Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
Selena hatte, aber seine aufbrausende Art kann zu allem Möglichen führen.«
Er überprüfte, ob Marc irgendwelche Vorstrafen hatte. »Sauber. Also sollten wir vielleicht seiner Intuition trauen und einfach mal annehmen, dass die Vanders die fünfzig Riesen pro Jahr für mehr als nur Klavierunterricht geblecht haben.«
»Bei einem Jungen, der ein Wunderkind ist, sollte man doch meinen, dass die Eltern einen berühmten Lehrer engagieren statt einer darbenden Musikerin, die ihre klassische Ausbildung abgebrochen hat. Anderseits gäbe es für Selena keine bessere Tarnung.«
»Erst die Tasten kitzeln, dann Papa und Mama kitzeln.« »Das würde auch Travis Hucks hyperaktive Schweißdrüsen erklären. Desgleichen die Mauer, auf die Reed gestoßen ist, als er mit den Vermögensverwaltern der Vanders sprechen
wollte. Und die Vanders sind zufällig auf Reisen, als Selena tot aufgefunden wird.«
»Das Leben der Reichen und Lüsternen«, sagte Milo. »Marc Green könnte einer dieser miesepetrigen Klassenkämpfer sein, aber deswegen muss er nicht falschliegen.«
Er rieb sich das Gesicht. »Dieses Haus, am Ende der Straße, geschlossenes Tor, weit und breit keine Nachbarn in Sicht - der ideale Ort für interessante Soirees. Selena hat Marc erzählt, dass sie auf das Geld stand. Was ist, wenn sie Prämien für Auftritte gekriegt hat, bei denen es nicht um Musik ging, dabei irgendwas gesehen hat und deshalb aussteigen wollte.«
»Oder sie hat buchstäblich jemandem gedroht.«
»Erpressung?«
»Große Geheimnisse, großes Geld.«
»Yeah, das ist das Rezept.«
»Andererseits konnte es auch auf etwas weitaus Ernüchternderes hinauslaufen«, wandte ich ein.
»Und zwar?«
»Sie hatte das Verfallsdatum erreicht und wurde abserviert. Was auch die Verbindung zu Sheralyn Dawkins sein könnte. Vielleicht sogar zu den anderen unbekannten Toten, wenn sie ihren Lebensunterhalt ebenfalls mit käuflichem Sex verdient haben.«
»Benutzt und weggeworfen.«
»Die Swingerszene lebt von Frischfleisch«, sagte ich. »Übersättigung ist der große Abtörner. Prossies engagieren hat eine Zeitlang funktioniert. Dann kam Selena daher, die nach außen hin so unschuldig wirkte. Das hat die ganze Sache einen Zacken schärfer gemacht.«
»Vielleicht nicht nur nach außen«, wandte Milo ein. »Vielleicht war sie tatsächlich züchtig. Überleg doch mal: Mit sechsundzwanzig hatte sie noch nie was laufen, bis sie an die
falschen Leute geraten ist. Hältst du das trotz dieser jahrelangen Clubauftritte für möglich?«
»Möglich ist alles«, sagte ich. »Deshalb ist unser Job ja so interessant.«
Ein Anruf bei der Krypta ergab, dass Selena Bass’ Autopsie in drei Tagen stattfinden sollte. Milos Schmeicheleinheiten, mit denen er sich vordrängen wollte, brachten ihm ein vages Vielleicht ein. Kaum hatte er aufgelegt, meldete sich Henry Weinberg, der stellvertretende Polizeichef, und wollte wissen, wann er sich wegen der Marschmorde an die Öffentlichkeit zu wenden gedenke.
»Bald«, sagte Milo, saß dann eine ganze Zeitlang da und hörte teilnahmslos zu.
Als er auflegte, sagte ich: »Lass mich raten: Sofort ist weitaus besser als bald.«
»Der Boss hat den Text schreiben und gegenlesen lassen, so dass er in voller Ernsthaftigkeit vorgetragen werden kann. Die gottverdammten Federfuchser lieben Pressekonferenzen, weil sie dabei so tun können, als ob sie wirklich arbeiten.«
»Auch auf die Gefahr hin, mäkelig zu wirken«, sagte ich, »aber bei gleich zwei unbekannten Opfern könnten die Medien ganz nützlich sein.«
»Mit den Medien verhält es sich wie mit einer Penicillinspritze, Alex. Man kriegt Dünnpfiff davon, aber bei kleiner Dosis sind sie manchmal ganz nützlich. Das ist immer ein zweischneidiges Schwert: Gibt man zu viel preis, schwadronieren die Leute. Mal sehn, ob unsere Knochensammlerinnen schon was vorliegen haben.«
Eleanor Hargrove war in der Marsch. Sämtliche Knochen waren geborgen und etikettiert und wurden gerade für den Transport ins Labor vorbereitet. Sie vermutete, dass nur wenige weitere Erkenntnisse zu erwarten waren, obwohl die
unbekannte Tote Nummer drei ein »interessantes Zahnbild« habe.
»Inwiefern interessant?«, fragte Milo.
»Bei zwei Eckzähnen handelt es sich noch um die Milchzähne, und sie ist ohne Weisheitszähne geboren. Anhand zahnärztlicher Unterlagen sollte sie im Nu zu identifizieren sein.«
Er dankte ihr, rief Moe Reed an, bestätigte, dass der junge Detective morgen nach San Diego
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