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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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lächelnde Gesicht auf. Es machte Lutz nicht mehr wütend, er hatte kapituliert. Hilde sagte, für Luise sei es an der Zeit gewesen zu gehen. Das hätten Rita und sie so beschlossen. Dann doch wieder Wut. Sie hätten das so beschlossen? Obwohl es Lutz war, der mit ihr Gassi gegangen war, ihr Futter gegeben und sie eingefangen hatte, wenn sie sich wieder hinter dem Schrank versteckte. Sie hätten das einfach so beschlossen. Und Lutz erkannte, wie man etwas vermissen konnte, das es gar nicht gab. So wie Gott, hätte er früher gesagt, aber seit Hilde hier die Entscheidungen traf, verbat er sich solche Bemerkungen. Wer weiß, wofür sie sich hielt, und ihren inneren Pfad zu Gott kannte er auch nicht. Aber er wusste, dass es nicht Rita und Hilde waren, die das beschlossen hatten, sondern Hilde allein. Hilde hatte Rita ausgelöscht, und dann kam Lutz endlich Max in den Sinn. Er ging nicht zu ihm, er fragte Hilde, wie es seinem Sohn damit gehe. Hilde sah ihn an, erhob ihr ledriges Haupt und verschränkte die Arme wie ein Türsteher und sagte, dass es für Max auf jeden Fall das Beste sei. Das würde seine Frage nicht beantworten, sagte Lutz und löste den Blick nicht von Hilde, deren Stirn sich runzelte. Ihre Haut leuchtete rot wie die australische Wüste. Max würde es gehen wie einem Kind, das sein Haustier verloren habe, sagte sie. Aber es sei Max, der um dieses Tier weine, und nicht das Tier selbst, wenn er verstehe, was sie meine, und Lutz verstand genau, was sie meinte, nämlich, dass er ab jetzt einfach keine Fragen mehr stellen solle. Außer er wolle mit allem wieder alleine fertig werden. Lutz schüttelte den Kopf. Sie sei schließlich nur hier, um zu helfen. Und zu zerstören, murmelte Lutz. Heilung sei eben ein schmerzhafter Prozess, Krankheit auch, säuselte Lutz, und dann sprachen sie wieder über das, was es nicht gab. Er fragte, wohin man Luise denn gebracht habe, und Hilde setzte wieder dieses Lächeln auf. Max habe Luise einem Kind geschenkt, das Kind heiße Ronald und habe sich einen Hund gewünscht. Hilde fand, dass Max damit soziale Kompetenz bewiesen habe, und plötzlich musste Lutz lachen. Es fühlte sich an wie ein epileptischer Anfall, aber es war ein Lachen, da war sich Lutz sicher, und zwar ein so herzhaftes wie seit Jahren nicht mehr. Und während er vor sich hin schepperte, bemerkte er, wie sich Hildes Stirnrunzeln zu Zornfalten verhärtete. Es würden jetzt sehr schwierige Wochen für Lutz werden, aber in diesem kurzen Moment hatte er das Gefühl, er könne Hilde einfach so weglachen. Oder wegschlafen. Und dann kam die Nachricht, die Zwanzigtausend-Euro-Nachricht. Und Lutz wurde vor den Augen Hildes unscharf. Und verschwand in sich selbst.

SECHS
    Jennifer und Jakob waren nie wieder an den Strand gefahren. Sie waren nach dem Unfall überhaupt nie wieder irgendwohin gefahren. Sie richteten sich ein. Über Jahre waren sie damit beschäftigt, die Möbel in der Wohnung herumzuschieben. Aus dem Wohnzimmer wurde die Küche, aus der Küche das Schlafzimmer, aus dem Schlafzimmer das Wohnzimmer, aus dem Wohnzimmer wieder die Küche. Sie stritten, weil er es nicht ertragen konnte, wenn sie ständig die Möbel herumschob. Sie hingegen ertrug es nicht, wenn die Zimmer stets die Zimmer blieben, die sie waren. Sie sprachen auch nie mehr darüber, wohin es sich zu reisen lohnen würde. Jennifer saß in ihrem Rollstuhl und Jakob an seinem Schreibtisch, um Reiseführer zu schreiben, für die man nicht zu verreisen brauchte. Im Herbst wehte der Wind Wüstensand an ihr Fenster. Und im Winter kam der Regen aus dem Osten. Die Sommergewitter aus dem Norden und der Frühlingsfön aus dem Süden. Das Wetter kam zu ihnen. Und wenn sie ein Fenster öffnete, schloss er es kurze Zeit später. Sie stritten oft wegen der Temperatur. Auch wenn sie Hunger hatten. Mit der Zeit gewöhnten sie sich aber an, gemeinsam zu essen. Wenn in den Nächten die Phantomschmerzen kamen, blieb Jakob neben ihr liegen. Sie hatten beschlossen, unter allen Umständen zusammenzubleiben. Ihre Liebe war räumlich, sie bewohnten einander. Sie schoben einander von Zimmer zu Zimmer. Jennifer gestaltete um, Jakob gestaltete zurück. Ihre Liebe war in Bewegung. Geschlossene Fenster. Solange das Draußen nicht hereindrang, blieben sie ruhig.
    Vormittags saßen sie in ihrer Wohnung. Sie hörten einander durch die Wände. Ein Umblättern. Das Tippen auf einer Computertastatur. Ein Seufzen. Ein Husten. Stimmen, die aus den Kopfhörern drangen. Noch ein

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