Knochensplitter
»Laz, saug dir eine Presseerklärung aus den Fingern: Kooperation zwischen Dienststellen, abgestimmte Eingreifzeiten, Service-Levels, höchste Priorität für Ergreifung von Jennys Mörder, bla-bla-bla.«
»Geht nicht.« Logan knallte seinen Kaffeebecher auf Steels Schreibtisch und stand auf. Er ächzte, streckte sich und sackte zusammen. »Ich wollte eigentlich um zwölf weg sein, schon vergessen? Ich hab –«
»– ›einen wichtigen Termin‹, ja, ja. Schwafelst ja schon seit Wochen von deinem mysteriösen ›Termin‹. Ist es wirklich so viel wichtiger, als den Kerl zu finden, der ein kleines Mädchen umgebracht und ihr den Zeh abgehackt hat?«
»O nein, vergiss es – ich bin jetzt …« Er sah auf seine Uhr. »Ach du Scheiße – sage und schreibe dreißig Stunden ununterbrochen im Dienst.« Na ja, minus die eine Stunde Pause, in der er in sein leeres Bett gefallen war, nur um gleich wieder rauszumüssen – die zählte ja wohl kaum. Er unterstrich seine Worte mit einem Gähnen. »Fix und alle …«
Steel spitzte die Lippen und kniff die Augen zusammen. »Na schön , dann macht’s eben Rennie. Jetzt zufrieden?«
»Ich muss los.«
Steel zeigte mit dem Finger auf ihn. Die Haut war gelb verfärbt, der kirschrote Nagellack abgeplatzt. »Morgen früh, Punkt sieben und keine verdammte Sekunde später. Und bring –«
Das Telefon auf ihrem Schreibtisch klingelte.
»Mist …« Sie warf einen Blick aufs Display und schnappte den Hörer auf. »Susan? Was … Nein … Susan, beruhig dich, es ist …« Steel krümmte sich zusammen, bis ihre Stirn auf der Schreibtischplatte auflag. »Nein. Nein, das sage ich doch gar nicht, Susan, es ist … Ja …«
Logan schlüpfte zur Tür hinaus.
10
»Bist du dir auch sicher, dass du das hier durchziehen willst?« Samantha drückte seine Hand.
Logan schluckte, blinzelte und zog seine Mundwinkel noch ein Stückchen nach oben. »Doch, ja. Alles easy. Ehrlich. Ich will es wirklich.« Er fuhr mit dem Finger an der Innenseite seines Hemdkragens entlang. »Ist bloß ein bisschen … du weißt schon.«
»Du … du tust das doch nicht nur für mich , oder?«
Natürlich tat er es für sie. Na ja, vielleicht. Ein bisschen jedenfalls.
Die Kirche war von Sonnenlicht durchflutet; die Wände leuchteten in kräftigen Farben; ein Blumenstrauß in einer Vase verbreitete einen lieblichen Duft.
»Nein, ich will es wirklich.«
»Ich meine nur, wenn du doch noch einen Rückzieher machen willst, kann ich das voll verstehen.« Sie sah weg. »Weil, du legst dich schließlich für den Rest deines Lebens fest …«
Ein Schatten fiel auf sie. Als Logan aufblickte, stand ein kräftiger Mann mit Glatze vor ihm und grinste ihn durch einen Grizzly-Adams-Bart hindurch an. »Sind wir so weit?«
Sam drückte noch einmal Logans Hand. »Er hat nur ein bisschen Lampenfieber.«
Der dicke Mann nickte. »Verständlich. Ist ja auch ein großer Schritt – aber ich bin schließlich hier, um es so leicht wie möglich zu machen.« Er tätschelte Logans Schulter. »Wollen wir?«
Tief durchatmen. Ein Blick zu Samantha – sie lächelte und runzelte zugleich die Stirn. Der silberne Ring in ihrer Nase funkelte im Sonnenlicht. Er wandte sich wieder dem Reverend zu. Nickte.
»Wunderbar.« Der dicke Mann legte die Fingerspitzen zusammen. »Also, dann bitte das Hemd ausziehen und hier auf dem Stuhl Platz nehmen, dann können wir loslegen. Es wird überhaupt nicht wehtun.«
11
03:07 Uhr, sieben Tage zuvor
Dunkelheit. Pechschwarz, wie die Katze, die auf der Mauer hinten im Garten schläft. Die immer so faucht und kratzt.
Das kleine Mädchen blinzelt.
Teddy Gordons Augen funkeln wie die einer Krähe. Er sitzt am Fußende des Betts und grinst sie an. Sie hasst Teddy Gordon. Hasst sein scheußliches blaues Fell, sein abscheuliches aufgenähtes Lächeln. Und sie hasst es, wie er nach Zigarettenrauch stinkt.
Teddy Gordon weiß, dass sie ihn hasst. Deswegen ist er ja ein Freund von dem Monster.
Wenn es nach ihr ginge, würde Teddy Gordon ganz unten in der Mülltonne wohnen, wo er ganz dreckig und stinkig würde von dem grünlich braunen Wasser, das aus den Mülltüten rausläuft. Aber Mami sagt, sie muss lieb zu Teddy Gordon sein, weil Teddy Gordon ein Geschenk von einem Mann ist, den Mami mag. Einem Mann, der ihr schöne Sachen schenkt. Viel schönere, als sie von ihrem Papa je gekriegt hat.
Papi würde Teddy Gordon nicht am Fußende ihres Betts schlafen lassen.
Ihr Zimmer riecht nach Bananen und Eiscreme, aber
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