Kochwut
frustriert.«
»Tut mir wirklich leid, dass auch ich euch keinen entscheidenden Hinweis geben konnte«, meinte Steffen bedauernd. Georg winkte ab.
»Wir haben uns sowieso erst mal bis Montag vertagt. Es sei denn, die Kontendaten von Lebouton und unserem Mordopfer bringen bald interessante Erkenntnisse. Wir warten darauf. Aber die Bankmenschen waren bisher nicht zu erreichen, und so viel verspreche ich mir inzwischen gar nicht mehr davon, ehrlich gesagt.«
»Ach Gottchen, so pessimistisch kenne ich dich ja gar nicht, armer Schorsch. Aber wir bringen dich gleich auf andere Gedanken! Magst du vielleicht das Süppchen kosten, ob es auch genug gewürzt ist?«, ermunterte Steffen seinen Freund.
»Glaubst du wirklich, dass das nötig ist, du Meisterkoch?«
War Georg in der Küche eher jemand, der sich beim Einkauf auf dem Markt inspirieren ließ und dann aus den Zutaten komponierte oder aus dem Gedächtnis ein Gericht nachkochte, das ihn irgendwo beeindruckt hatte, so war Steffen ein Perfektionist, der nicht vor komplizierten Krusten, Füllungen und Soufflés zurückschreckte und ein Menü vom Rezept über den Einkauf und die Zubereitung bis zum gedeckten Tisch minutiös plante. Georg nahm einen Löffel und war froh, sich den erfreulichen Dingen des Lebens zuwenden zu können. Natürlich war der Geschmack der pürierten Wildrahmsuppe unübertroffen kräftig und aromatisch, einfach tadellos. Ihm lief das Wasser im Munde zusammen. Langsam entspannte er sich und warf neugierige Blicke auf die Köstlichkeiten, die in der Küche bereitstanden. In einem großen Topf simmerte der Tafelspitz, in einer Raine daneben verbreiteten krustig braun gebratene Kartoffelspäne ihr betörendes Aroma, und hinter der Scheibe des Backofens sah er auf einem Backblech vier goldgelbe Türmchen, die er aber nicht identifizieren konnte.
»Das sieht alles sehr verlockend aus. Und wie das duftet! Wenn du wüsstest, wie ich das genieße, hier sein zu dürfen.«
»Das freut mich, das freut mich, lieber Schorsch! Ich habe mich heute auf die österreichische Küche im weitesten Sinne konzentriert, als es den alten Kaiser Franz und die gute Sissi noch gab. Aber mehr erzähl ich nicht. Hurtig an den Tisch! Wir servieren jetzt!«
Es war ein wirklich fürstliches Menü, das Steffen da kreiert hatte. In aller Bescheidenheit wies David die Komplimente zurück, die Georg und Elizabeth auch ihm machen wollten, und stellte klar, dass er immer nur zu schlichten Handlangertätigkeiten herangezogen würde. Allerdings hatte er die passenden Weine ausgesucht, und die waren ebenfalls von allererster Güte. Als zweiten Gang genossen sie Kalbsbrieschen zwischen gebratenen Semmelknödelscheiben, ein Rezept mit Anklängen an die böhmische Küche. Und dann schließlich kam der Tafelspitz auf den Tisch, den Steffen ganz puristisch auf die klassische Weise zubereitet hatte. Ganz langsam wurde das edle Fleischstück bei mäßiger Temperatur in einer selbst hergestellten Brühe mit Gemüsen gegart und mit hausgemachtem Apfelsahnemeerrettich, Schnittlauchsoße und den delikaten Röstkartoffeln gereicht.
Mit jedem Bissen, mit jedem Schluck von den edlen Gewächsen war Georgs Verstimmtheit weniger geworden. Als sie schließlich beim Dessert angelangt waren, fühlte er sich wieder im Lot, war im Reinen mit sich und seiner Umgebung. Auch Elizabeth, die wohl ein besonderes Faible für Süßspeisen hatte, schwelgte hemmungslos in einer extragroßen Portion von dem himmlischen Weintraubenstrudel auf Mohnparfait mit warmer Vanillesoße.
Nach dem Essen wechselten sie ins Wohnzimmer, nahmen einen Brandy, und Steffen holte ein paar Listen, die er schon vorbereitet hatte, um den zeitlichen Ablauf, die Sitzordnung im Standesamt und den Termin mit dem Fotografen zu besprechen. Die Fahrt der Gäste von der Lindischen Villa, wo die Zeremonie stattfand, zum Restaurant, in dem man zu Mittag aß, musste organisiert werden. Danach sollten die auswärtigen Gäste ins Hotel gebracht werden, ehe am Abend ein Cateringservice eine Party für 40 Personen hier im Haus ausrichtete. Steffen, der sonst immer so ruhig und zurückhaltend war, wirkte ziemlich aufgedreht und nervös und fragte ständig, ob er denn noch irgendetwas Wichtiges vergessen hätte zu bedenken.
Georg beobachtete amüsiert die Aufgeregtheit seines Freundes. Er wusste, dass diese offizielle Besiegelung seiner Partnerschaft für Steffen ungeheuer wichtig war. Er hatte in David den Mann fürs Leben gefunden, wollte mit ihm
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