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Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Knochenlese: 5. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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dieses Gesicht fertig machen.«
    »Das kann ich doch machen, Dr. Brennan.« Lucien klang wie ein eifriger Junior auf der Ersatzbank.
    Anscheinend machte ich ein skeptisches Gesicht.
    »Lassen Sie’s mich versuchen.« Bitte, Trainer, schick mich auf den Platz.
    Warum nicht? Wenn Luciens Rekonstruktion nichts taugen sollte, konnte ich immer noch meine eigene machen.
    »Okay. Machen Sie eine Frontalansicht. Aber erzwingen Sie nichts bei den Gesichtszügen. Achten Sie darauf, dass sie zur Knochenarchitektur passen.«
    »Allons-y«, sagte Ryan.
    »Allons-y.« Gehen wir.
    Das St. Malo war ein winziges Hotel an der du Fort, ungefähr sechs Blocks östlich des Pepsi-Forums.
    Der Besitzer war ein großer, knochendürrer Mann mit einem wandernden linken Auge und einer Hautfarbe von altem Tee. Obwohl er über unseren Besuch nicht gerade begeistert war, brachte ihn Ryans Marke doch dazu, das Richtige zu tun.
    Nordsterns Zimmer hatte die Größe einer Zelle und ein entsprechendes Ambiente. Sauber, funktional, kein Schnickschnack. In drei Sekunden hatte ich eine Bestandsaufnahme gemacht.
    Eisenbett. Abgenutzter Kleiderschrank. Abgenutzte Kommode. Die obligatorische Bibel. Kein einziger persönlicher Gegenstand. Nichts im Schrank oder in den Schubladen.
    Das Bad wirkte ein wenig benutzter. Zahnbürste. Rasierpinsel. Einwegrasierer. Gillette Cool Wave für empfindliche Haut. Dippity Do Sportgel. Hotelseife.
    »Kein Shampoo«, bemerkte ich, als Ryan den Duschvorhang mit seinem Kuli zur Seite schob.
    »Du brauchst kein Shampoo, hast du Dippity Do.«
    Wir kehrten ins Schlafzimmer zurück.
    »Der Kerl reiste mit leichtem Gepäck«, sagte Ryan und zog eine Eishockeytasche unter dem Bett hervor.
    »Raffiniert war er allerdings schon. Wusste sich den Eingeborenen anzupassen.«
    »Das ist eine Sporttasche.«
    »Eine Eishockey tasche«, betonte ich.
    »Na und? Die National Hockey League hat südlich der Grenze vierundzwanzig Teams.«
    »Eishockey hat aber den amerikanischen Modegeschmack nicht verdorben.«
    »Wie auch? Deine Leute tragen ja schon Footballhelme und Schaumstoff-Finger.«
    »Machst du die Tasche jetzt auf?«
    Ich sah zu, wie Ryan mehrere Hemden und eine Khakihose herauszog.
    »Gehörte zur Boxerfraktion.«
    Mit Daumen und Zeigefinger holte er die Shorts heraus, griff dann tiefer hinein und zog einen Pass heraus.
    »Amerikaner.«
    »Lass mal sehen.«
    Ryan schlug ihn auf und gab ihn mir.
    Nordstern hatte, was seine Frisur betraf, keinen guten Tag gehabt, als das Foto aufgenommen wurde. Er sah auch aus, als hätte er nicht viel geschlafen. Sein Gesicht war blass, und die Haut unter den Augen sah dunkel und aufgequollen aus.
    Wieder empfand ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte Nordstern zwar nicht gemocht, aber ein solches Ende hätte ich ihm nie gewünscht. Ich sah mir seine Habseligkeiten an, Bruchstücke eines zerschellten Lebens. Ich fragte mich, ob Nordstern eine Frau oder Freundin hatte. Wer würde sie von seinem Tod benachrichtigen?
    »Muss den Pass beantragt haben, bevor er Dippity Do für sich entdeckte«, sagte Ryan.
    »Der wurde letztes Jahr ausgestellt.« Ich las weiter. »Nordstern wurde am 17. Juli 1966 in Chicago geboren. Mein Gott, ich dachte, er wäre Mitte zwanzig.«
    »Das ist das Gel. Macht Jahre jünger.«
    Ryan nahm Nordsterns Tod nicht wirklich auf die leichte Schulter. Seine typischen Polizistensprüche sollten nur die Spannung lösen. Ich tat so etwas selbst. Allmählich aber ging mir diese Schnodderigkeit auf den Geist.
    Ryan zog vier Bücher heraus. Ich kannte sie alle. Guatemala: Getting Away with Murder, Les Massacres en Rabinal, State Violence in Guatemala: 1960-1999; Guatemala: Never Again.
    »Vielleicht hat Nordstern tatsächlich über Menschenrechtler recherchiert«, sagte ich.
    Ryan öffnete eine Reißverschlusstasche.
    »Aber hallo.«
    Er fischte ein Flugticket, einen Schlüssel und einen Spiralblock heraus. Ich wartete, während Ryan das Ticket las.
    »Ist letzten Donnerstag mit American Airlines nach Montreal geflogen.«
    »Die Zwölf-Siebenundfünfzig über Miami?«
    »Ja.«
    »Das ist die Maschine, mit der Mrs. Specter und ich geflogen sind.«
    »Du hast ihn nicht gesehen?«
    »Wir saßen ganz vorne, stiegen als Letzte ein und als Erste aus. Beim Zwischenstopp gingen wir in die VIP-Lounge.«
    »Vielleicht hat Nordstern ja dich verfolgt.«
    »Oder die Frau des Botschafters.«
    »Gutes Argument.«
    »Rückflugticket?«
    Ryan nickte. »Termin offen.«
    Während Ryan den Schlüssel

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