Kodezeichen Großer Bär
fühlte mich wie betäubt und versuchte, meine Gedanken zu ordnen.
»Kodezeichen Großer Bär« war identisch mit dem schlimmsten Fall aller Fälle – nämlich mit dem plötzlichen Verschwinden von General Reling.
Selbstverständlich hatten wir zumindest theoretisch damit gerechnet, daß der mächtigste Mann der GWA einmal unverhofft nicht mehr da sein könnte.
Das war nun eingetreten. Wie, wann, weshalb und wo wußte ich erst in groben Umrissen.
Ich folgte dem Offizier der Wache. Er führte mich durch die festungsartig abgesicherten Gänge der inneren Sektoren, bis wir im Verwaltungstrakt die endlosen Laufbänder und Rolltreppen erreichten.
Manzo, mein treuer Mitarbeiter aus vielen Einsätzen, lag in einer streng überwachten Abteilung unserer supermodernen Klinik.
General Mouser hatte mir bisher nur knappe Andeutungen gegeben. Irgendwie erschien es mir unfaßbar, daß Manzo, dieser Koloß, verletzt sein könne. Deshalb bereitete ich mich innerlich auf allerhand Überraschungen vor.
Die beiden schwerbewaffneten Posten vor der Schiebetür machten mich nervös. Seit wann war es üblich, einen Sergeanten, der doch immerhin nur einen geringen Dienstgrad bekleidete, durch zwei passive Mitglieder der Abwehr bewachen zu lassen!
Die Männer grüßten.
»Oberstleutnant HC-9?« fragte einer.
Ich nickte bejahend.
»Bereits ausgewiesen«, sagte der Offizier, der mich in die Klinik begleitet hatte.
»Darf ich bitten, Sir!«
Ich bemerkte, daß er mit der Hand einen verborgenen Kontakt berührte. Fast lautlos glitt die stählerne Tür in die Wand zurück. Vor mir lag ein großer, freundlicher Raum, in dem ich ein Geschöpf erblickte, daß man mit dem besten Willen nicht als Mensch hätte bezeichnen können.
Es war der Mutant Manzo, der trotz seines nichtmenschlichen Äußeren mehr Mensch war als manch einer, der sich Mensch nannte.
Nur unbewußt bemerkte ich, daß man für Manzo ein Speziallager aufgestellt hatte, da der 2,50 Meter große Gigant niemals in einem normalen Bett Platz gefunden hätte.
Seltsamerweise beruhigte mich diese Tatsache. Allein der Gedanke an das absolut Fehlerfreie und Gewissenhafte in allen Maßnahmen unseres Planungsstabes veranlaßte mich, die vor mir liegende Aufgabe als weniger schwierig und unlösbar anzusehen. Dennoch blieb das große Rätsel!
Ich trat leise näher. Der vor mir liegende Berg aus Muskeln und Sehnen begann sich vorsichtig zu bewegen. Übergangslos empfand ich das schmerzhafte Ziehen in meinem Gehirn. Wenn mich nichts davon hätte überzeugen können, daß ich vor einem Telepathen stand – dies hätte mir absolute Gewißheit verschafft.
Manzos faustgroße Augen waren unergründlich. In dem Augenblick jähen Erkennens veränderte sich ihr Ausdruck. Ein langgezogener Seufzer kam aus dem riesigen Mund, hinter dessen wulstigen Lippen zwei messerscharfe Knochenreihen erkennbar waren. Manzo, das Kind strahlungsgeschädigter Eltern, besaß keine Zähne in unserem Sinne.
Die unsichtbaren Fühler seines tastenden Geistes verschwanden. Mein Gehirn, das ohnehin nicht auf Manzos telepathische Versuche reagieren konnte, wurde wieder frei.
»Entschuldigen Sie, Sir«, stieß er rauh hervor.
Unter der hauchdünnen, atmungsaktiven Decke sah ich einen weißen Verband schimmern. Wahrscheinlich waren unsere Mediziner auf große Schwierigkeiten bei der Behandlung dieses körperlich und geistig anomalen Lebewesens gestoßen. Der organische Aufbau seines Körpers war ohnehin ein Studienobjekt ersten Ranges. Manzo gehörte zu den wenigen positiven Mutanten, die wir im Zuge unserer
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