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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kochlowsky reiten. Ich bin Wanda Kochlowsky, ich kann dich also auch reiten …‹«
    »Und?« Kochlowsky sah Reckhardt an. »Was dann?«
    »Dann habe ich ihn hier zur Bank geführt und bin draufgeklettert.«
    »Und?«
    »Dann sind wir im Kreis geritten, Papa.«
    »Und Leo?«
    »Den habe ich dann später mitgenommen und zu Recki gesagt: ›Das ist Leo Kochlowsky, der darf auch auf dir reiten!‹ – Und Recki hat geschnaubt, als ob er ja sagen wollte.« Wanda beugte sich vor und tätschelte Reckhardts Kruppe, aber Kochlowsky schlug ihr die Hand weg. Entsetzt, ja fassungslos sah sie ihren Vater an. Er lobte sie nicht, er schlug sie. Dabei war sie so stolz gewesen, Recki zu reiten.
    »Wo ist Mutti?« fragte Kochlowsky hart.
    »In Herzogswalde. Einkaufen.«
    »Sie war nie im Haus, wenn du geritten bist?«
    »Nie.«
    »Sie weiß von nichts?«
    »Überhaupt nichts, Papa …«
    »Und du Luder hast die Gelegenheit ausgenutzt und hast … hast …« Er holte pfeifend Atem, bis zum Platzen erregt, setzte Leo auf die Bank, zog Wanda auf die Wiese und begann auf sie einzuschlagen. Wanda ließ sich fallen, vergrub den Kopf in den Armen und rollte sich wie ein Igel zusammen. Sie weinte nicht; mit der Verbissenheit einer Kochlowsky dachte sie nur immer wieder: Das vergesse ich dir nicht. Das vergesse ich dir nicht …
    »Steh auf!« brüllte Kochlowsky. Als sie sich nicht rührte, bückte er sich, um sie hochzureißen.
    In diesem Augenblick spürte er in seinem Rücken, daß er nicht allein war. Er wandte sich blitzschnell um und sah Reckhardt direkt vor sich stehen. Der Blick in seinen großen braunen Augen hatte etwas Tödliches.
    »Du Aas von einem Gaul!« knirschte Kochlowsky. »Du Verräter! Nur eine armselige Mähre bist du, ein Mistvieh, weiter nichts! Geh weg, du Sautier!«
    Er schlug mit der Faust zwischen Reckhardts Augen auf die Stirn, es dröhnte dumpf, aber im selben Augenblick schnellte das Pferd den Kopf vor und traf Kochlowsky voll am Kinn. Er taumelte benommen zurück, öffnete den Mund, um Reckhardt anzubrüllen, aber das Pferd setzte nach, stieß wieder mit dem Kopf zu, schleuderte Kochlowsky gegen die Stalltür, stieß mit der Stirn voll gegen die Stirn des Mannes, zwei-, dreimal, während Kochlowsky wie festgenagelt stand. Erst als er, aus Mund und Nase blutend, in sich zusammensank, ließ das Pferd von ihm ab. Es trat drei Schritte zurück, wieherte kurz und ging dann in seine Box hinein.
    Eine Stunde später kam Sophie aus Herzogswalde zurück.
    Im Garten, an der Stallwand, lag Kochlowsky auf dem Rücken, besinnungslos, das Gesicht voller Blut. Wanda saß neben ihm, ein blutiges Handtuch haltend, und wirkte wie erstarrt. Nicht weit davon entfernt spielte der kleine Leo im Sand und baute Törtchen in Blechformen. Es war ein Anblick, der sich in die Seele fraß.
    »Papa atmet noch«, sagte Wanda ganz ruhig. »Ich glaube, Mutti, er wollte mich totschlagen …«
    Das nächste Krankenhaus war in Tharandt.
    Dr. Kreutzer hatte Kochlowsky untersucht, gewaschen, den Kopf bandagiert und ihm einige Injektionen gegeben. Dieser atmete schwer und blieb in seiner Bewußtlosigkeit.
    »Das gefällt mir gar nicht«, sagte Dr. Kreutzer vorsichtig zu Sophie, die neben ihrem Mann auf der Untersuchungsliege hockte und dessen rechte Hand hielt. »Eine Gehirnerschütterung hat er allemal. Aber das scheint mir auch ein Schädelbruch zu sein. Das Pferd muß mit unvorstellbarer Wucht zugestoßen haben. Ich bringe Ihren Mann ins Krankenhaus …«
    »Wird er es überleben?« fragte Sophie mit kindlicher Stimme. »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor …«
    »Seine Atmung ist verhältnismäßig gut …«
    »Aber der Schädelbruch …«
    »Wir können nur abwarten.«
    »Ich fahre mit, ich bleibe bei ihm.«
    »Aber die Kinder …«
    »Drei Frauen aus der Nachbarschaft kümmern sich um sie, abwechselnd.«
    »Und der Säugling?«
    »Sophie nehme ich mit.« Sie beugte sich über den Ohnmächtigen und küßte seine Stirn »Ich lasse ihn doch jetzt nicht allein.«
    »Wie war das überhaupt möglich? Sein Pferd, sein Liebling …«
    »Ich weiß es nicht.« Sie dachte an Wanda und an das, was sie ihr erzählt hatte. »Papa war nicht mehr Papa. Er sah aus wie ein Gespenst!« Wenn es so war, wie Wanda berichtete, ging Kochlowsky an Kochlowsky zugrunde. Ein unfaßbares Schicksal!
    »Was wird nun aus dem Pferd?«
    »Es wird zum Baron in den Stall kommen.«
    Der Krankentransporter war ein besonders gut gefederter Kastenwagen mit einem kräftigen Gaul davor,

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