Knochenzeichen
Standort, um nicht von den Forstaufsehern erwischt zu werden. Natürlich haben sie keine Genehmigungen, und sie sind auch nicht wählerisch darin, wo sie ihr Lager aufschlagen. Gelegentlich kriegen wir Anrufe von Roseboro – dem Sägewerk – oder von Privatleuten, die wollen, dass wir sie von ihrem Grundstück verjagen. Aber es gibt auch Waldgebiete, wo keine Erlaubnis erforderlich ist. Dort findet man sie meistens.«
»Und die fraglichen Herumtreiber waren vorbestraft?«, fragte Cait.
Barnes zog ein Notizbuch aus der hinteren Jeanstasche, schlug es auf und suchte nach der entsprechenden Information. »Stephen Kesey. Er hat im Lauf der letzten zehn, zwölf Jahre ein paar Aufenthalte in Bezirksgefängnissen hinter sich gebracht. Körperverletzung. Einbruch.« Barnes hob den Blick und sah Cait an. »In den letzten fünf Jahren hat er es auf geschlagene zwölf Verstöße gegen die Forstbestimmungen gebracht.« Er blickte erneut in sein Notizbuch und fuhr fort: »Dann wäre da noch Bart Lockwood. Wegen Drogenmissbrauchs unehrenhaft aus der Armee entlassen. Wurde wegen Totschlags verurteilt und hat sechzehn Jahre in Folsom abgesessen, ehe er vor sechs Jahren auf Bewährung freikam. Nach den Daten zu seinen Verstößen gegen die Forstbestimmungen zu urteilen, hält er sich seither ständig hier in der Gegend auf.«
Andrews trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. »Wenn man sich ansieht, was an Beschwerdeanrufen eingeht, haben wir verflucht viel mehr als zwei Herumtreiber hier in der Gegend.«
Barnes nickte. Cait fiel auf, dass sein Schnurrbart sich reichlich Zeit damit ließ, dichter zu werden. Momentan wirkte er eher wie ein sandfarbenes Gegenstück zu Hitlers Bärtchen. »Aber keinen, der irgendwas Schlimmeres als Marihuanabesitz auf dem Kerbholz hätte.«
Sheriff Andrews zog eine Schulter hoch und musterte Cait. »Sie sagen, Sie können jederzeit hier weg?«
»Momentan gibt es nichts, was Kristy nicht übernehmen könnte.«
»Gut.« Andrews ging auf die Tür zu. »Mitch und seine Leute werden sich weiter mit den Listen von Kleinkriminellen beschäftigen. Wir müssen eine Suche nach Kesey und Lockwood starten. Ich veranlasse, dass Deputy Simms sich darum bemüht, mithilfe eines Forsthüters ein neues Team zu bilden. Er kann sich dann bei Sharper melden und absprechen, welches Team welches Gebiet abgrast. Und ich werde veranlassen, dass Sharper Sie morgen früh gegen acht Uhr am General Store in McKenzie Bridge abholt. Ist das okay für Sie?«
Obwohl ihr Magen prompt einen Satz nach unten machte, stimmte Cait zu. »Das ist bestens.«
»Dann haben Sie Zeit, um noch mehr Bodenproben zu sammeln.« Sheriff Andrews’ Miene wurde streng, als sie ihren Deputy vielsagend ansah. »Und davon dringt nichts nach außen.« Sie wedelte in Richtung Monitor. »Können Sie sich die Presseleute vorstellen, wenn sie diese Geschichte in die Finger kriegen? Vorerst verlassen Caits jüngste Funde nicht diesen Raum.« Als Barnes brav nickte, wandte sich Andrews wieder Cait zu. »Ihre Assistentin …«
»Ist in Geheimhaltung bestens geschult«, versicherte Cait ihr gelassen. »Aber ich sag’s ihr noch mal.«
»Gut.« Andrews machte Anstalten zu gehen, hielt dann jedoch inne und betrachtete erneut die Bilder auf dem Computermonitor. »So was habe ich noch nie gesehen. Sie etwa?«
Cait wandte den Blick ebenfalls dem Bildschirm zu. »Nein. Ich habe so etwas auch noch nie gesehen.«
Schaut sie nur an.
Liebevoll sah er zu, wie seine Schätzchen über den vertrockneten Kadaver des überfahrenen Rehs schwärmten und sich ans Werk machten. So simple Kreaturen eigentlich, nur geboren, um sich zu ernähren und zu vermehren. Doch sie erledigten ihre Aufgabe mit eiskalter Gründlichkeit.
Das große Gehege, das er für sie gebaut hatte, hatte einen Holzrahmen und war auf drei Seiten aus Plexiglas. Die Oberseite bestand aus Maschendraht und einer weiteren Scheibe Plexiglas darüber, die er entfernen konnte, um die Feuchtigkeit im Innern des Geheges zu regulieren. Das Substrat am Boden frischte er oft auf, um seinen Tierchen einen Platz zum Verpuppen zu geben. Er schätzte seine Kolonie auf mittlerweile mehrere Hunderttausend, denn wenn er etwas liebte, dann kümmerte er sich vorbildlich darum.
Stunden konnte er damit zubringen, die Nase an das Glas zu pressen und ihr Treiben zu beobachten. Er stellte sich vor, dass sie als kleines Team arbeiteten und Beine und Mäuler synchron bewegten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die
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