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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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suchte Rat! Üxdorf erinnerte sich sofort daran, daß Kochlowsky gleich zu Anfang seiner Tätigkeit in Lübschütz über das Pferdematerial der Ziegelei gemeckert hatte und – als er erfuhr, daß Üxdorf auch dafür zuständig war – sofort zum Schloß gefahren war und gebrüllt hatte: »Wer verwechselt hier Ziegenböcke mit Pferden?«
    Baron von Üxdorf war damals wochenlang zutiefst beleidigt gewesen und verkehrte mit Kochlowsky nur noch schriftlich und durch Boten.
    »Es gibt ein berühmtes Gestüt im Preußischen, bei Torgau jenseits der Elbe, das Gut Luisenhof. Ihnen bekannt?« Üxdorf sprach manchmal so abgehackt, als wäre er noch bei der Kavallerie. Außerdem waren Zivilisten ja sowieso nur Menschen zweiter Klasse – daß er jetzt selbst Zivil trug, betrachtete er als Schicksal. Er kompensierte diesen Umstand ja auch damit, daß er eine Art Phantasieuniform trug und die Stallungen im militärischen Drill regierte. Graf Douglas ließ ihm diese Marotte. Die Pferde jedenfalls glänzten zu jeder Jahreszeit wie zur Parade.
    Kochlowsky schüttelte den Kopf. »Ich kenne hier gar nichts, Herr Baron.«
    »Luisenhof hat einen Ruf wie Donnerhall …«
    »Dann muß der Donner an mir vorbeigezogen sein.«
    »Wann dachten Sie an den Kauf?«
    »So schnell wie möglich.«
    »Morgen?«
    »Wenn es Ihre Zeit erlaubt …«
    »Hätte ich sonst morgen gesagt?!«
    Kochlowsky schwieg. Du Lackaffe, dachte er finster, stehst da in hohen Stulpenstiefeln wie ein Kürassier. Reitet man damit edle Pferde? Du wirst morgen meine Juchtenstiefel sehen, beste polnische Handarbeit, weich wie Handschuhe, damit kannst du einen Schenkeldruck machen, den niemand sieht. Wie an einer Zauberhand läuft das Gäulchen dahin! Die Augen und das Maul wirst du aufreißen. Bring mich erst mal zum Luisenhof …
    »Wie kommen wir hin?«
    »Mit dem Wagen nach Eilenburg, dann mit dem Zug nach Torgau.«
    »Und zurück?«
    »Genauso. Das Pferd kommt im Güterwaggon mit.« Üxdorf zog das Kinn an und musterte Kochlowsky mit der Hochnäsigkeit des Uniformträgers gegenüber dem Zivilisten. »Von Eilenburg müssen Sie dann allerdings allein zurückreiten. Können Sie das?«
    »Ich will's versuchen!« erwiderte Kochlowsky knirschend.
    »Nehmen Sie Rinderfett für den Hintern mit. Man hat sich schnell einen Wolf geritten.« Baron von Üxdorf tippte an seine Mütze, warf Kochlowsky noch einen wohlwollenden Blick zu und entfernte sich dann zu den Stallungen.
    Du Scheißer, dachte Leo und sah dem Baron nach. Auf Gut Luisenhof wirst du sehen, wie ein Mann aus Pleß reitet! Man sitzt nicht auf einem Pferd – man verwächst mit ihm! Jeder Muskel des Gauls ist auch mein Muskel, wir werden zu einem Wesen … Das haben wir von den Kosaken gelernt. Wer macht ihnen das nach?
    Er wandte sich ab, ging zu dem Pferd, das er sich von der Ziegelei geliehen hatte, schwang sich in den Sattel.
    Baron von Üxdorf beobachtete ihn durch ein Stallfenster.
    Er steigt auf wie ein Tatar, dachte er und schob die Unterlippe vor. Scheußlicher Anblick für einen Kavallerieoffizier! Und wie er im Sattel hängt! Da zuckt das Herz eines jeden Soldaten …
    Es war also vorauszusehen, daß der gemeinsame Ausflug nach Gut Luisenhof ein besonderes Erlebnis werden würde.
    Zunächst allerdings verlief alles sehr friedlich. Mit einer Kutsche ließen sich die beiden Herren nach Eilenburg bringen. Der Erste Kutscher des Grafen lenkte selbst das Pferd, immer darauf wartend, daß dieser schreckliche Mensch von Kochlowsky ihn anmeckerte. Kammerdiener Emil Luther hatte ihn gewarnt. »Den sollst du fahren? Man sollte ihn unterwegs abwerfen wie Unrat! Halt dich im Zaum, wenn er dich beleidigt. Der Graf mag ihn – keiner versteht das. Wir hassen ihn alle.«
    Aber nichts geschah. Leo Kochlowsky betrachtete die Landschaft, diskutierte mit Baron von Üxdorf über die Hirschjagd zu Pferde, die er ablehnte und als barbarisch bezeichnete, nachdem er in den Wäldern von Wilczek hatte mit ansehen müssen, wie man einen Hirsch bis zum Umfallen gehetzt und dann das zitternde Tier mit Lanzen abgestochen hatte. Üxdorf war natürlich anderer Meinung, schon weil Kochlowsky dagegen war, und so entspann sich ein Disput, der immer lauter wurde, bis Kochlowsky sagte: »Brechen wir das Thema besser ab, sonst vergesse ich meine gute Erziehung!« Was wiederum Baron von Üxdorf sehr verblüffte, der sich wunderte, daß Kochlowsky überhaupt eine Erziehung genossen hatte.
    Am späten Mittag erreichten sie Torgau mit dem Zug, wo sie

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