Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Üxdorf!« mischte sich Okritz sofort ein. »Hier zahlt sich Tollkühnheit nicht aus.«
    »Ich habe schon andere störrische Böcke kleingekriegt!« rief Üxdorf forsch.
    »Bitte!« Kochlowsky zeigte auf den herrlichen dunkelroten Wallach. »Er wartet darauf …«
    Eine halbe Stunde lang versuchte Okritz, Baron von Üxdorf den Wahnsinnsritt auszureden. Doch der blieb dabei, dem Zivilisten Kochlowsky zu zeigen, wie ein preußischer Offizier reiten kann. Es ging jetzt nicht mehr um die Gefahr, es ging um die Ehre. Er lieh sich Reithose und Stiefel, schnallte Sporen um und ordnete an, Reckhardt von Luisenhof auf Kandare zu schirren. Dich krieg' ich klein, dachte er, als das Pferd an ihm vorbei durch den Stallgang geführt wurde. – Der Wallach tänzelte kokett, aber in seinen Augen lag Vernichtungslust. – Ich war der beste Reiter des Regiments. Einen Üxdorf wirft man nicht ab!
    Dann aber ging alles ziemlich schnell, und Okritz war froh, daß es so schnell passierte. Üxdorf saß auf, zog die Kandare an, gab mit den Sporen das Zeichen ›Im Schritt vorwärts!‹ ließ etwas Zügel nach und spürte zwischen seinen Schenkeln die Kraft des Pferdes. Ein wunderbares Tier, fürwahr!
    Als wollte das Pferd ihm einen Gefallen erweisen, schritt es majestätisch einmal das Viereck des Abreiteplatzes ab. Schon wölbte Üxdorf stolz die Brust über seinen Sieg, da blieb Reckhardt mit einem Ruck stehen, machte blitzschnell einen Katzenbuckel, hob mit allen vieren, aus dem Stand heraus, ab und zeigte hoch in der Luft eine herrliche Kapriole.
    »Hei!« schrie von Üxdorf, suchte verzweifelt Halt, flog in hohem Bogen aus dem Sattel und wälzte sich dann im Sand geistesgegenwärtig aus dem Bereich von Reckhardts Hufen, die beim Herabkommen sofort nach ihm schlugen.
    »So ein Satan!« keuchte Üxdorf und brachte sich hinter der Bande in Sicherheit. Drei Stallburschen mußten den vor Wut zitternden Wallach festhalten. »Okritz, das ist ja kein Pferd, das ist ein Teufel!«
    »Ich habe Sie gewarnt.« Okritz sah zu Kochlowsky hinüber. Er stand mit brennenden Augen dem Pferd gegenüber und starrte es an. »Was sagen Sie nun, Kochlowsky?«
    »Die drei Knaben sollen gehen! Ich will mit Reckhardt allein sein.«
    »Lassen Sie den Irrsinn!«
    »Was soll er kosten?«
    »Für fünfhundert Mark können Sie ihn mitnehmen und sich tottrampeln lassen.«
    »Das ist ein Wort!« Kochlowsky trat an Reckhardt heran, sehr nahe und sehr mutig. »Und nun paß mal auf, mein Kerlchen«, sagte er zu dem herrlichen Pferd, »du heißt Reckhardt, ich heiße Leo. Du wirst all deine Kraft einsetzen, um mich kleinzukriegen, und ich werde alles tun, bis du mir aus der Hand frißt. Verstehen wir uns? Du bist ein Dickkopf, aber ich bin ein noch größerer. Eigentlich passen wir zueinander. Was meinst du?«
    Das Pferd schob die Nüstern hoch und bleckte die Zähne. Die Muskeln an den Hinterhänden spannten sich.
    »Vorsicht!« schrie Okritz. »Er springt gleich!«
    »Ich auch!«
    Mit offenem Mund erlebte Üxdorf, wie Leo Kochlowsky mit einem Satz neben dem Pferd stand, sich blitzschnell in den Sattel zog und aufsaß. Wirklich wie ein Tatar, dachte er, nein, wie ein Kosak, und damit traf er das Richtige.
    Das Pferd stand unbeweglich, wie gelähmt. Okritz wagte nicht zu atmen. Was würde jetzt geschehen? Wie lautete die Antwort von Reckhardt?
    Es kam zu keiner Reaktion des Pferdes, denn Kochlowsky glitt schon wieder aus dem Sattel. Erst jetzt drehte das Pferd den Kopf und sah ihn verwundert an.
    »Umsatteln!« sagte Kochlowsky laut. Es war der Pleßsche Ton. »Weg mit der Kandare, ich reite nur auf Trense! Glotzt nicht so dämlich! Trense habe ich gesagt!«
    »Das ist Selbstmord!« schrie Okritz. »Sind Sie verrückt, Kochlowsky?«
    »Ich bitte, das zu tun, was ich anordne!« brüllte Kochlowsky zurück.
    Es hatte keinen Sinn zu streiten. Reckhardt von Luisenhof wurde auf Trense umgesattelt und stand dann mit angelegten Ohren wartend im Karree. Kochlowsky trat wieder zu ihm heran. Okritz wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Das überlebt er nicht«, flüsterte er Baron von Üxdorf zu.
    »Es wird in Wurzen viele geben, die das mit Freuden hören. Immerhin – Mut hat er. Erstaunlich für einen Zivilisten.«
    Mit einem Satz war Kochlowsky wieder im Sattel. Aber diesmal reagierte das Pferd. Es sprang nicht empor in die Luft oder stieg hoch, wie es jedes Pferd getan hätte – das Gegenteil geschah: Der Wallach fiel in sich zusammen, als sei er plötzlich knochenlos

Weitere Kostenlose Bücher