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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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an Díaz.
    »Seien Sie vorsichtig, Señor. Seien Sie sehr vorsichtig.« Er sagte es mit einem langsamen, stetigen Ablassen der Luft aus seinem Zwerchfell. »¡ No me jodas! « Verarschen Sie mich nicht.
    Mit einer knappen Handbewegung winkte er mich von dem Leichensack weg. Ich richtete mich auf, trat einen Schritt zurück, dann wieder vor, kniete mich neben das Skelett und schaute mir den Schädel eingehend an. Díaz machte einen halben Schritt und wollte etwas sagen, verkniff es sich dann aber und wartete, bis ich wieder aufgestanden war.
    Lucas kam herbei und warf einen flüchtigen Blick auf das Arrangement in dem Leichensack. Dann zog er, offensichtlich zufrieden, ein Paar Handschuhe aus der Tasche, schlug das Laken zusammen und zog den Reißverschluss zu. Als er wieder aufstand, wirkte seine Miene leicht verunsichert.
    Díaz verließ den Hof und kehrte mit zwei Männern in grauen Overalls mit der Aufschrift »Morgue Del Organismo Judicial« auf dem Rücken zurück. Die beiden brachten eine rollbare Trage mit hochgeklappten Beinen.
    Unter Lucas’ Aufsicht hoben die Männer den Leichensack an den Ecken an, legten ihn auf die Trage und verschwanden in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    Díaz versuchte noch einmal, die Vollmacht zu übergeben, doch Galiano hielt die Arme vor der Brust verschränkt.
    Díaz kam zu mir, peinlich bemüht, den Tank nicht anzusehen. Seufzend hielt er mir das Dokument hin.
    Als ich die Hand ausstreckte, um es entgegenzunehmen, traf mein Blick den Galianos. Er schob die Unterlippe vor und hob fast unmerklich das Kinn. Ich verstand.
    Ohne ein weiteres Wort verließen Díaz und Lucas den Hof.
    Galiano sah seinen Partner an. Hernández sammelte bereits die Tüten mit den Kleidungsstücken ein.
    »Wie viel ist da noch drin?« Galiano nickte in Richtung des Tankwagens.
    Der Maschinist zuckte die Achseln, wedelte dann mit der Hand. »Dreißig, vielleicht vierzig Liter.«
    »Bringen Sie es zu Ende.«
    Doch im Sieb tauchte nichts mehr auf. Ich drückte mir eben den letzten Rest des Schlamms durch die Finger, als Galiano sich neben mich stellte.
    »Schlechter Tag für die guten Jungs.«
    »Sollte der Bezirksstaatsanwalt nicht eigentlich auch ein guter Junge sein?«
    »Die blöde kleine Ratte hat nicht mal an die Klamotten gedacht.«
    Mir war zu übel, um etwas zu erwidern.
    »Passt es ins Profil?«
    Ich hob fragend die Augenbrauen.
    »Das Skelett. Entspricht es der Beschreibung von einem unserer vermissten Mädchen?«
    Ich zögerte, denn ich war wütend auf mich selbst, weil ich die Knochen nicht gründlicher untersucht hatte, und wütend auf Galiano, weil er sie sich hatte wegnehmen lassen.
    »Ja und nein.«
    »Sie werden es herausfinden, wenn Sie es untersuchen.«
    »Werde ich das tun?«
    »Ich werde am Ende Sieger bleiben«, sagte er und starrte den leeren Tank an.
    Ich fragte mich, wer dann der Verlierer sein würde.

5
    An diesem Abend badete ich fast eine Stunde lang in Tahitian-Vanilla-Schaum. Dann wärmte ich Pizzaecken in der Mikrowelle auf und holte mir eine Orangenlimonade aus dem Minikühlschrank. Snickers und einen Apfel als Nachspeise. Hotelzimmer-Cuisine.
    Während ich aß, blähte sich der Vorhang vor meinem Fenster in einer halbherzigen Brise. Die metallene Zugkette klapperte gegen den Rahmen. Drei Etagen unter mir rumpelte und hupte der Verkehr. An der Decke surrte ein Ventilator. Auf der Leinwand in meinem Schädel wechselten die Bilder dieses Tages von scharf zu unscharf wie in einem schlechten Amateurfilm.
    Nachdem ich den Pizzakarton, einen Pappteller, eine Plastikgabel und die leere Limodose in den Abfall geworfen hatte, rief ich Mateo an. Er berichtete mir, dass Molly noch immer im Koma lag.
    Seine Worte brachten mein mühsam aufrechterhaltenes seelisches Gleichgewicht ins Wanken. Plötzlich war ich nicht mehr nur erschöpft. Ich wollte mich einfach nur ins Bett legen, mein Gesicht im Kissen vergraben und weinen. Ich war überwältigt von Sorge und Bangen um meine Freundin.
    Stattdessen wechselte ich das Thema.
    Mateo war empört, als ich ihm von Díaz erzählte, und meinte, ich müsse unbedingt an dem Fall weiterarbeiten. Ich stimmte ihm zu, versprach aber, am Samstag in sein Labor zu kommen.
    In den nächsten zwanzig Minuten notierte ich mir eine detaillierte Chronologie der Ereignisse im Paraíso. Dann wusch ich Slips im Waschbecken.
    Zähne. Handcreme. Oil of Olaz. Sit-ups.
    Ich schaltete CNN ein. Ein Sprecher verlas mit ernstem Gesicht die Nachrichten: Fußball,

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