeckt.
    Mit Übelkeit kämpfend, kratzte ich alles sauber und arrangierte es auf dem Laken. Xicay hielt den Vorgang auf Video fest. Da mir zu übel war für eine genauere Untersuchung, erstellte ich anhand der Knochen lediglich ein Skelettinventar. Die umfassende Analyse würde ich erst nach dem Säubern durchführen.
    Als Mario mit dem Netz herausgefischt hatte, was er konnte, ging ich zum Rand des Tanks und setzte mich darauf.
    Galiano kam zu mir.
    »Sie wollen da reinsteigen?« Es war eigentlich gar keine Frage.
    Ich nickte.
    »Können wir die restliche Scheiße nicht einfach mit einem Hochdruckschlauch ablösen und alles absaugen?«
    Ich schob die Maske zur Seite, um antworten zu können.
    »Nachdem ich den Schädel gefunden habe.«
    Ich schob mir die Maske wieder vors Gesicht, drehte mich auf den Bauch und ließ mich in den Tank sinken. Mit leisem Platschen berührten meine Sohlen den Schlamm. Schleim wanderte meine Schienbeine hoch. Der Gestank hüllte mich ein.
    Meine Schritte fühlten sich an wie Waten durch genau das, was es war, ein Gebräu aus menschlichen Ausscheidungen und mikrobischem Dung. Wieder spürte ich das Zittern unter der Zunge, schmeckte Galle.
    In der südöstlichen Ecke streckte ich die Hand aus, und Mario gab mir eine lange, dünne Stange. So flach wie irgend möglich atmend, begann ich nun, den Tank systematisch abzusuchen. Stück für Stück ging ich seitwärts, stocherte, machte noch einen Schritt, stocherte wieder. Vier Augenpaare folgten meinen Bewegungen.
    Beim vierten Durchgang ertastete ich etwas an der Öffnung des Rohrs, in dem auch die Jeans gesteckt hatte. Ich reichte die Stange nach oben, schluckte, holte einmal tief Atem und grub meine Hände in den Schlamm.
    Das Objekt war etwa so groß wie ein Volleyball. Es lag auf dem Tankboden, seine Oberseite befand sich etwa dreißig Zentimeter tief im Schlamm. Trotz der Übelkeit beschleunigte sich mein Puls.
    Behutsam tastete ich meinen Fund ab, meine behandschuhten Finger lasen die Schrift der Anatomie.
    Eiförmige Wölbung. Zwei durch einen spitz zulaufenden Steg getrennte Höhlungen. Starre Bänder, die seitlich von einer länglichen Öffnung wegschwangen.
    Der Schädel!
    Vorsicht, Brennan.
    Ohne auf meine revoltierenden Eingeweide zu achten, bückte ich mich, nahm die Hirnschale in beide Hände und zog. Doch der Schlamm wollte seine Beute nicht

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