Knochenzeichen
Lippen huschen ließ, berührte ihn nicht so wie sonst immer. Und sobald Sweetie gegangen war, gerieten die Gefühle in ihm außer Kontrolle und krachten gegeneinander wie Autoskooter auf einem Rummelplatz.
Es war ihr erster Streit gewesen. Bei dem Gedanken stieg leises Grauen in ihm auf. Er wollte nicht ohne Sweetie leben. Endlich sah es einmal danach aus, als hätte sein Leben einen Sinn. Einen höheren Zweck. Vielleicht war er zu empfindlich gewesen. Vielleicht hatte Sweetie nur Trost gesucht.
Doch es war keine Entschuldigung für die Beschimpfungen gekommen. Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier. Die Bemerkung schmerzte noch immer. Und vielleicht brauchte auch er ein bisschen Trost. Einen Trost, den ihm Sweetie nicht geschenkt hatte.
Einen Trost, den er im Keller finden konnte.
Er dachte nicht genauer darüber nach, sonst bekam er wegen seines Vorhabens noch ein schlechtes Gewissen. Und so fischte er einfach den Schlüssel aus der Hosentasche, trat an die abgesperrte Kellertür und schloss sie auf.
Betrachte es bloß nicht als Betrug an Sweetie. Rasch stieg er in den Keller hinab. Es hatte nichts mit der Person zu tun, die er so liebte. Sondern nur mit einem finsteren und quälenden Trieb, der immer stärker geworden war, seit ihm das erste Opfer in die Hände gefallen war.
Seine Beine brachten ihn rasch ans Ziel, zu dem verschlossenen Schränkchen in der Ecke seines Salons. Mit einem zweiten Schlüssel schloss er es auf. Dann das herrliche Schnappen nach Luft, als die Tür aufschwang. Das schwindelerregende Gefühl der Vorfreude, als er die auf den Regalbrettern aufgereihten Schädel vor sich sah.
So viel Sorgfalt hatte er auf ihre Restaurierung verwendet. Hatte die Kiefer mit Draht befestigt. Zähne wieder eingeklebt. Augenhöhlen ausgebohrt. Es war völlig normal, jetzt ein wenig … Besitzerstolz zu empfinden, nachdem er sich mit allem so viel Mühe gegeben hatte.
Mit sicherem Griff fassten seine Hände nach dem Schädel auf dem zweiten Regalbrett, gleich in der Mitte. Er hätte lügen müssen, wenn er behauptet hätte, dass er keinen Liebling hatte. Sydney Schaefer. Sie hatte alles verkörpert, was er sich an einem Hausgast nur wünschen konnte. Still und bescheiden. Und sie hatte am Schluss so reizend gebettelt.
Er stellte den Schädel auf den Tisch und legte ein Tuch daneben. Machte die Hose auf und bedeckte seinen Penis mit dem weichen Stück Stoff, ehe er ihn in die Augenhöhle steckte. Und tief aufstöhnte. Er hielt den Schädel fest in beiden Händen und begann zu stoßen.
Vergiss den Streit, der so ärgerlich gewesen war. Vergiss die Zweifel. Die Sorgen wegen der nächsten Ablagestelle. Das hier war die ganze Mühe wert.
Und als er kam, lag Sweeties Name auf seinen Lippen.
Es war schon nach Mitternacht, als die einsame Gestalt die Leichenhalle verließ und auf ihren Mietwagen zuging, der unter der Sicherheitsbeleuchtung parkte. Zach registrierte genau, in welchem Moment Cait ihn auf der Motorhaube ihres Wagens sitzen sah, woraufhin sich ihre Muskeln augenblicklich anspannten. Und wie sich ihr Körper wieder entspannte, sobald sie ihn erkannte.
»Hast du dich verlaufen?«, fragte sie, als sie nahe genug war.
»Ich war im Laden und habe Ausrüstungsgegenstände geputzt. Dachte mir schon, dass du noch hier bist. Und dass du bestimmt noch nichts gegessen hast.« Er hielt ihr eine durchsichtige Plastiktüte mit einem gewaltigen Sandwich hin.
»Da hast du recht.« Sie nahm die Tüte und setzte sich zu ihm auf die Motorhaube. Zog das Sandwich heraus und wickelte es aus. »Interessante Ortswahl für ein Picknick.«
Er biss von seinem Steak-Käse-Sandwich ab, kaute und schluckte, ehe er erwiderte: »Ich kannte mal einen schöneren Platz. Ganz in der Natur. Abgeschieden. Unberührt. Heute Nachmittag hat man dort einen Satz Menschenknochen gefunden.«
»Gutes Argument.« Ihr Gesicht leuchtete auf, als sie sah, dass er ihr ein Sandwich mit gegrillter Hühnchenbrust gebracht hatte. Er hatte also aufgepasst. »Keine Pommes?«
Er reichte ihr eine Serviette. »Du isst keine Pommes.«
»Nein?« Hungrig biss sie in ihr Sandwich.
»Nicht dass ich wüsste. Aber du kannst die Hälfte von meinem Riesenkeks haben. Sie hatten nur noch einen Chocolate Chip Cookie. Ein größerer Kavalier würde dir den ganzen geben, aber … ich bin kein so großer Kavalier. Ich nehme Kekse sehr ernst.«
Ihre Mundwinkel wanderten nach oben, und ihr Blick nahm eine Durchtriebenheit an, der er auf der Stelle
Weitere Kostenlose Bücher