Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
Vom Netzwerk:
Kleidungsstück.
    Die Gestalt sagte nichts. Es fiel Liane noch immer schwer, sich hinter der Burka die alte Kerbler vorzustellen.
    - Und auch kein Ehering, sagte Liane.
    Sie hatte von Maries Lichtallergie gehört. Dass sie im Garten gestanden war und plötzlich Brandwunden an den Armen aufplatzten. Ein Stigma. Eine Krankheit, die es nicht gab.
    - Eine Niere ist auch kein Pfand, sagte Liane.
    Sie kannte Maries Gesicht nicht. Hermann besaß kein Foto von ihr. Er hatte sie mit der Trennung aus seinem Leben gelöscht. Liane hatte Angst, er würde mit ihr das Gleiche tun, also schenkte sie ihm ein Foto. Aus ihrer Jugend. Als sie noch mit Franz zusammen war. Ihr Sohn sah aus wie sein Vater. Bald würde er älter sein als Franz, als der starb. Das machte etwas aus. Nicht für ihn. Aber für sie.
    - Wie lange wollen Sie mir noch sagen, was eine Niere alles nicht ist, sagte Frau Kerbler.
    - Kommen Sie herein, sagte Liane, die der Gestalt den Rücken zukehrte und in die Küche vorausging.
    Sie kochte Kaffee und stellte ihn vor Marie hin. Marie fragte, ob Liane vielleicht einen Strohhalm habe. Sie müsse sonst die Kopfbedeckung abnehmen, und das hätte drastische Folgen. Liane sagte, sie habe keinen Strohhalm, sie könne aber die Jalousien herunterlassen. Marie verneinte. Ihre Allergie sei inzwischen leider von beträchtlicher Intensität. Der sanfteste Lichteinfall könne sie umbringen.
    - Was wollen Sie?
    Aus dem Badezimmer ertönte ein Signal. Die Kochwäsche war fertig.
    - Ich habe einen Anspruch auf Hermann.
    - Wie meinen Sie das?
    - Seine Asche gehört mir.
    - Sie können den Anteil Ihrer Niere haben.
    - Das heißt, Sie verweigern mir Hermann?
    - Ich glaube nicht, dass es in seinem Interesse wäre.
    - Da irren Sie sich.
    Aus dem Badezimmer ertönte erneut das Signal.
    - Ich irre mich ganz bestimmt nicht.
    - Er hat mir aufgetragen, die Asche zu holen.
    - Sie sprechen mit ihm?
    - Ich lebe mit ihm.
    - Sie sind offenbar spezialisiert auf Dinge, die nicht da sind.
    - Sie meinen Dinge, die Sie nicht sehen.
    - Richten Sie Hermann aus, dass er bei mir bleibt.
    - Sie halten ihn gefangen.
    - Ich sehe das eher umgekehrt.
    Aus dem Badezimmer ertönte erneut das Signal.
    - Ich will ihn sehen, sagte Marie. Aber Liane schüttelte den Kopf. Sie schlürfte laut beim Trinken. Offenbar war sie sehr viel alleine.
    - Nur wenn ich Ihr Gesicht sehen darf, sagte Liane.
    - Sie wissen, dass das nicht geht.
    - Dann müssen Sie bleiben, bis es finster ist.
    - Ich habe Hermann versprochen, bis morgen zurück zu sein.
    - Wo ist er?
    - Das kann ich Ihnen nicht sagen.
    Aus dem Badezimmer ertönte erneut das Signal.
    - Entschuldigen Sie, die Wäsche.
    Liane stand auf und ging ins Badezimmer. Sie nahm die graustichige Wäsche aus der Maschine und hängte sie auf. Dabei lauschte sie ins Wohnzimmer. Bestimmt würde Marie den Moment nutzen, um nach Hermann zu suchen. Wenn sie wüsste, dass er kaum noch existierte. Die Wäsche hatte sich schon auf Puppengröße verkleinert. Aus dem Wohnzimmer hörte sie ein Rascheln. Jetzt war sie aufgestanden. Gleich würde man das Knarren der Kommode hören. Ein leises Klirren der Gläser. Das Öffnen der Schränke. Aber Hermann stand in der Küche. Etwas fiel zu Boden. Liane ging zurück ins Wohnzimmer.
    - So. Verzeihung. Man glaubt gar nicht, wie viel Wäsche anfällt, selbst wenn man alleine lebt.
    Am Boden lag nichts. Sie sah sich um, aber alles war, wo es hingehörte.
    - Ich könnte jeden Tag das Gleiche anziehen, und es würde keiner bemerken, sagte Marie. Sie saß übertrieben aufrecht, wahrscheinlich wegen der Burka.
    - Ja, er hat mir von Ihrem Selbstmitleid erzählt, sagte Liane.
    - Er hat von mir gesprochen?
    - Nichts Gutes.
    - Aber er hat.
    - Manchmal. Selten.
    - Immerhin.
    Liane stand auf und holte die Urne aus der Küche. Sie leerte die Asche auf den Tisch. Marie stellte sofort das Atmen ein.
    - Hermann, sagte Liane.
    Marie saß steif da und überlegte, ob sich der ganze Hermann in ihre Hand streuen ließ. Liane ging hinaus.
    - Sie lassen ihn einfach hier liegen?
    Liane kam mit einem Handstaubsauger zurück und schaltete ihn ein. Dann begann sie Hermann aufzusaugen.
    - Wollen Sie auch?
    Marie verneinte und überzeugte sich, dass Liane kein Körnchen übersah. Dann weiteten sich ihre Augen, und sie stierte Liane entsetzt durch die Sehgitter an.
    - Keine Angst, der Staubsack war leer, sagte Liane, nahm diesen mit einer Bewegung aus dem Gerät und schüttete Hermann zurück in die Urne.
    - So bleibt er in

Weitere Kostenlose Bücher