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Kölner Kreuzigung

Kölner Kreuzigung

Titel: Kölner Kreuzigung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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die 30 kamen aus einem Besprechungsraum. Auch wenn der Detektiv so klug gewesen war, für diesen Termin den Anzug aus dem Schrank zu holen, fühlte er sich mit einem Mal schlecht angezogen. Vermutlich waren ihre Schuhe allein schon doppelt so teuer gewesen wie sein Anzug. Marius hatte das Gefühl, als betrachteten sie ihn kurz wie einen Alien, und im Grunde war er das auch: ein Eindringling. Dann gingen sie achtlos an ihm vorbei. Marius schaute den Gang hinunter. Jeder, den er sah, war besser und teurer angezogen als er selbst. Alles in diesem Foyer strahlte Eleganz aus, selbst die Menschen.
    »Jürgen Merheimer, mein Name. Herr Hochkirchen erwartet Sie. Wenn Sie mir bitte folgen möchten.«
    Ein weiterer Anzugträger, nur wenige Jahre älter als Marius, war wie aus dem Nichts hinter ihm aufgetaucht, und stand nun neben ihm. Anzug und Krawatte saßen tadellos an diesem Mann, optisch passte er perfekt in diese Kulisse. Dennoch irritierte Marius irgendetwas an Jürgen Merheimer, und während er ihm folgte, dachte er darüber nach, was das sein könnte. An einer offenen Tür blieb Merheimer stehen und bedeutete dem Detektiv, einzutreten. Daraufhin nickte er kurz zum Abschied und zog sich lautlos zurück.
    Marius betrat das Vorzimmer eines Büros, eine Sekretärin mit toupiertem blondem Haarschopf deutete mit einem ebenso stummen Fingerzeig auf zwei Stühle an der Wand. Folgsam setzte Marius sich auf einen. Das Büro war bis auf die alten Holzvertäfelungen, die sich offenbar durch die ganze Etage zogen, modern und funktional eingerichtet. Die Sekretärin beachtete ihn nicht weiter und tippte leise klappernd einen handschriftlich verfassten Brief ab, der neben ihrer Tastatur auf dem Schreibtisch lag. Aus der mit einem schweren Lederbezug bezogenen Tür, die zu einem Raum dahinter führte, drang kein Geräusch. Eine nahezu heimlichtuerische Stille war das Hauptmerkmal der Räume, in denen die Hochkirchen Beteiligungsgesellschaft ihren Geschäften nachging.
    Vor diesem Termin hatte Marius versucht, etwas über die Tätigkeit der Gesellschaft in Erfahrung zu bringen. Aber die Informationen waren spärlich. Offenbar handelte es sich bei der Firma um eine Private Equity Gesellschaft, ein Unternehmen, das sich an anderen Unternehmen beteiligte, meist um diese zu sanieren und zu verkaufen. Die Familie Hochkirchen allerdings hielt verschiedene Firmenbeteiligungen schon länger, teilweise seit Jahrzehnten. Marius vermutete, dass die Gesellschaft keinen anderen Zweck verfolgte, als das Familienvermögen möglichst lukrativ einzusetzen und bei Gelegenheit zusammen mit anderen Partnern, – Banken oder anderen Beteiligungsgesellschaften – größere Vorhaben zu stemmen.
    Die Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch der Sekretärin summte leise, eine gelbe Lampe leuchtete auf und eine kräftige Stimme, durch das Gerät mit einem metallischen Kratzen verzerrt, ertönte. »Schicken Sie unseren Besucher bitte herein, Frau Sedwick.« Das Brummen der Anlage verstummte, noch bevor Frau Sedwick antworten konnte. Sie stand auf, warf Marius, ohne ihn anzuschauen, ein kurzes »Kommen Sie bitte« zu und öffnete die Tür zu Alexander Hochkirchens Büro.
    Marius betrat einen überraschend großzügigen Raum von sicherlich acht Metern Tiefe, der sich deutlich von den Räumen draußen unterschied. Statt mit rotem Teppich war der Boden mit einem glänzend polierten Fischgrätenparkett bedeckt, auf dem einige schwere und vermutlich wertvolle alte Teppiche lagen. Noch wertvoller jedoch waren die Bilder an den Wänden. Dem gescheiterten Kunsthistoriker stockte der Atem, als er auf den Schreibtisch am Ende des Raums zuging und an der Wand links von ihm einen Braque, einen Mondrian und einen Picasso abschritt. Rechts an den alten Bogenfenstern zum Ring hin, gab es eine großzügige Sitzecke mit zwei schwarzen Ledersesseln und einem ebensolchen Sofa. Als sich Marius kurz danach umdrehte, entdeckte er an der Wand über dem Sofa noch einen Richter. Hinter einem überdimensionierten antiken Schreibtisch, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, saß Alexander Hochkirchen und blickte in ein paar Akten. Mit einem silbernen Füllfederhalter setzte er eine schwungvolle Unterschrift unter ein Schriftstück, dann klappte er die Dokumentenmappe zu und schob sie beiseite. »Sie haben ein Auge für Kunst, nicht wahr?«
    »Ich habe ein paar Semester Kunstgeschichte studiert.«
    »Ah!« Für einen kurzen Augenblick verklärte sich Hochkirchens Blick. »Beneidenswert.«

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