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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Wachstumszonen auf verschiedenen langen Knochen stützten die Altersschätzung anhand der Elle.
    Xicay hatte mindestens ein halbes Dutzend Aufnahmen des Beckens gemacht. Bindegewebe hielt die drei Teile zusammen, sodass ich einen herzförmigen Beckeneingang erkennen konnte. Die Schambeine waren lang und trafen sich in einem stumpfen subpubischen Winkel.
    Ich suchte mir die Seitenansichten heraus.
    Breite, flache Incisura ischiadica.
    »Weiblich«, sagte ich zu niemandem im Besonderen.
    »Zeigen Sie’s mir.« Galiano kam wieder an meinen Tisch.
    Ich breitete die Fotos aus und erklärte ihm jedes Detail. Galiano hörte schweigend zu.
    Als ich die Fotos wieder zusammenschob, fiel mein Blick auf mehrere merkwürdig geformte Partikel auf der Bauchseite der rechten Darmbeinschaufel. Ich zog das Foto zu mir und hob und senkte die Lupe darüber. Galiano schaute mir zu.
    Zahnfragmente? Vegetation? Kies? Die winzigen Teilchen sahen irgendwie vertraut aus, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte sie nicht identifizieren.
    »Was ist das?«, fragte Galiano.
    »Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht nur Unrat.«
    Ich steckte die Fotos wieder in den Umschlag und nahm mir den nächsten Satz Fotos vor.
    Fußknochen. Handknochen. Rippen.
    Der Piepser rief Galiano in sein Büro. Die beiden Detectives arbeiteten weiter an ihren Pinnwänden.
    Brustbein. Wirbel.
    Galiano kam zurück.
    »Wo zum Teufel ist Hernández?«
    Keine Antwort. Ich stellte mir vor, dass hinter mir zwei Männer mit den Achseln zuckten.
    Der Rücken tat mir weh. Ich hob die Arme, streckte den Rücken durch und beugte mich nach links und rechts.
    Als ich mich wieder an die Fotos machte, ein Wunder.
    Während der Leerung des Tanks hatte Xicay sich offenbar noch einmal den Schädel vorgenommen. Der letzte Stapel zeigte Ansichten von oben, von unten, von der Seite und von vorne, die aus nur knapp einem halben Meter Entfernung aufgenommen worden waren. Trotz des Schlamms konnte ich viel erkennen.
    »Die da sind gut.«
    Galiano war sofort neben mir. Ich zeigte ihm die Charakteristika der Frontansicht.
    »Runde Augenhöhlen, breite Wangen.«
    Ich nahm mir eine Aufnahme der Schädelbasis vor und zeigte ihm die Jochbeine.
    »Sehen Sie, wie die Wangenknochen sich verbreitern?«
    Galiano nickte.
    »Der Schädel ist kurz von hinten nach vorn, breit von einer Seite zur anderen.«
    »Irgendwie kugelförmig.«
    »Schön formuliert.« Ich tippte auf den oberen Gaumen. »Parabolische Form. Schade, dass die vorderen Zähne fehlen.«
    »Warum?«
    »Schaufelförmige Zähne können ein Hinweis auf die Rasse sein.«
    »Schaufelförmig?«
    »Konkaver Schmelz auf der Zungenseite mit erhöhtem Rand. Wie eine Schaufel eben.«
    Ich wandte mich einer Seitenansicht zu und bemerkte ein flaches Nasenbein und ein gerades Gesichtsprofil.
    »Was denken Sie?«
    »Mongoloid«, sagte ich, dachte an meinen letzten flüchtigen Blick auf den Schädel vor Ort und brachte diese Eindrücke mit den Fotos vor mir in Verbindung.
    Er sah mich verständnislos an.
    »Asiatisch.«
    »Chinesisch, japanisch, vietnamesisch?«
    »Das alles. Oder jemand, dessen Vorfahren aus Asien kamen. Amerikanische Eingeborene –«
    »Meinen Sie alte Indianerknochen?«
    »Auf keinen Fall. Das Zeug stammt aus jüngster Zeit.«
    Er überlegte einen Augenblick und fragte dann:
    »Wurden die Vorderzähne ausgeschlagen?«
    Ich wusste, woran er dachte. Zähne werden oft zerstört, um eine Identifikation zu erschweren. Das war hier nicht der Fall.
    »Schneidezähne haben nur eine Wurzel. Wenn das weiche Gewebe verwest, ist nichts mehr da, was sie hält. Wahrscheinlich sind ihre einfach ausgefallen.«
    »Und kamen wohin?«
    »Sie könnten durch das Filtersystem gespült worden sein. Oder sie sind noch irgendwo im Tank verkeilt.«
    »Würden die uns weiterhelfen?«
    »Natürlich. Was wir hier sehen, gibt uns ja nur vage Hinweise.« Ich deutete auf das Foto.
    »Und wer ist die Fremde in dem Faultank?«
    »Weiblich, wahrscheinlich knapp unter zwanzig, möglicherweise mongoloider Abstammung.«
    Ich sah, wie hinter den Guernsey-Augen Neuronen feuerten.
    »Die meisten Guatemalteken haben mongoloide Züge, nicht?«
    »Viele«, entgegnete ich.
    »Aber nur ganz wenige Kanadier.«
    »Eingeborene, asiatische Immigranten, deren Nachkommen.«
    Galiano schwieg eine ganze Weile. Dann:
    »Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass wir hier nicht Chantale Specter vor uns sehen.«
    Ich wollte eben antworten, als Hernández seinen Rollwagen ins Zimmer

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