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Kochwut

Titel: Kochwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Torhaus von Gut Güldenbrook und die Männer vom Bestattungsunternehmen beim Abtransport des Metallsarges.
    Dann tauchte der Moderator mit betroffenem Blick im Bild auf. Sein Sprachduktus war bemüht unaufgeregt, während seine Botschaft von Sensation sprach.
    »Guten Abend, meine Damen und Herren! Sie alle kennen Gut Güldenbrook, im östlichen Zipfel Schleswig-Holsteins gelegen, geschichtsträchtiger Ort, romantisches Herrenhaus und vor allem: Schauplatz von ›Voilà Lebouton!‹. Hier geht es normalerweise um Lebensfreude, Genuss pur und gute Unterhaltung. Doch hinter den Kulissen der beliebten Show hat sich in der vergangenen Nacht ein Drama abgespielt.«
    Der Mann im perfekt sitzenden Anzug und mit ebensolcher Frisur verschwand vom Bildschirm, und die Kühlkammer mit dem toten Grafen erschien, allerdings so unscharf, dass kaum etwas zu erkennen war.
    »Christian Graf von Güldenbrook ist tot. Man fand ihn am Morgen mit einem Messer in der Brust. Pierre Lebouton hat seinen Partner verloren. TVX Kabel berichtet exklusiv.«
    Unter die Grabesstimme des Moderators aus dem Off legte sich ein Bilderteppich mit zahlreichen Aufnahmen von Lebouton und einigen Schnappschüssen seines jetzt toten Geschäftspartners aus früheren Tagen.
    »Pierre Lebouton ist tief getroffen. Wie geht es weiter mit der Show? Wir sprachen mit dem Meister.«
    Es folgte ein äußerst kurzes Interview mit dem Starkoch, der sein tiefstes Bedauern über Güldenbrooks Schicksal äußerte, aber gleichzeitig versicherte, dass man trotz des Schocks über dieses Verbrechen wie gewohnt mit ›Voilà Lebouton!‹ weitermachen würde.
    »Das sind wir unserem Publikum schuldig.«
    In noch knapperen Statements verkündeten Alix Blomberg, den Tränen nahe, und Alois Schlipf, betont gefasst, ihre tiefe Trauer über den großen Verlust. Angermüller saß nur noch kopfschüttelnd vor dem Fernseher. Der Bericht endete mit verwackelten Aufnahmen von ihm selbst und Jansen, wie sie über den Innenhof von Gut Güldenbrook gingen. Der Moderator sagte dazu mit seidenweicher Stimme:
    »Wieder einmal tappt unsere Polizei im Dunkeln. Wird sie rechtzeitig den Täter ergreifen können, der dieses schreckliche Verbrechen begangen hat? Oder muss erst noch ein Mensch sterben, weil die ermittelnden Beamten wie so oft überfordert sind?«
    Mit tiefernstem Blick in die Kamera erschien der Fernsehmann wieder auf dem Schirm, blieb einen Moment stumm und sagte dann in dramatischem Tonfall:
    »Auf Gut Güldenbrook jedenfalls geht die Angst um. Wir haben gehört, dass noch ein weiterer Anschlag auf das Leben einer Person auf dem Gut heute verübt worden ist. Aber wir üben uns in Zurückhaltung, denn wir wollen die Ermittlungen der Polizei nicht stören. Deshalb berichten wir darüber heute nicht.«
    Wieder schwieg er einen Moment, senkte betroffen den Blick und ließ seine Worte wirken. Dann schaute er wieder in die Kamera und hob an zu sprechen, nicht weniger ernst und bedeutungsschwer wie zuvor.
    »Größere Brüste, meine Damen und Herren, die wünscht sich manche Frau, und heute ist ja – fast – alles machbar.«
    Auf dem Bildschirm erschienen riesige, fast nackte Brüste, dann sah man die dazugehörige Blondine, mit einem mehr als knappen Bikini bekleidet, sich lasziv lächelnd in einem Liegestuhl räkeln.
    »Auch Nicole B. war beherrscht von diesem Wunsch. Aus niedlichen Cup B-Größen sollten zwei pralle Cup DD-Prachtexemplare werden.«
    Es folgte das Foto einer ziemlich mageren Frau, ebenfalls im Bikini, mit schwarzem Balken über den Augen.
    Kopfschüttelnd erhob sich Georg, um endgültig den Fernseher auszuschalten, aus dem die anklagende Stimme des TVX-Mannes drang.
    »Nicole B. glaubte den Hochglanzprospekten, mit denen der Schönheitschirurg Prof. Dr. Waldemar Z. für seine Privatklinik und seine Fähigkeiten warb.«
    Schnitt auf ein Foto des Professors, wie er selbstbewusst in die Kamera lächelt, dann wieder der Moderator mit vorwurfsvollem Gesichtsausdruck.
    »Inzwischen hat Nicole B. ihre gesamten Ersparnisse verloren und – sie fühlt sich nicht mehr als Frau, wie sie sagt. Aber sehen Sie selbst, meine Damen und Herren.«
    Es reichte. Entschlossen drückte Angermüller die Aus-Taste. Was für ein Schrott, diese Sensationslust unter dem Deckmantel der seriösen Berichterstattung. Er wusste schon, warum er höchst selten in den Kasten schaute, und hoffte nur, seine Töchter und ihre Freundinnen und Freunde würden die billige Machart derartiger Sendungen

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