Knochensplitter - Ein Alex-Delaware-Roman
Einbrüche zu der Zeit liefern, vor allem in Hollywood und Silverlake. Ich übernehme das, Moses, Sie arbeiten weiter an den Verkehrsverbindungen und nehmen telefonische Hinweise entgegen.«
»Wird gemacht.«
»Huck hat damals angegeben, dass er das Baby zum Krankenhaus getragen hat«, gab ich zu bedenken, »wenn das stimmt, hatte er kein Auto. Das könnte bedeuten, dass seine Unterkunft nicht weit von der Stelle entfernt war, wo er es gefunden hat.«
Reed sagte: »Er treibt sich zu seinem Vergnügen am Boulevard rum und verkriecht sich in irgendein Loch in den Bergen.«
»Könnte sein«, meinte Milo, »aber am Boulevard brauchen Sie gar nicht erst rumzufragen. Da ist niemand mehr, der vor zehn Jahren da war. Bei der Wohngegend könnte es anders aussehen. Wenn wir dorthin gehen, wo das Baby gefunden wurde, treiben wir vielleicht jemanden auf, der sich an Huck erinnert.«
»Noch besser«, sagte ich. »Huck erinnert sich und kehrt zurück, um sich dort zu verstecken.«
Milo kaute an seiner Wange. »Das Herz hängt an der Heimat, was?«
»Zurück ins altvertraute Gebiet. Könnte verlockend sein, wenn man wieder mal auf der Flucht vor der Polizei ist.«
29
Brandi Lorings Leiche war an der Apache Street gefunden worden, nahe der Westgrenze von Silverlake, vier Blocks nördlich vom Sunset.
Die Gegend bestand aus ärmlichen Holzhäusern; manche waren nicht größer als Hütten, die größeren in Mietwohnungen unterteilt. Die Stelle, an der Travis Huck seinen Angaben zufolge die kleine Brandeen gefunden hatte, war ein rissiger, holpriger Gehsteig, der auf dem besten Weg war, von den Wurzeln eines riesigen Banyan gesprengt zu werden.
Anderthalb Stunden lang zogen wir die Apache Street auf und ab und klopften an Türen, ernteten fragende Blicke und allerlei Erklärungen, dass man nichts wisse, hauptsächlich auf Spanisch. Eine Frau namens Maribella Olmos, uralt, verhutzelt, aber mit strahlenden Augen, erinnerte sich jedoch an den Vorfall.
»Das Baby. Ein netter Mensch, der so was macht«, sagte sie. »Tapfer.«
»Haben Sie ihn gekannt, Ma’am?«, erkundigte sich Milo.
»Ich wünschte es. Sehr tapfer.«
»Ein Baby retten.«
»Retten, es zum Doktor bringen«, sagte sie. »All die Gangsterbanden, die rumfahren, schießen? Jetzt isses besser, aber damals? Hu .«
»Die Bandenjungs waren um drei Uhr morgens unterwegs?«
»Wann sie wollten. Manchmal, wenn ich geschlafen habe, hab ich Schüsse gehört. Jetzt isses besser. Ihr macht eure Arbeit gut.«
Sie ergriff Milos Hand, drückte sie an die runzligen Lippen.
Er war sichtlich überrumpelt, was ich bisher nur selten erlebt hatte. »Danke, Ma’am.«
Maribella Olmos ließ seine Hand los und zwinkerte. »Ich würd Ihnen ja noch einen auf den Mund geben, aber ich möchte nicht, dass Ihre Frau eifersüchtig wird.«
Unser nächster Halt war die letzte bekannte Adresse von Brandi Lorings Mutter und ihrem Stiefvater.
Anita und Lawrence Brackle hatten in einem einstöckigen rosa Vorkriegsbau gewohnt, der in vier Apartments unterteilt war. Aber niemand an der Straße hatte jemals von der Familie, von Brandi oder dem Vorfall mit dem Baby gehört.
Den restlichen Nachmittag kutschierten wir in Silverlake herum und zeigten Hucks Bild Leuten, die so alt waren, dass sie uns möglicherweise weiterhelfen konnten.
Wir ernteten nur verständnislose Blicke und Kopfschütteln. Milo ging mit der Pleite auf seine Art um: Er hielt einen Straßenkarren an und kaufte zwei Gläser mit geeister Tamarindenlimo. Andere Händler hatten Tonnen mit Kleidung am Gehsteig aufgestellt. Belustigt musterte er das illegale Angebot und trank gierig, während Autos auf dem mit Schlaglöchern übersäten Abschnitt des Sunset Boulevard vorüberrumpelten.
Als wir wieder im Auto waren, sagte er: »Das war ein Schuss ins Blaue. Wenn du immer noch nach Leibowitz suchen willst, kannst du das gern machen. Ich geh jetzt ins Büro und dehne die Immobiliensuche auf die Nachbarbezirke aus für den Fall, dass Huck ins Grundstücksgeschäft eingestiegen ist. Danach nehme ich mir die alten Einbrüche in Hollywood vor. Vielleicht stoße ich ja auf eine abgetrennte Hand.«
»Irgendwas Neues von den Vanders?«
»Noch nicht, aber Buddy Weir ruft ständig an. Allmählich klingt er hysterisch.«
»Er ist eben ein Anwalt, der sich um seine Mandanten sorgt«, sagte ich.
Er schnaubte. »Das Einzige, worum der sich sorgt, sind die Stunden, die er in Rechnung stellen kann.«
Dreißig Sekunden
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