Knochenzeichen
traten beiseite, um dem unter den Reifen aufspritzenden Kies zu entkommen. Gibbs schien gar nicht zu begreifen, dass er soeben seine Bereitschaft eingestanden hatte, gegenüber den illegalen Aktivitäten seiner Freunde ein Auge zuzudrücken, um sich ihr Vertrauen zu bewahren. Allmählich glaubte Cait, dass ihre ursprüngliche Einschätzung des Mannes zutraf.
Sie ging bereits wieder auf die Tür zum Lokal zu, als er sie erneut aufhielt. Diesmal nicht, indem er sie berührte, was bewies, dass er zumindest in gewissem Maße lernfähig war. Und sein Tonfall war zaghaft geworden.
»Ähm … ich hab mir überlegt …«
Sie wandte sich zu ihm um und zog fragend eine Braue hoch. »Ich hab Sie mit Sharper reinkommen sehen. Aber wenn Sie irgendwohin gehen und in aller Ruhe über den Fall sprechen wollen … vielleicht ein paar mögliche Spuren diskutieren … dann stehe ich gern zur Verfügung.« Seine Schultern schienen noch mehr zusammenzusacken. »Ich wollte sowieso gerade gehen.«
»Danke für das Angebot.« Durch lange Erfahrung war sie mittlerweile eine Expertin darin, Zurückweisungen abzumildern. »Aber ich glaube, heute Abend mache ich mal ein paar Stunden Pause von den Ermittlungen.« Das war streng genommen eigentlich nicht wahr, da sie sich mehr zum Beobachten als zum Entspannen in dem Lokal aufhielt. Doch Gibbs schien es ihr abzukaufen.
»Oh, ja, natürlich.« Er zog die Autoschlüssel aus seiner Hosentasche. »Das versteh ich. Dann vielleicht ein andermal.«
»Ein andermal.« Und als sie diesmal auf die Tür zuging, versuchte er nicht mehr, sie aufzuhalten.
Als Cait zu Zach zurückkehrte, stand jemand anders am Tisch. Jodie Paulsen, wie sie sich erinnerte. Der Farmhilfsarbeiter, an dessen Stiefeln die Spuren seiner Beschäftigung abzulesen waren. Doch aus Sharpers entspannter Miene ließ sich schließen, dass er den Mann gut leiden konnte. Genau, wie er mit Kathy auf freundschaftlichem Fuß stand. Trotz seines viel beschworenen Einzelgängerdaseins war offensichtlich, dass Sharper hier in der Gegend hohes Ansehen genoss. Selbst Sheriff Andrews sprach über seine Fertigkeiten durchaus mit Respekt.
Beide Männer sahen auf, als sie sich näherte. Paulsen hatte ein freundliches Welpengesicht. Cait schätzte ihn auf etwa so alt wie Sharper, also Mitte dreißig, aber ohne die harten Kanten und die leicht bedrohliche Ausstrahlung des Outdoor-Guides. Paulsens Karohemd passte fast exakt zu seinen rotblonden Haaren. Und seine Aufmachung ließ darauf schließen, dass er von der Farmarbeit schnurstracks in die Kneipe gekommen war.
Zach musterte sie fragend. »Ärger?«
Cait schüttelte den Kopf. »Nur Berufliches.« Sie warf dem anderen Mann ein Lächeln zu. »Hi. Ich bin Cait.«
»Ich weiß.« Paulsen strahlte sie an. »Ich stehe jetzt schon zehn Minuten hier und tue so, als wollte ich mit Zach reden, dabei hab ich nur darauf gewartet, dass Sie wieder reinkommen, damit ich Sie kennenlernen kann.«
»Vorsicht.« Sharpers Mundwinkel zuckten. »Sonst verletzt du noch meine Gefühle.«
»Soweit ich gehört habe, hast du keine Gefühle, Zach.«
Cait registrierte, dass er unter der Stichelei leicht zusammenzuckte, und setzte sich auf ihren Stuhl.
»Du hast mit deiner Nachbarin gesprochen.« Sharper hob den Becher und trank.
»Eigentlich eher nur zugehört.« Paulsen legte eine Hand auf die Lehne des freien Stuhls vor ihm. »Eine abgewiesene Frau. Sie hatte eine Menge zu sagen, und nichts, was ich zu deiner Verteidigung vorgebracht habe, hat es auch nur einen Deut besser gemacht.«
Es war schwer zu sagen, was Cait mehr faszinierte. Das Gesprächsthema oder der Ausdruck des Unbehagens auf Sharpers Miene. »Klingt nach einer faszinierenden Geschichte.«
»Die wirst du aber nicht zu hören kriegen«, murmelte er.
Cait wandte den Blick zu Paulsen. »Und ist Ihre Nachbarin heute Abend hier?«
Der Mann nahm einen großen Schluck Bier, ehe er antwortete. »Das hier ist nicht Shellies Szene. Und ich will Zach bloß ein bisschen aufziehen. Sie wusste ja, worauf sie sich einlässt. Mann, jeder hier weiß, dass Zach Sharper der Letzte ist, der von einem putzigen Familienidyll träumt. Shellie ist einfach sauer, weil sie dachte, sie …«
»Jodie«, sagte Zach in freundlichem Ton, aber mit steinhartem Blick. »Halt die Klappe.«
Jodie schien nicht beleidigt zu sein. »Bin schon still.« Er trank noch einen Schluck Bier und zwinkerte Cait zu. Nachdenklich musterte sie den Mann ihr gegenüber, während sie selbst von ihrem
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