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Köhler, Manfred

Köhler, Manfred

Titel: Köhler, Manfred Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irrtümlich sesshaft
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wie Liane Czibull giftete: „Ich kann Sie jetzt nicht brauchen, machen Sie die Tür zu, aber von außen!“ – und wie der junge Mensch zurückgiftete: „Das wird Sie was kosten, Anfahrt, Arbeitszeit, Verkaufsausfall bei anderen Kunden...“
    Lothar Sahm fühlte sich abscheulich. Er setzte sich an seinen Küchentisch-Schreibtisch und begann damit, um irgendwie beschäftigt zu sein, die Post zu öffnen und zu sichten. Eine verhasste Arbeit, die eigentlich seine gar nicht mehr war, aber heute tat sie ihm wohl. Mit der emsigen Sorgfalt des Schuldbewussten, der durch demonstrativen Fleiß seine Verfehlungen gutmachen will, sortierte er Briefe und Faxe, redigierte schon mal den einen oder anderen Artikel, machte sich dann an die Planung der Seite 2. War es überhaupt noch „seine“ Seite 2? Kurz vor der Mittagspause trat Liane Czibull zu ihm.
    „Nun? Scheint, du hast dich besonnen.“
    Er schaute sie an und wies mit einer schwachen Kopfbewegung auf das Ausgangskörbchen. Obenauf lag ein Briefumschlag, adressiert an die Geschäftsleitung.
    „Tut mir leid.“
    Liane Czibull nickte.
     
    „Dann verschwinde hier, sofort!“, sagte sie sehr beherrscht.
    Er schaute sie an.
    „Ich meine es ernst. Ich will dich nicht mehr sehen. Pack deinen Scheißdreck zusammen! Wenn ich wiederkomme, bist du weg.“
    Steffi, gerade in einen Artikel vertieft, als Liane Czibull in den Raum gekommen war, hörte auf zu schreiben und drehte sich um. Auch Walter Wonschack im Büro nebenan, die Tür stand offen, war der besondere Ton zwischen den Kollegen Siebl und Sahm aufgefallen, aber er beschloss, sich da lieber nicht einzumischen. Erst als Liane Czibull das Kündigungsschreiben aus dem Korb genommen und sich damit in den ersten Stock aufgemacht hatte, wagte er sich hinter seinem Schreibtisch hervor.
    „Ist irgendwas passiert?“, fragte er verunsichert.
    „Sie hat ihn rausgeschmissen!“, empörte sich Steffi. Als Lianes intimster Mitarbeiter war er Steffis Todfeind gewesen. Jetzt, auf einmal, meinte er sich förmlich von ihr ans Herz gedrückt. Sie schaute ihn mitfühlend, aber auch kampfeslustig an.
    „Was immer passiert ist, du darfst dir das nicht gefallen lassen!“
    „Der Chef bin ja immer noch ich“, brüstete sich Walter ängstlich.
    Lothar Sahm klappte seinen Laptop zusammen und begann damit, seine persönlichen Sachen zusammenzukramen.
    „Sie hat mich nicht rausgeschmissen. Ich habe gekündigt.“
    Steffi und Walter staunten ihn an. Es war nicht viel, was er zu packen hatte. Sie sahen ihm schweigend zu. Er stand auf und ging zur Tür.
    „Ich erklär euch das mal irgendwann. Aber bitte nicht heute. Macht’s gut.“
     
    Er saß nicht mehr am Ufer des Flusses. Er fand sich aber auch nicht drüben auf der anderen Seite: Das Bild wollte, da er es nun willentlich zu beschwören versuchte in seinem Sessel sitzend mit Blick durch die Scheibe der Terrassentür auf tropfende, kahle Büsche und einen fahldunkelgrünen, durchnässten Rasen, das Bild wollte sich einfach nicht mehr vor seinem geistigen Auge fügen. Er wollte sich befreit und glücklich fühlen, voll Zukunftshoffnung und Ehrgeiz, Aufbruchsstimmung sollte ihn elektrisieren – es ging nicht. Er grübelte darüber nach, wie er es seiner Familie beibringen sollte. Das Telefon klingelte, er ließ es klingeln, zehn, 15 Mal. Es wollte nicht aufhören. Er hob ab.
    „Crähenberger!“, gellte es in sein Ohr. „Wir müssen uns unterhalten.“
    „Worüber?“, fragte Lothar Sahm matt. So wenig er weiter in diesem eiskalten Wind stehenbleiben wollte, in den er sich da freiwillig gestellt hatte, so wenig wollte er demütig wieder ins warme Nest zurückkriechen. Es war etwas für immer kaputtgegangen an diesem Tag. Nie wieder würde er mit Liane so auskommen, wie es zuletzt der Fall gewesen war.
    „Na, Sie sind gut“, bellte Crähenberger. „Meinen Sie, das geht alles so einfach? Warum reden Sie denn nicht zuerst mal mit mir über so was?“
    Lothar Sahm spürte das Bedürfnis, ihm sein Schicksal in die Hände zu legen, mit ihm gemeinsam eine Lösung zu finden, sich ihm als dem großen, strengen aber gerechten Übervater anzuvertrauen, als der er sich so gerne gab. Er musste sich mit Gewalt an diese beiden Telefongespräche erinnern, die er über die Freisprechanlage mit angehört hatte. Damals hätte ich schon kündigen müssen, dachte er sich, eigentlich ist der rechte Moment verpasst.
    „Sie wollen also mehr Zeit zum Bücherschreiben. Da wird sich doch auch eine andere

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