Kölner Kreuzigung
Körper zusammen. Dann fasste sie sich wieder.
»Wie meinen Sie diese Frage?« Kühl. Distanziert. Vorsichtig.
»Sie kannten die beiden vielleicht am besten, oder? Und Sie kennen das Umfeld der Toten besser als wir. Gab es da Streit, Eifersucht, Neid oder irgendetwas, was eine solche Tat auslösen könnte?« Auf die Breitseite folgte der Rückzug. Bergkamps Frage zielte nicht mehr auf die mögliche Verdächtige, sondern auf die Freundin und Geschäftspartnerin der Opfer, auf die Expertin in Fragen Christian Alberti und Julia Stolz. Jeder gab gerne Expertenwissen heraus, wenn er danach gefragt wurde. Umso mehr, wenn dieses Wissen wegführte von einer persönlichen Attacke.
»Schwer zu sagen. Neid gab es sicherlich. Christian war kein einfacher Typ, na ja, und Julia war auch ein Fall für sich.«
»Wie meinen Sie das?«
Die Agentin lachte kurz auf. »Christian war ein Egomonster. Völlig egozentrisch, aber sehr charmant, aufmerksam. Launisch und irgendwie auch frustriert.«
Paula Wagner hakte nach: »Frustriert? Er hatte doch alles. Erfolg, einen attraktiven Job, eine berühmte Freundin, Geld …« LaBaisse bedachte die Kommissarin mit einem kurzen abschätzigen Blick. Auch wenn Paula Wagner das erwartet hatte, ging ihre Laune dennoch ein Stück in den Keller. Arrogante Schnepfe, dachte sie bei sich.
»Ein durchaus talentierter Schauspieler, Absolvent der Folkwang und dann mit Mitte 30 nur in einer Soap. Das ist nicht unbedingt das, was sich ein ausgebildeter Schauspieler vorstellt. Schauspieler sind Künstler, müssen Sie wissen, und Christian hielt sich durchaus für etwas Besseres. Was er die Kollegen spüren ließ.«
»Auch Julia Stolz?« LaBaisse nickte und zündete sich die nächste Zigarette an. »Das klingt nach einer schwierigen Beziehung.«
»Das war es. Aber nicht nur deswegen. Beide hatten ihre Affären außerhalb. Allerdings hielt das Christian nicht davon ab, rasend eifersüchtig zu sein.«
»Ein ziemlicher Widerspruch, finden Sie nicht?«
»Christian Alberti war ein widersprüchlicher Mensch.«
Als Marius Sandmann das Büro betrat, hörte er Brock schon in der Küche hantieren. Ein sicheres Zeichen dafür, dass er die ganze Nacht gearbeitet hatte. Ein ungewöhnlich gut gelauntes »Morgen« schallte ihm aus der Küche entgegen, nachdem er die Bürotür geschlossen hatte. Er ging in die Küche und stellte seine Umhängetasche auf seinem Stuhl ab. Tatsächlich stand Brock mit hochgekrempelten Ärmeln am Spülbecken, schrubbte Tassen und pfiff ein Lied dabei. Ein weiteres Zeichen für eine erfolgreiche Nacht. Marius hatte keine Ahnung, woher Brock mitten in der Nacht seine Informationen bekam, aber der alte Detektiv bekam sie.
»Kaffee?« Brock trocknete eine frisch gespülte Tasse, goss Marius Kaffee ein und reichte sie ihm ohne seine Antwort abzuwarten. Marius trank einen Schluck und klappte sein Laptop auf. Während das Gerät hochfuhr und sein Chef mit dem Abtrocknen begann, schnallte Marius seine Füße an eine Klimmzugstange, die er über dem Türrahmen der Küche befestigt hatte und begann sein morgendliches Sportritual im Büro. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Arbeit in der Detektei hatte sich Brock darüber noch beschwert. Für ihn zählte der Kopf, nicht der Körper. Da Marius’ Kopf offenkundig nicht unter seinem Training litt, hatte sich der kleine und untersetzte Brock mit Marius’ Eigenwilligkeit abgefunden. Inzwischen hatte er sich sogar daran gewöhnt, dass Marius viele ihrer Gespräche führte, während sein Kopf im Türrahmen bei Sit-ups oder Klimmzügen auf- und abstieg. »Was hast du über unseren Kunstschatz herausgefunden?« Marius gab ihm leicht keuchend einen kurzen Überblick über die wenigen Fakten, die er über Lochners Kreuzigung zusammengetragen hatte. »Ich dachte immer, nur van Gogh und solche Kaliber verschwinden in geheimen Privatsammlungen.«
»Nein, das gab’s wohl schon immer und ich würde mich gerne mal näher mit der Familie Hochkirchen beschäftigen.«
»Ich weiß nicht, ob es Sinn ergibt, in alten Geschichten zu graben. Die haben das Bild schließlich vor über 500 Jahren malen lassen.«
Marius wandte den Kopf so, dass er Brock sehen konnte, der inzwischen am Küchentisch Platz genommen hatte. »Ich weiß. Aber ihre Nachfahren leben bis heute in Köln.« Brock verschluckte sich fast an seinem Kaffee.
»Es gibt noch Verwandte von diesem Kerl, diesem Kaufmann?« Marius nickte und genoss Brocks sichtlich perplexen Gesichtsausdruck. Es geschah
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