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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Leiche aufgrund einwandfreien Selbstmords freigab, sickerte sehr schnell das Gerücht durch Wurzen, daß Rechmann von Blandine ein Tagebuch erhalten hatte, in dem alle Namen … Trotz intensivster Suche habe die Polizei bis jetzt dieses belastende Schriftstück nicht gefunden, aber wenn es ans Tageslicht käme, wäre das einer Katastrophe gleichzusetzen.
    Wurzen war von einer nach außen hin nicht bemerkbaren Unruhe erfüllt. Niemand zweifelte daran, daß es eine solche skandalöse Liste gab … Rechmann mußte sie so gut versteckt haben, daß die Polizei noch immer suchte. Auch wenn man sich auf die Diskretion der Polizei verlassen mußte – allein schon die Tatsache, wie schnell durchgesickert war, daß Rechmann einen Brief hinterlassen hatte, bewies, in welcher Gefahr man schwebte. Die noch unbekannten ›Betroffenen‹ gerieten in eine stille Panik.
    Wo war Blandines verteufelte Liste?
    Bereits drei Tage nach Rechmanns Begräbnis, das fast zu einem vaterländischen Fest ausartete – mit Fahnenschwenkern, Salutschießen am Grab, einer Blaskapelle und vielen Ansprachen –, hatte die Polizei schon wieder im Forsthaus zu tun: Es war eingebrochen worden!
    Der – oder die – Einbrecher hatten das ganze Haus durchwühlt, Schubläden aufgerissen, Wandvertäfelungen heruntergerissen, Dielen aufgebrochen, den Dachboden verwüstet – mit welchem Erfolg, konnte natürlich niemand sagen. Man wußte nur, was gesucht worden war.
    »Da scheint einigen der Hintern zu rösten!« sagte Kochlowsky schadenfroh. »Die feinen Leute von Wurzen! Da werden sich noch einige verbrennen …«
    Mit größter Vorsicht wurden von einigen sehr biederen Bürgern und Ehemännern Nachforschungen auf eigene Faust angestellt. Man hörte sich um, sprach mit den Forstarbeitern und Eleven, dem Buchhalter der Försterei, den Waldarbeitern und Bauern der umliegenden Höfe und erfuhr etwas sehr Erstaunliches und äußerst Alarmierendes: Einer der letzten Besucher, der Förster Rechmann lebend gesehen und gesprochen hatte, war Leo Kochlowsky gewesen. Vier Augenzeugen bestätigten das – und auch, daß Rechmann nach diesem Besuch etwas verstört herumlief.
    Diese Nachricht schweißte die heimlichen Paniker zusammen: Im Sitzungszimmer der Möbelfabrik Schimsky und Sohn trafen sich zwölf würdige Herren, deren Namen überall makellos glänzten. Man begrüßte sich wie alte Freunde, rauchte dicke Zigarren, trank guten alten Portwein oder französischen Cognac und hörte zunächst dem Dampfwäschereibesitzer Lohrmann zu, der nach langen Ausführungen zu dem Schluß kam:
    »Verschließen wir nicht die Augen vor der Tatsache, daß ein Bekanntwerden der Liste unseren Untergang bedeuten würde. Die fälligen Scheidungen wären noch das geringste Übel. Und gehen wir jetzt einmal von der Tatsache aus, daß Kochlowsky von Rechmann als Entschädigung für den sinnlosen Anschlag die Liste bekommen hat, dann hat er uns alle – bitte keine Augenwischerei, das ist eine Tatsache! – voll und ganz in der Hand. Was das bei einem Burschen wie Kochlowsky bedeutet, brauche ich wohl nicht näher zu erklären. Er kann uns mit teuflischer Leichtigkeit ruinieren.«
    »Was ist dagegen zu tun?« fragte ein Kartonagenfabrikant. Er war besonders gefährdet. Er hatte nämlich in die Fabrik eingeheiratet, und wenn sich seine Frau scheiden ließ – was sie bestimmt tat –, stand er als Bettler auf der Straße. Bei ihm ging es um alles oder nichts. »Noch einmal schießen, und diesmal mit einem Treffer?«
    »Was bringt das? Das Tagebuch mit der Liste bliebe weiter bestehen. Wir müssen die Liste haben!«
    »Sind Sie so naiv anzunehmen, Kochlowsky gäbe sie freiwillig heraus?«
    »Man sollte vorfühlen, was er mit ihr im Sinne hat.«
    »Wissen Sie, was er Ihnen antworten wird? Ich weiß es: ›Nun werdet ihr springen wie die Feldhasen!‹«
    »Aber irgend etwas muß doch geschehen. Wollen wir ständig auf einem Pulverfaß leben?«
    »Es wäre zu überlegen«, meinte der Fabrikant für Lederwaren sehr philosophisch, »ob man Leo Kochlowsky nicht ganz anders sehen und behandeln sollte? Wenn wir ihn beispielsweise in unsere ›Bürgergesellschaft‹ aufnehmen würden?«
    »Unmöglich!« Die Wurzener Bürgergesellschaft war – wie alle solchen Vereinigungen – der vornehmste Zirkel der Stadt. »Unsere Damen würden in Ohnmacht fallen.«
    »Sie fallen noch gründlicher in Ohnmacht, wenn sie die Liste kennenlernen.«
    »Bleiben wir dabei: Überprüfen wir erst, ob Kochlowsky die

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