Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
Vom Netzwerk:
schnupfte.
    »Wir können uns ja immer noch Bactine reinziehen«, schlug er vor, sein Gesicht schwebte nur Zentimeter über den glitzernden Linien.
    Ich dachte daran, zum Haus meines Onkels zurückzukehren, die verstopften Leitungen durchzupusten und mir anzuhören, wie der arme Kerl immer und immer wieder dieselben verbitterten Geschichten erzählte. Hinter uns waren die beiden Frauen damit beschäftigt, obszöne Fantasien zu entwerfen, und dazu machten sie Sauggeräusche mit den Mündern, während die arme Mrs. Leach hinter der Theke auf ihre blauen Füße blickte und döste. »Mann, der Scheiß frisst mich einfach auf«, sagte ich, und schon bei dem Gedanken an den Äthergeruch wurde mir schlecht.
    Jimmy spürte wohl einen Hauch von Resignation in meiner Stimme, und sein Lächeln entblößte all seine lockeren, krummen Zähne. »Du musst es nur sagen, Cousin.«
    Ich beschloss, ihn zu ignorieren. Und außerdem, was sollte ich denn sagen? Ich wusste ja ohnehin schon, was wir tun würden. In ein paar Minuten würden Jimmy und ich hier verschwinden und irgendwo einen Parkplatz für seine Dreckskarre suchen. Er würde die Plastiktüte wieder mit Bactine füllen, und ich würde danebensitzen und zuhören, wie er den kalten Nebel in seine Lungen zog. Vom Geruch würde mir schlecht werden, und ich würde das Fenster einen Spaltbreit herunterkurbeln. Der Schnee würde langsam die Windschutzscheibe zudecken. Jimmys Augen würden rot und klebrig werden wie Bonbons, und sein Kopf würde im Rausch nach hinten gegen den Sitz fallen. Und wenn er heute Nacht Glück hatte, dann würde er vielleicht etwas sehen, was er bisher noch nicht gesehen hatte. Und dann würde ich an der Reihe sein.

DISZIPLIN
    Wir fuhren runter nach Parkersburg, um an noch mehr Steroide zu kommen – 50 cc mexikanisches Deca-Durabolin für 425 Dollar –, und ich verpasste meinem Sohn Sammy gleich auf dem Parkplatz vor dem Gold’s eine Dosis in die Hüfte. Deca ist fest wie Melasse, verflucht schwer zu spritzen, aber dafür bläht es einen auch nicht auf wie einen Mordsschinken. Sammy fing schon an zu wimmern wie ein Mädchen, noch bevor ich die richtige Stelle gefunden hatte. »Konzentrier dich«, sagte ich und drückte den Kolben langsam mit dem Daumen runter. »Vergiss nicht, Mr. South Ohio. Ohne Schweiß kein verdammter Preis.« Sammys dummer, pickliger Cousin Little Ralph war auch dabei, beugte sich über den Vordersitz und sagte: »Lass mich mal, lass mich mal«, bis ich ihm eine Ohrfeige verpasste. Dann schob ich meine
Best-of-Souza
-Kassette in den Player und zündete mir eine fette Zigarre für die lange Rückfahrt an. Den
Einzug der Gladiatoren
konnte ich mir den ganzen Tag anhören. Als ich noch Wettbewerbe machte, habe ich das immer bei meinen Auftritten laufen lassen.
    Keiner sagte ein Wort, nur Little Ralph spuckte Blut aus dem hinteren Fenster. Als wir die Ausfahrt am anderen Ende der Stadt nahmen, wären wir vor dem McDonald’s fast in ein Riesenchaos gerast. Einen Augenblick lang dachte ich, ich wäre irgendwo falsch abgebogen. Ich meine, das war der erste Stau, den ich in Meade, Ohio, jemals gesehen hatte. Dann dachte ich, es würde brennen, oder vielleicht hatte irgendein besoffenes Arschloch beim Ausparken vor der Tecumseh Lounge einen Unfall gebaut. Aber alles andere als das.
    Bobby Lowe stand draußen an der Hauptstraße und machte einen Doppelbizeps. Es war Mitte Dezember, definitiv Sweatshirt-Wetter, aber er trug nur eine glänzend weiße Unterhose. Ich hatte schon gehört, dass er kräftig Säfte schluckte, aber ich hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie viel er tatsächlich zugelegt hatte. Seine Arme waren fast so dick wie meine. Autos und Laster verstopften die Hauptstraße, die Leute hupten und johlten, wann immer er eine neue Pose einnahm, so wie es der heruntergekommene Abschaum hier in der Gegend eben tut, wenn ihm was gefällt. Bobby ging eigentlich nur die sieben klassischen Posen durch, den Scheiß, den jeder Bekloppte kann. Er starrte geradeaus, der Schweiß glänzte selbst bei dieser Kälte, und er zitterte wie ein Köter, der Rasierklingen scheißt. Keiner ahnt, wie schwer es ist, eine Pose neunzig Sekunden lang zu halten und dabei ein Jahr Lebensenergie hineinzuquetschen. Am besten, Sie stellen sich vor, irgendein Arschloch hält Ihnen eine Waffe an den Kopf und zwingt Sie, für immer und ewig Scheiße zu fressen. Es ist die Hölle.
    »Verdammt, warum sind wir da nicht draufgekommen?« fragte Little Ralph, als zwei

Weitere Kostenlose Bücher