Kochlowsky 2: Und dennoch war das Leben schön
verheiratet sein kann? Hat er dir die Försterei gezeigt und gesagt: Hier kannst du leben! Das ist eine ruhige Welt! Geh weg von diesem Satan! – Hat er das gesagt?«
»Du … du bist ja eifersüchtig, Leo«, sagte sie ganz leise und kindlich, »eifersüchtig wie Othello …«
»Was hat er alles gesagt?« brüllte Kochlowsky. »Ich will es wissen!«
»Pssst! Das Kind schläft …«
»Versteck dich nicht hinter dem Kind! Hat er gesagt, daß du von mir weggehen sollst? Hat er das?«
»Nun ist er tot. Leo, du hast einen Menschen getötet!«
»Quatsch! Er ist nur besinnungslos, und wenn er aufwacht, ist sein Gesicht doppelt so dick wie vorher. Und rot! Damit wird er rumlaufen, eine Woche bestimmt! Die guten Brennesseln! Komm runter vom Wagen!«
Er band Reckhardt von Luisenhof los, hob Sophie in den Sattel, gab Jacky einen Tritt und knurrte: »Du elender Verräter!« und schwang sich hinter Frau und Kind aufs Pferd. Noch einen Blick warf er zurück: Willy Cranz lag noch immer mit dem Gesicht in den Brennesseln.
»Dafür wirst du bezahlen müssen, Leo«, sagte Sophie, als er langsam nach Hause ritt. »Wenn ich mich damals so benommen hätte wie du jetzt …«
»Du hattest nie einen Grund!«
»Lüg nicht! Glaubst du, ich weiß nicht, daß du dich mit dieser Hure Blandine Rechmann heimlich getroffen hast? Nach Leipzig wolltest du mit ihr fahren und mit ihr ins Bett steigen!«
»Ich bin nicht gefahren!« knurrte Kochlowsky.
»Und warum nicht? Weil ich es verhindert habe. Weil ich dich nach Leipzig begleiten wollte. Du wärst gefahren, wenn ich nicht alles gewußt hätte! Streite es nicht ab! Aber du könntest aus Eifersucht einen Menschen töten!«
»Ja! Wer dich anfaßt, den bringe ich um!« Er ließ das Pferd in Trab fallen und hielt seine kleine Frau an den Schultern fest. »Was habe ich auf der Welt außer dir und Wanda? Für wen lebe und arbeite ich, und an wen denke ich in jeder freien Stunde? Ich lasse niemand anders in mein Paradies …«
»Und ich? Mit neunzehn Jahren bekomme ich mein zweites Kind! Soll ich einmal – wie deine Buchhalter – Buch führen über jedes gute Wort, das du zu mir sprichst? Wieviel Seiten im Jahr bleiben da leer … Und trotzdem liebe ich dich!«
Zu Hause wusch sich Kochlowsky von Kopf bis Fuß in einer großen hölzernen Wanne, zog dann einen anderen Reitrock an und ritt zu den Tonwerken zurück. Er war wortkarg, blieb in seinem Büro und fuhr Plumps, der mit neuen Umsatzlisten erschien, grob an: »Lassen Sie mich mit diesem Scheißdreck heute in Ruhe, Schnupf!«
Am Abend, gegen sieben Uhr, fuhr Dr. Brenneis in seinem Wagen in die Ziegelei und stampfte geradewegs zu Kochlowsky. Ohne anzuklopfen, trat er ins Büro, und sofort brüllte Kochlowsky: »Raus! Auch wenn Sie Arzt sind, können Sie anklopfen!«
»Das einzige, was ich bei Ihnen tun werde, ist, Ihnen auf den Kopf zu klopfen«, sagte Dr. Brenneis und schlug die Tür hinter sich zu. »Sie sind wohl völlig verrückt geworden, was?«
»Wenn das der Fall wäre, hätten Sie jetzt das Tintenfaß am Kopf!«
»Raten Sie mal, woher ich komme.«
»Von einem Patienten, der fünf Tage nicht auf den Lokus konnte! So einen Geruch bringen Sie mit.«
»Ich komme von Förster Cranz«, sagte Dr. Brenneis unbeirrt. »Sein Gesicht sieht schrecklich aus. Ich habe ein halbes Pfund Salbe drauf schmieren müssen. – Wie kann man so etwas tun?«
»Und was wollen Sie hier?« fragte Kochlowsky steif. »Soll ich etwa die Salbe bezahlen?«
»Weil ich mit Ihrer kleinen Frau Mitleid habe …«
»Schon wieder einer!«
»… will ich Ihnen sagen, daß Graf Douglas von diesem Vorfall unterrichtet wurde. Zum erstenmal soll er mit der Faust auf den Tisch geschlagen haben. Sie kennen den Satz von dem letzten Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt …«
»Das ist mein Problem, nicht Ihres. Kümmern Sie sich gefälligst um Ihre armen Patienten, die Ihnen leider ausgeliefert sind. Stimmt es, daß man in Wurzen aufgrund Ihrer ärztlichen Erfolge einen neuen Friedhof anlegen will?«
Dr. Brenneis sah Kochlowsky fast traurig an, schüttelte dann den Kopf und verließ das Büro. Leo sah vom Fenster aus zu, wie er die Ziegelei mit seinem Wägelchen wieder verließ.
Der Graf, dachte er, mit der Faust auf den Tisch schlagend. Man muß dem Grafen einmal erklären, daß die Liebe zu einer Frau zu allem befähigt! Der Förster Cranz hat einen Riß in meiner Seele verursacht. Ich blute vor Eifersucht …
Mit Verwunderung stellte Plumps fest, daß
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