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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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preisgeben.
    Frustriert schaufelte ich Schlamm mit den Händen weg. Als ich einen Teil des Scheitelbeins erkennen konnte, umklammerte ich den Schädel noch einmal und versuchte, ihn abwechselnd in beide Richtungen zu drehen.
    Nichts rührte sich.
    Verdammt!
    Obwohl ich dem Drang, einfach zu reißen, kaum noch widerstehen konnte, machte ich mit den sanft drehenden Bewegungen weiter. Im Uhrzeigersinn. Dagegen. Uhrzeigersinn. In meinem Overall lief mir der Schweiß heiß an den Flanken herab.
    Noch zwei Drehungen. Dann löste sich der Sog, und der Schädel lockerte sich.
    Ich schob den Schlamm beiseite, so gut es ging, umklammerte den Schädel wieder und zog behutsam an. Der Schädel kam langsam hoch und löste sich mit einem Schmatzen aus dem Schlamm. Mit pochendem Herzen hielt ich ihn in beiden Händen. Feuchter brauner Schleim verstopfte die Augenhöhlen und bedeckte die Oberfläche.
    Aber ich sah genug.
    Wortlos gab ich Mario den Schädel, griff seine gummiumhüllte Hand und kletterte aus dem Tank. Mario legte den Schädel auf den Leichensack und nahm einen der beiden Sprühtanks zur Hand. Nachdem er mich mit Bleichlösung abgespritzt hatte, besprühte er mich noch einmal mit klarem Wasser.
    »Die Firma Abflussfrei hat angerufen, um Ihnen einen Job anzubieten.« Galiano.
    Ich nahm die Maske ab.
    »Wow, tolle Hautfarbe. Gallegrün.«
    Als ich zum Ausrüstungskoffer ging, um mir einen neuen Overall zu holen, merkte ich, dass ich zitterte.
    Nun taten wir, was Galiano vorgeschlagen hatte. Ein Hochdruckschlauch löste den Schlamm und verdünnte ihn, der Pumpenwagen saugte die Flüssigkeit ab. Dann wurde die Pumpe umgeschaltet, und wir ließen über dreizehntausend Liter Flüssigkeit durch ein Viertelzoll-Sieb laufen. Mario zerkrümelte die Brocken und pflückte die Kakerlaken heraus. Ich untersuchte jedes Fragment und jedes Stückchen Unrat.
    Irgendwann in dieser Zeit verschwand Díaz. Ich hatte ihn zwar nicht gehen sehen, aber als ich einmal den Kopf hob, war die rosa Brille verschwunden.
     
    Der Tag ging schon in Dämmerung über, als wir den letzten Flüssigkeitsrest durch das Sieb gossen. Bluse, Schuhe, Socken, Unterwäsche und Plastikspange lagen in Klarsichtbeuteln neben dem Ausrüstungskoffer. Ein Skelett lag auf dem weißen Laken, nun komplett bis auf das Zungenbein, ein Schienbein, einige Hand- und Fußknochen, zwei Wirbel und vier Rippen. In Schädel und Unterkiefer fehlten insgesamt acht der Vorderzähne.
    Ich hatte jeden Knochen identifiziert, in rechts und links unterschieden und notiert, mir Sicherheit verschafft, dass es sich nur um ein Individuum handelte und festgestellt, was fehlte. Um eine genauere Untersuchung durchzuführen, war mir zu übel. Obwohl mein flüchtiger Blick auf den Schädel mir Unbehagen bereitete, hatte ich beschlossen, Galiano nichts zu sagen, bis ich mir sicher war.
    Ich inventarisierte eben eine Rippe, als Díaz wieder auftauchte, gefolgt von einem Mann in einem beigen Anzug. Er hatte fettige blonde Haare, eine schlechte Haut, und er wog weniger als ich.
    Díaz und der Mann begutachteten den Hinterhof, unterhielten sich kurz und gingen dann zu Galiano.
    Der Neuankömmling ergriff das Wort.
    »Ich bin hier im Auftrag des Bezirksstaatsanwalts.« Der Kerl war so dürr, dass die Gelenke knubbelig hervortraten, und sah aus wie ein Bub im Anzug seines Vaters.
    »Und Sie sind?« Galiano nahm seine Sonnenbrille ab und klappte sie zusammen.
    »Dr. Hector Lucas. Ich nehme die hier gefundenen Überreste in meinen Besitz.«
    »Einen Teufel werden Sie tun«, erwiderte Galiano.
    Lucas sah auf seine Uhr, dann zu Díaz.
    Díaz zog ein Papier aus einer Aktenmappe.
    »Diese Vollmacht hier besagt, dass er es tut. Packen Sie alles für den Transport in die Zentrale Leichenhalle zusammen.«
    In Galianos Körper rührte sich kein Muskel.
    Díaz hob das Dokument auf Augenhöhe. Galiano ignorierte es.
    Díaz drückte sich gefärbte Gläser auf die Nase. Alles andere blieb wie erstarrt. Hinter mir hörte ich Bewegungen, dann wurde die Pumpe abgeschaltet.
    »Nun, Detective.« Díaz’ Stimme klang laut in der plötzlichen Stille.
    Eine Sekunde verging. Zehn. Eine ganze Minute.
    Galiano starrte noch immer Díaz an, als sein Handy schrillte. Nach dem vierten Klingeln schaltete er es ein, nahm den Blick aber nicht von Díaz.
    »Galiano.«
    Mit verkniffenem Gesicht hörte er zu und sagte dann nur einen Satz.
    » ¡Eso es una mierda! « So eine Scheiße!
    Galiano steckte das Handy in die Tasche und wandte sich

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