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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erstenmal:
    »Was macht Reckhardt?«
    Sophie schwieg und schüttelte seine Kopfkissen auf. Kochlowsky starrte betroffen ihren schmalen Rücken an.
    »Man hat ihn zum Baron gebracht?«
    »Nein, Leo.«
    »Gott sei Dank! Es geht ihm gut?«
    »Ja …«
    »Wer versorgt ihn denn? Hammerschlag?«
    »Nein … der liebe Gott …«
    »Wer?«
    »Leg dich hin, Leo. Du mußt ganz ruhig bleiben.« Sie drückte ihn mit sanfter Gewalt ins Bett zurück, deckte ihn zu und nahm seine Hände. Sie zitterten leicht. Es war ein immerwährendes Zittern, und der Arzt meinte, er würde es behalten. »Ich werde es dir erzählen … Reckhardt hat sich selbst umgebracht …«

XXIX
    Was sich da in den Wäldern um Herzogswalde ereignet hatte, war so ungeheuer, daß niemand es glauben konnte, der es nicht selbst gesehen hatte.
    Nachdem das schöne, kraftvolle Pferd Reckhardt die beiden Stallknechte des Barons umgerannt hatte und in den Wald galoppiert war, zog eine zwanzigköpfige Kolonne unter der Leitung von Förster Ursprung los, um den Gaul einzufangen.
    »Verletzt ihn bloß nicht«, hatte Baron von Finck eindringlich gemahnt. »Ich weiß, er ist der wahre Satan, aber gerade deshalb soll ihm nichts geschehen. Kreist ihn ein, spannt Netze und bindet ihn dann fest. Jeder von euch bekommt zehn Goldmark!«
    Es dauerte zwei Tage, bis der Suchtrupp Reckhardt entdeckte. Er war in dem hügeligen Gelände zwischen dem Galgen-Berg und dem Land-Berg, und sein Instinkt schien ihn geradenwegs in den Tharandter Wald zu treiben, wo er am sichersten war und wo es noch genug unwegsames Gelände gab, in dem ihn niemand mehr finden konnte. Hier konnte er ein freies, wildes Leben führen bis ans Ende seiner Tage.
    Nun aber hatte man ihn auf der Wanderschaft in die absolute Freiheit entdeckt – Reckhardt witterte die Gefahr sofort, hob den Kopf und starrte zu den Reitern hinüber, die zwischen zwei Hügeln aufgetaucht waren.
    »Da ist er!« stieß Förster Ursprung, heiser vor Aufregung hervor. »Wir müssen ihn jetzt einkreisen wie einen Hirsch oder eine Wildsau. Sechs Mann schlagen einen weiten Bogen, umreiten ihn und schneiden ihm den Weg ab. Je drei kommen von den Seiten. Die anderen bleiben bei mir und warten, bis er sich uns nähert. Ein anderer Weg bleibt ihm nicht mehr.«
    »Er wird versuchen durchzubrechen«, sagte der Erste Bereiter des Barons, ein alter Kavalleriewachtmeister. »Wie ich das Aas kenne, galoppiert er alles um, was sich ihm in den Weg stellt.«
    »Wir haben Netze und Stricke.«
    »Der reißt mit seiner Kraft alles um.«
    »Soll ich ihn vielleicht mit Zuckerstückchen ranlocken?« schrie Ursprung wütend. »Dumm reden kann jeder! Wer hat einen anderen Vorschlag?«
    »Wir hetzen ihn so lange, bis er müde ist …«
    »Da könnt ihr lange waren. Bis Reckhardt müde ist, sind unsere Gäule längst röchelnd zusammengebrochen.« Ursprung winkte ab. »Wir müssen ihn einfangen, als ob wir hier im Wilden Westen sind.«
    »Wenn das gelingt, stifte ich ein Faß Bier!« Der Erste Bereiter klopfte gegen seinen Sattelknauf. »Aber hier rumstehen und reden bringt auch nichts. Aha! Er hat uns gesehen. Er trabt davon. Leute, ihm nach. Das Gelände hier ist auch zu unübersichtlich. Wir müssen ihn auf freiem Feld haben …«
    Das Pferd hatte sich in Trab gesetzt und lief hocherhobenen Hauptes, ein Bild kraftvoller Schönheit, dem Wald zu, der als massive grüne Wand vor ihm lag. Es trug noch immer die Trense, die ihm Wanda angelegt hatte, als sie mit Leo auf ihm geritten war, und Reckhardt schmeckte noch immer das Blut seines Herrn, das seine Nüstern verschmiert hatte.
    Während der vergangenen zwei Tage, in denen er durch das Land getrottet war, traurig, mit hängendem Kopf, ohne zu fressen, nur ab und zu am Gras schnuppernd, hatte sich in ihm immer mehr das Gefühl verstärkt, daß er seinen Herrn Leo nicht mehr wiedersehen würde. Das Bild, wie Kochlowsky blutüberströmt an der Stallwand zusammensank, wie Wanda, ohne zu schreien, sich stumm und ernst neben ihn setzte und mit einem Handtuch, das sie von der Wäscheleine geholt hatte, den blutenden Kopf des Vaters zu säubern versuchte – wobei sie das Blut nur noch mehr verteilte –, während der kleine Leo im Sand Kuchen backte, das blieb Reckhardt vor Augen und sagte ihm: Du wirst nie wieder zu deinem Herrn zurückkehren. Du kannst jetzt überall hin. Such dir einen Platz, wo du einsam dein Leben verbringen kannst.
    So war er weitergezogen, einem rätselhaften Instinkt folgend, der ihn Weite und

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