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Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön

Titel: Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehr stark vor, Herr Kochlowsky«, sagte er kühl. »Irren Sie sich da nicht? Ich habe Ihre Familie zu einer Spazierfahrt eingeladen – was ist daran verwerflich?«
    »Wie oft?«
    »Es ist heute das elftemal.«
    »Der Tröster der kleinen, einsamen Frau …«
    »Es ist wirklich eine Schande, bei so herrlichem Wetter immer nur im Haus zu sitzen.«
    »Steigen Sie ab!« sagte Kochlowsky knapp. »Los!«
    »Leo, sei vernünftig!« rief Sophie voll Entsetzen. Sie umklammerte die kleine Wanda, die mit ihren graugrünen Augen etwas scheu zu ihrem Vater blickte und die Ärmchen um den Hals der Mutter schlang. »Mach dich nicht unglücklich, Leo! Herr Cranz hat uns die schöne Gegend gezeigt, er hat Wanda Limonade gekauft, wir haben die Tiere im Wald beobachtet: Rehe, Fasanen, Füchse, Dachse. Ich hatte noch nie einen Dachs gesehen … Wanda hat sogar Rehe gefüttert … Leo, sei doch vernünftig, ich flehe dich an …«
    Kochlowsky war aus dem Sattel gestiegen, hatte Reckhardt von Luisenhof hinten am Jagdwagen mit dem Zügel festgebunden und kam nun wieder nach vorn. Cranz saß noch immer auf dem Bock.
    »Ein Feigling sind Sie also auch noch!« schrie er. »Ein bibbernder Rotzjunge!«
    Willy Cranz atmete tief durch. Was zuviel ist, ist zuviel, dachte er. Ich kann 'ne Menge ertragen, auch von einem Kochlowsky, aber jetzt ist Schluß!
    Er sprang vom Wagen, lief darum herum und stand vor Kochlowsky. Sie waren fast gleich groß, nur wirkte Cranz in seiner grünen Uniform sportlicher als Kochlowsky in seinem Reitrock.
    »Bitte!« sagte Cranz etwas gepreßt. »Und was nun?«
    »Ich habe einmal in Pleß einen Kavallerieoffizier mit einer Peitsche zuschanden geschlagen.«
    »Und diese Prozedur wollen Sie bei mir wiederholen?«
    »Nein! Sie sind kein Offizier. Sie sind nur ein mieser Dreckskerl.«
    »Und Sie sind tatsächlich ein Irrer!« rief Cranz heiser. »Die Leute haben recht.«
    Einen Augenblick noch standen sie voreinander, lauernd, wer wohl als erster anfangen würde. Dann ging plötzlich ein Ruck durch beide Körper, und wie auf ein inneres Kommando stürzten sie aufeinander los.
    Jacky rollte sich zusammen und schloß die Augen. Sophie stieß noch einen verzweifelten Schrei aus, wandte sich dann ab und beugte sich über Wanda, als müsse sie das Kind mit ihrem Körper beschützen.
    Cranz war der Stärkere, das war vorauszusehen, aber Kochlowsky kannte eine Menge Tricks, die der junge Förster nicht beherrschte. Von polnischen Wilderern, die in den Pleßschen Wäldern räuberten, hatte er sie gelernt; da die Wälder nicht Kochlowskys Revier waren, sondern dem Fürstlichen Oberforstmeister unterstanden, den Kochlowsky nicht leiden konnte, lieferte er die Wilderer, wenn er sie zufällig bei ihrem Tun überraschte, nicht aus, sondern nahm heimlich Unterricht bei ihnen. Es waren böse Tricks wie Handkantenschläge gegen die Halsschlagader, Leberhaken und Nierenschläge, Schleudergriffe und Gelenkauskugelungen, mit denen jedes Handgemenge zugunsten der Wilderer entschieden wurde.
    Schon beim ersten Fausthieb sah Kochlowsky ein, daß Cranz ihm überlegen war. Er unterlief ihn deshalb, rammte seinen Schädel gegen dessen Brust und stieß gleichzeitig seine Faust in die Leber seines Gegners.
    Cranz stöhnte auf, taumelte zurück, starrte Kochlowsky ungläubig an und bekam in diesem Augenblick den zweiten Schlag gegen den Hals. Die Handkante. Lautlos sank Cranz in sich zusammen und fiel rückwärts ins Gras.
    »So geht es jedem, der mir die Frau wegnehmen will!« stieß Kochlowsky gepreßt hervor. »Und wenn mich die ganze Welt verflucht, ich bereue nichts! Ich lasse mir nichts wegnehmen, was mir gehört …«
    Er faßte Cranz unter den Achseln, schleifte ihn zum Waldrand und lächelte böse, als er ein Stück Wiese entdeckte, daß von hohen Brennesseln übersät war. Dorthin schleifte er den Besinnungslosen, drehte ihn um und drückte ihn mit dem Gesicht in die Nesseln.
    Im Jagdwagen saß steif und weiß wie gebleichtes Leinen Sophie und hielt Wanda, die inzwischen eingeschlafen war, an sich gepreßt. Kochlowsky klopfte den Staub vom Reitanzug und strich den etwas zerzausten Bart gerade.
    »Du … du hast ihn umgebracht«, sagte Sophie leise, »einen völlig Unschuldigen …«
    »Er hat mich beleidigt!«
    »Er hat dir gar nichts getan.«
    »Hinter meinem Rücken ist er mit meiner Frau spazierengefahren! Hat er dich umarmt? Hat er dich geküßt? Was hat er dir alles gesagt? Daß ich ein Scheusal bin? Wie man mit einem solchen Mann

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