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KNOI (German Edition)

KNOI (German Edition)

Titel: KNOI (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Schalko
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vor der Auslage von Ruby die Kiste fallen ließ, bemerkte er, dass dort, wo der ausgestopfte Fuchs gestanden war, ein Aquarell hing. In der Tür ein Zettel:
Komme gleich
. Jakob zündete sich eine Zigarette an. Er wünschte, es würden Bilder der Vergangenheit an ihm vorüberspazieren, damit dieser Moment zu einer Abschiedsszene gedeihe. Aber die Passanten waren Passanten, die Auslagen waren Auslagen, und die kleine Gestalt, die auf ihn zukam, wollte auch mit abnehmender Distanz nicht größer werden. In Rubys Anwesenheit fühlte sich die Welt gebraucht an. Ein Kommen und Gehen. Als wären alle ausschließlich damit beschäftigt, die Dinge von einem Ort zu einem anderen zu tragen. Ihr Blick fiel auf die Kiste. Ihr volles Haar sah aus, als trüge sie zwei Perücken übereinander. Sie sagte Ah und sperrte die Ladentür auf. Den Zettel ließ sie hängen. Jakob stellte die Kiste auf den Tisch. Ruby schlüpfte aus ihrem Mantel und schaltete den Heizstrahler ein. Ihr Blick fiel auf das Regal, wo mehrere andere Kisten standen. Gerhard Kornmüller. Franziska Blau. Veronika Meischberger. Helmut Schröder. Daniel Neumann. Jennifer Kerbler, sagte sie, ohne sich anmerken zu lassen, ob ihr der Name bekannt vorkam. Jakob sah erstaunt auf, als sie ihm eine Summe nannte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er Geld bekäme. Er wies es zurück. Ruby sah sich um und drückte ihm stattdessen eine Uhr in die Hand. Jakob seufzte und verließ wortlos den Laden.
    Er stellte sich an die Ecke und beschloss, nicht auf die Uhr zu sehen.
    Ruby nahm die Leiter und räumte die Kiste in das oberste Regalfach. Wenn nicht bald einer kam, um eine ganze Hinterlassenschaft zu kaufen, müsste sie darüber nachdenken, die eine oder andere Schachtel zu entsorgen.
    Konrad faltete das leere Blatt Papier und schob es in das Kuvert. Dann schrieb er
For You
auf die Vorderseite. Er legte das Kuvert auf das Hotelbett. Auch in Rom hatte er sie nicht gefunden. Er hatte zu suchen begonnen. Irgendein Ziel brauchte er nach der Kündigung. Er wusste, er würde sie nicht finden. Zumindest hoffte er das.
    Jakob sah auf die Uhr. Er begann, nervös auf und ab zu gehen.
    Rita und Max schliefen in einem Bett.
    Hilde schlich sich aus der Wohnung und ging, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.
    Liane bat ihren Sohn, das Haus zu verkaufen.
    - Tot, sagte Jakobs Vater, als er seine Frau regungslos am Boden liegen sah, und schüttelte den Kopf.

ZWANZIG
    Aufstehen. Lutz weckt Max mit einem sanften Flüstern. Aufstehen, alter Mann. So nennt er Max, seit das mit den Tieren aufgehört hat. Max dreht sich zu ihm, öffnet die Augen und lächelt. Er mag es, wenn sein Vater ihn so nennt. Überhaupt mag er es, dass er jetzt viel öfter da ist. Und sein Gesicht ohne Bart mag er auch. Das Gewand für die Schule liegt bereits auf dem Stuhl unter dem Fenster. Beide beobachten das Paar Buntspechte, das sich im Baum gegenüber eingenistet hat. Die Frühlingssonne hält die Gewissheit warm, dass doch noch alles gutgegangen ist. Max zieht sich an, während Lutz ihm eine Honigsemmel streicht. Sie essen gemeinsam, sehen einander an, ohne zu sprechen. Max erinnert seinen Vater an die Jause. Er nimmt Schuhe aus dem Regal und wartet bei der Tür. Beim Hinausgehen nimmt er seine Hand. Du darfst nie weggehen. Versprich es. Lutz nickt, während sie auf den Aufzug warten. Max schmiegt sich an ihn, und Lutz wünscht sich, sie würden steckenbleiben und müssten aus dem Blechgehäuse gelöffelt werden. Auf der Straße lösen sie die Hände. Der alte Mann erzählt von einem Ausflug, von den anderen Kindern, von den Spielen, von der Burg, von dem, was er alles werden will. Nur nicht Zahnarzt. Wen er zu seinem Geburtstag einladen will? Ob man den nicht auf der Burg feiern könne? Lutz nickt und versucht sich alles zu merken. Sie steigen in den Bus. Der Fahrer begrüßt Max. Max setzt sich auf den Schoß von Lutz, der ihn in den Kurven fester hält. Vor der Schule umarmen sie einander. Ein Uhr. Lutz nickt. Er wird da sein. Dann geht er zu Fuß nachhause, hält beim Bäcker, um ihr wie jeden Tag frisches Brot zu bringen. Auch sie wird er mit einem Flüstern wecken. Aufstehen. Sie dreht sich zu ihm und lächelt. Sie hat sich schon am Vortag das Gewand auf den Stuhl unter dem Fenster gelegt. Sie sieht aus wie Rita. Sie findet, das ist besser für das Kind. Auch für Lutz, der die gute Absicht erkennt und sie annimmt. Sie habe ihn zu seinem Glück erst zwingen müssen. Aber es habe sich gelohnt. Renate sorgt

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