KNOI (German Edition)
Frage.
- Nein, hat sie nicht.
- Ich rate Ihnen wirklich, jetzt ehrlich zu sein.
Jakob suchte nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. Jennifer hatte ihm verboten, im Auto zu rauchen, und noch war sie nicht für tot erklärt.
- Ich habe einen Freund gebeten, etwas für mich herauszufinden.
- Was?
- Ob sie mich mit ihm betrügen würde.
- Frau Kerbler war gelähmt, stimmt das?
- Ja und?
- Ist dabei etwas herausgekommen?
- Nein. Zumindest hat er das behauptet.
- Glauben Sie ihm nicht?
- Doch. Natürlich.
- Wie würden Sie Ihr Sexualleben beschreiben?
- Wie in den meisten Beziehungen nach so vielen Jahren.
- Sie haben viel miteinander gelacht.
Der Polizist sagte das mit einem scherzhaften Unterton, den Jakob nicht verstand. Er blies den Zigarettenrauch in Richtung Beifahrersitz und stellte sich dabei Jennifers versteinertes Gesicht vor.
- Das sagt man doch, wenn man keinen Sex mehr hat, sagte der Polizist, der der Meinung war, dass sich Rohrbacher und Nicht-Rohrbacher am stärksten im Humorverständnis unterschieden. Jakob blies den Rauch weiter in Jennifers versteinertes Gesicht.
Dann haben wir sehr viel gelacht miteinander, sagte Jakob, der aber auch gleich darauf hinwies, dass Lutz, Nachname, unterbrach der Polizist, Lutz Rehberg, Jennifer keinesfalls ermordet habe, was für einen Grund hätte er gehabt. Der Polizist sagte, dass sich die Gründe für die meisten Morde erst kurz vor der Tat ergäben und man daher oft gar nicht abschätzen könne, warum wer wen umgebracht habe. Man möge nur einmal
imaginieren
, Jakob fand es seltsam, dass der Polizist ausgerechnet dieses Wort verwendete, Lutz hätte mit Jennifer tatsächlich ein Verhältnis gehabt, hätte es Jakob aber verschwiegen, dann täten sich da unzählige Motive und Möglichkeiten auf. Was, wenn sie schwanger gewesen sei, wenn sie ihn erpresst habe, ein Affekt, ein Streit, Eifersucht oder ein Sexunfall. Man glaube gar nicht, wie häufig ein Sexunfall dahinterstecke, sagte der Polizist, und wenn man
imaginiere
, dass dieser Lutz ein Verhältnis mit dieser querschnittgelähmten Frau gehabt habe, die bestimmt auch sexuell eingeschränkt sei, dann rieche das doch förmlich nach sexuellen Spielformen, die, verzeihen Sie den Ausdruck, Herr Schober, ins Bizarre gingen. Selbstzufrieden spuckte der Polizist aus und ließ das mal so stehen. Letztendlich brauchten die Kollegen in Wien nur noch die registrierten Anrufe zu überprüfen, und der Fall wäre abgeschlossen.
- Aber was hat das alles mit Frau Kerbler zu tun?
Jakob war vom Hausverstand des Polizisten erschlagen, glaubte aber trotzdem nicht, dass Lutz Jennifer ermordet hatte. Er öffnete das Beifahrerfenster und dachte darüber nach, ob er Lutz warnen sollte. Sich selbst zum Mittäter machen. Konrad! Würde er seinen Bruder vor der Polizei verstecken?
- Das weiß ich nicht.
- Was?
- Was das mit Frau Marie Kerbler zu tun hat? Vielleicht steckt sie hinter dem Verschwinden von Jennifer Kerbler.
- Sie meinen, die eigene Mutter hätte die Tochter ermordet?
- Seien Sie nicht schockiert, junger Mann, aber die meisten Morde passieren innerhalb der eigenen Familie.
- Die Familie als Zelle des Bösen, lachte Jakob und bemerkte, dass er sich schon die ganze Zeit nicht wie er selbst verhielt. Der Polizist fragte ihn, ob er den Eindruck habe, es sei der richtige Zeitpunkt für schlechte Scherze. Diese Rohrbacher hatten allesamt keinen Humor, dachte Jakob, also empfahl er dem Polizisten, die Stelle im Wald aufzusuchen, wo angeblich Menschen in Zelten wohnten. Vielleicht wartete die Kerbler dort auf das Erscheinen ihres Ex-Mannes. Vielleicht sollte man auch Liane, seine letzte Frau, kontaktieren. Wobei, wozu eigentlich, sie habe damit bestimmt nichts zu tun. Auf jeden Fall solle er es bei Conny weiter versuchen, die habe ein Recht, das alles zu erfahren, die Einzige, die das etwas angehe, sagte Jakob, und der Polizist sagte Ah, und Jakob Ah-was?, er, der Polizist, habe ganz vergessen zu fragen, ob es Jakob recht sei, wenn das Gespräch aufgezeichnet würde. Das sei jetzt im Nachhinein ein bisschen ungeschickt, wobei er es auf keinen Fall löschen würde, wenn er nicht einverstanden wäre, dann würde er auch disziplinäre Sanktionen in Kauf nehmen. Ob das schon als Beweismittel gelte, fragte Jakob, aus amerikanischen Filmen wisse man ja, und da unterbrach ihn der Polizist mit einem ausspuckenden Lachen und sagte, er, Jakob, könne sich gar nicht vorstellen, wie wenig die meisten Morde mit
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