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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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fühlte er sich, viel zu lächerlich erschien jede Weisheit. Plötzlich sah ihn Branko ernst an.
    - Ich war der Letzte, der sie lebend gesehen hat.
    Jakob neigte seinen Kopf, der Knoi wurde misstrauisch.
    - Das kann doch nur jemand sagen, der sie sterben sah. Also der Mörder oder ein Zeuge.
    - Ich habe sie nicht sterben gesehen, sagte Branko, der sich noch ein Glas Grappa nachschenkte.
    - Wie können Sie sich da sicher sein? Sie sehen mir nicht wie einer aus, der seinen Ahnungen besonders traut.
    - Ich habe sie vorher und ich habe sie nachher gesehen.
    Branko stieß kräftig auf und verzog sein Gesicht. Trotzdem schenkte er sich noch einmal nach. Jakob hielt ihm sein leeres Glas hin.
    - Das klingt nicht danach, als wären Sie der Mörder.
    Branko schüttelte den Kopf. Es gefiel ihm nicht, wie sie darüber sprachen.
    - Wie kommen Sie darauf, dass sie ermordet wurde?
    Jetzt begriff Jakob. Dieser Ernst in den Augen, der kein Funkeln zuließ, der am eigenen Schicksal die globale Katastrophe vorausahnte.
    - Sie auch?
    Branko nickte.
    - Und hat sie Ihre Liebe erwidert?
    Branko schüttelte den Kopf und kippte den Grappa. Jakob seufzte, nicht erleichtert, es gab Zeiten, da hatte er gehofft, einer wie Branko käme vorbei und würde Jennifer aus seinem Leben reißen.
    - Hat sie es gewusst?
    Branko schüttelte erneut den Kopf, verdeutlichte damit aber auch, dass es keinen Unterschied gemacht hätte. Branko begann zu erzählen, von dem frühen Branko, den vielen Castings, aber dass es keine Rolle für ihn zu geben schien. Verbrecher, Polizist, Arbeiter, Arzt, Politiker, Vater, Liebhaber, Ehemann, ja nicht einmal für einen schlechten Schauspieler habe es gereicht. Jakob fand darin eine Gelegenheit, ihn zu trösten, denn einen schlechten Schauspieler zu mimen, sei das Schwierigste überhaupt, sagte er, und außerdem brauche er sich nicht zu kränken, denn für Jennifer sei die ganze Welt schlecht besetzt gewesen, worauf Branko erwiderte, dass er vermutlich in ihren Augen sogar für die Fehlbesetzung eine Fehlbesetzung gewesen sei.
    - So ernst war es also, murmelte Jakob.
    Branko nickte und schenkte sich nach. Er hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen, fand aber im Erzählen auch keinen Trost. Er sagte, dass er sich ein Leben mit ihr ausgemalt habe. Völlig vernichtet habe sie ihn. Das Potenzial erstickt. Seine Lebensfreude abgetötet. Seine Hoffnungen zerstört. Und warum er dann hier sei, fragte Jakob, es gebe ja nichts mehr zu vergelten. Er sei hier, weil er sie erpressen wolle, aber eine, die nicht zurückrufe, könne man nicht erpressen, sagte Branko, jemand, der keine Mobilbox habe, mit dem sei überhaupt wenig möglich. Jakob sagte, das Telefon sei vermutlich vernichtet worden. Es sei spurlos verschwunden, und wahrscheinlich habe man die SIM-Karte rausgerissen und das identitätslose Gerät irgendwohin geworfen. Damit sei es wertlos, eine bloße Hülle, da es nichts, rein gar nichts mehr mit seiner Besitzerin zu tun habe. Branko sagte, Jakob spreche über das Gerät, als meinte er Jennifer. Aber Jakob widersprach. Er meine das Gerät, ohne Mobilbox und ohne Ortungsdienst. In Bezug auf Jennifer gebe es noch Hoffnung, auch wenn diese mit fortschreitender Erzählung schrumpfe, sagte Jakob, und er atmete so lange aus, bis kein Kubikmillimeter Luft mehr in der Lunge blieb. Branko fragte, ob er denn wirklich gar kein Lebenszeichen von Jennifer erhalten habe, und Jakob verneinte, mit dem Gerät sei vermutlich auch Jennifer verschwunden. Er begann in der Kiste zu kramen, als würde er in ihrem Gehirn umrühren.
    - Spurlos verschwunden, sagte er.
    Branko fragte, ob es jetzt ein guter Zeitpunkt sei, ihm von dem Abend in dem Stundenhotel zu erzählen. Von dem Mann, der mit ihr in diesem Zimmer verschwand und es zwei Stunden später mit ihr wieder verließ. Wobei er sich nicht sicher sei, ob da die SIM-Karte noch im Gerät gewesen sei, sagte Branko, wenn er verstehe, was er meine, und Jakob nickte, sagte aber, dass er nicht wisse, ob es jemals einen guten Zeitpunkt gebe, aber wenn, dann vielleicht jetzt, wie denn der Mann ausgesehen habe, und als Branko meinte, er habe noch nie jemanden mit einem so gepflegten Bart gesehen, sagte Jakob, dass es vermutlich doch nicht der richtige Zeitpunkt sei und dass er plötzlich sehr müde sei, vermutlich habe er zu viel Schnaps getrunken. Branko möge doch hier bleiben, es gebe reichlich Platz, und in jedem Zimmer finde er Spuren ihrer Existenz, Jakob müsse sich nur augenblicklich

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