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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Heinold
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Fünf und eine Kerze mit einer Eins. Wenn man es so rum liest, ergibt das einundfünfzig, das ist mein Alter ab heute. Wenn man es andersrum liest, ergibt es fünfzehn. Das ist das Alter, das ich mental hatte, als ich in Claudio verliebt war und mit ihm in Madrid in die Oper wollte, aber das ist ja Gott sei Dank vorbei. Also einundfünfzig. Wenn man es zusammenzählt, ergibt es sechs. Und zwar so rum und andersrum. Sechs. Sex. Ja, den hätte ich auch gerne mal wieder. Aber ich befürchte fast, je älter ich werde, desto mehr schwimmen mir die Felle da weg. Was für Felle eigentlich? Biberfelle, Bärenfelle, Eisbärenfelle, denn die sind ja im Wasser. Und zwar in so kaltem Wasser, dass man da nicht hinterher schwimmen und die Felle zurückholen kann. Komischer Spruch. Oder schwimmen einem vielleicht in Wahrheit die Fälle weg? Die Glücks- und Zufälle, womöglich?
    „Jetzt mach schon“, sagt Bine.
    „That I am up doesn´t mean that I am awake“, sage ich. Ich hatte mal ein übergroßes Schlaf-T-Shirt, da stand das drauf: Dass ich auf bin, heißt nicht, dass ich wach bin. Damit bin ich früher in der WG morgens durch die Wohnung gelaufen und habe manchmal sogar so in der Küche gefrühstückt.
    „Du bist ja nicht mal up “, sagt Bine.
    „Aber awake “, sagt Andrea. „Also los.“
    Ich hole tief Luft und puste die Kerzen aus und Bine und Andrea fallen mir erst um den Hals und dann bei der Gelegenheit auch gleich ins Bett. In das Bett, wo ich drei Jahre lang mit João geschlafen habe, in das Bett, in dem ich mit Tom geschlafen habe. In das Bett, von dem ich so gerne wollte, dass ich da auch mit Claudio schlafe. Am liebsten für immer. (Hallo Weihnachtsmann – hier ist Klein-Elke. Hallo – Weihnachtsmann?). Wir kuscheln uns gemütlich hin und sind wieder fünfzehn, ganz wie auf den ausgepusteten Kerzen, wenn man sie andersrum liest.
    „Weißt du noch, wie wir in Paris waren und die eine Nacht in dem Park geschlafen haben, weil es so spät war und die Jugendherberge zu war?“, fragt Andrea.
    „Das war ganz schön gefährlich“, sage ich. „Da einfach im Park zu übernachten.“
    „Und morgens um sechs hat uns der Parkwächter aufgeweckt“, sagt Bine. „Wisst ihr noch?“
    „Heute würden wir sowas überhaupt nicht mehr versuchen“, sage ich. „Heute sind wir klüger.“
    „Hoffentlich“, sagt Andrea.
    „Doch sind wir“, sage ich, „die Prozentpunkte im IQ sind in den letzten hundert Jahren um zehn Punkte gestiegen.“
    „Auch bei uns?“, fragt Andrea.
    „Woher willst du das wissen?“, sagt Bine.
    „Wer ist hier hundert?“ sagt Andrea.
    „Habe ich gelesen“, sage ich. „In einer meiner vielen Zeitschriften.“
    „Man hat allerdings nicht immer den Eindruck, dass das stimmt“, sagt Andrea. „Ganz besonders nicht, wenn man nachmittags durch die Kanäle zappt.“
    Aha – hier ist noch eine, die sich nachmittags durch die Kanäle zappt. Ich bin also nicht alleine damit. Es ist aber auch zu unglaublich, was es da gibt. Es ist eine Art jederzeit zugängliche Geisterbahn. Noch dazu ohne Eintritt. Man sieht in das Leben fremder Leute, bei denen man nicht den Eindruck hat, dass der IQ in den letzten Jahren um viele Prozentpunkte gestiegen ist, eher das Gegenteil, es schaudert einen und man ist froh, wenn man die Geisterbahn wieder verlässt. Und doch geht man beim nächsten Rummel wieder rein. Es ist eine so schöne Mischung aus wohligem Schauer und Fremdschämen.
    „In der Praxis, im Wartezimmer, wenn ich eine Pause zwischen zwei Patienten habe“, sagt Andrea als Antwort auf meine unausgesprochenen Gedanken.
    „Vielleicht haben sie einfach die Tests geändert. Andere Fragen oder so, was weiß ich. Und schon sind wir alle klüger“, sagt Bine.
    „Und warum sollte das jemand tun?“, frage ich. „Was macht das denn für einen Sinn?“
    „Damit es besser aussieht“, sagt Bine.
    „Besser für wen?“, frage ich. „Für Außerirdische?“
    „Yep“, sagt Bine. „Genau für die. Damit wir einen guten Eindruck machen, wenn sie bei uns landen.“
    „Vielleicht sind es immer noch die alten Fragen von vor hundert Jahren, und wir kennen mittlerweile einfach die Antworten jetzt auswendig“, sagt Andrea
    „Wie damals bei dem Bio-Test, den Tom für uns kopiert hat“, sagt ich.
    „Und wer holt uns jetzt Kaffee ans Bett?“, fragt Andrea.
    „Nicht das Geburtstagskind“, sage ich.
    „Also gut“, sagt Bine. „Ich gehe. Mit mir könnt ihr es ja machen. Jagt die Oma nur durch den

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