Kochwut
Schieflage ausgenutzt, sich dann auf Güldenbrook breitgemacht und ihn glauben lassen, sie seien Partner.«
»Kennen Sie das Testament Ihres Vaters?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wann waren Sie gestern genau auf dem Gut?«
»Ich denke, es war so gegen 19 Uhr, als ich ankam, und ungefähr eine Stunde später bin ich wieder los.«
»Wo haben Sie Ihren Vater getroffen?«
»In seiner Wohnung.«
»Er lebte allein?«
»Soviel ich weiß, zurzeit ja.«
»Als Sie gingen, da blieb er allein in der Wohnung zurück?«
»Nein, er kam mit nach draußen, wollte noch irgendwas erledigen, sagte er. Er brachte mich bis zu meinem Wagen, und da verabschiedeten wir uns.«
»Ist Ihnen auf dem Hof irgendetwas oder irgendwer aufgefallen?«
»Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. So selten wie ich auf Güldenbrook bin.«
Wieder sah der junge Mann verstohlen nach der Uhrzeit.
»Haben Sie eigentlich einen Schlüssel für die Wohnung dort?«
»Schon lange nicht mehr.«
»Was haben Sie gemacht, nachdem Sie das Gut verlassen haben?«
»Ich bin zurück nach Lübeck gefahren und war dann zum Essen im ›Miera‹.«
»Allein?«
»Mit einer Freundin.«
»Name?«
»Tut mir leid, den möchte ich Ihnen nicht sagen.«
»Was haben Sie nach dem Essen gemacht?«
»Ich bin nach Hause gefahren.«
»Allein?«
»Mit derselben Freundin.«
»Deren Namen Sie uns auf keinen Fall nennen können?«
Von Güldenbrook hob bedauernd die Schultern.
»Herr von Güldenbrook, Sie scheinen nicht zu verstehen: Die Dame kann eine wichtige Entlastungszeugin für Sie sein«, sagte Angermüller eindringlich.
»Da ich mit der Sache nichts zu tun habe, brauche ich auch keine Entlastungszeugin, okay?«
Fast trotzig hörte sich diese Feststellung an.
»Wie Sie wollen«, meinte Angermüller und drehte sich zur Tür. »Wir werden Ihre Angaben überprüfen. Sie halten sich bitte zu unserer Verfügung, Herr von Güldenbrook. Sollten Sie verreisen wollen, geben Sie uns bitte Bescheid. Ich denke, wir werden uns bald wieder bei Ihnen melden.«
Clemens von Güldenbrook antwortete nur mit einem leichten Achselzucken. Er begleitete die beiden zum Ausgang.
»Wie ist das denn eigentlich mit … Ich meine, man muss ja die Beerdigung vorbereiten, Leute benachrichtigen, und das muss ja wohl ich tun.«
Zum ersten Mal nahm Angermüller eine kleine Unsicherheit, eine verständliche menschliche Regung an dem sonst so glatten jungen Mann wahr und verspürte fast so etwas wie Sympathie für ihn.
»Momentan ist der Leichnam noch bei der Rechtsmedizin. Sie erfahren rechtzeitig, wenn er freigegeben wird.«
»So ein arrogantes Arschloch!«, entfuhr es Jansen, als sie durch die Kälte zu ihrem Wagen eilten. »Der denkt auch, weil er Graf von weiß der Geier was heißt, gelten für ihn andere Gesetze! Aber zum Glück ist das in diesem Land schon lang vorbei!«
»Ich weiß zwar nicht, wie ich ihn sonst einschätzen soll, aber ich fand den nicht unbedingt arrogant. Er ist halt sehr distanziert, aber trotzdem höflich«, sagte Angermüller nachdenklich. Sie stiegen schnell ins Auto ein, in dem es auch nicht wärmer als draußen war.
»Was ich irre finde: Anfang 30 und dann so ein Lebensstil. Hast du die Einrichtung gesehen?«
Angermüller war sichtlich beeindruckt.
»Viel stand da ja nich rum«, meinte Jansen desinteressiert.
»Aber alles edel und teuer. Irgendwie schon eine andere Welt.«
»Die der Schönen und Reichen, nehm ich an. Und was machen wir zwei Playboys jetzt?«
»Feierabend würd’ ich sagen.«
»Oder auch nicht«, antwortete Jansen, deutete nach vorn durch die Windschutzscheibe und ließ den Wagen an. Mit offenem Mantel und im Laufschritt kam Clemens von Güldenbrook den Gehweg entlang und stieg in seinen Aston Martin.
»Denk dran, es kann glatt sein«, gab Angermüller seinem Kollegen einen Tipp, während er den Sicherheitsgurt umlegte. Der reagierte darauf nicht. Elegant lenkte er den Passat aus der engen Parklücke und blieb in einigem Abstand hinter dem englischen Sportwagen.
»Man kann ja nie wissen, wozu es gut ist, oder?«
Jansen war der Feierabend heilig und der Freitagabend erst recht. Doch wenn sie mitten in einem Fall steckten, konnte sich seine Mentalität ganz schnell ändern, und er wandelte sich zum ehrgeizigen Ermittler.
Sie folgten dem silbernen Sportwagen über das Burgtor auf die Travemünder Allee, die schließlich zur Travemünder Landstraße wurde. Der Straßenbelag glitzerte verdächtig. Es war kaum Verkehr, und Jansen verminderte
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